14.50

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich darf alle, die dieser Debatte lauschen, vielleicht noch bit­ten, Danke an ÖVP und FPÖ zu sagen. Man merkt es hier an dieser heiteren Stim­mung, die fast schon eine Zeltfeststimmung ist, man steht da zusammen, sitzt gar nicht mehr, man ratscht und ist mitten in der Sommerpause. (Abg. Rosenkranz: Mach ein­mal die Augen auf, bevor du den Mund aufmachst!) Vielleicht kann man diesen Damen und Herren von der ÖVP und der FPÖ einfach einmal Danke sagen. Jahrelang ist euch allen erklärt worden, und in Wahrheit verstärkt in den letzten Tagen und Wochen, dass alle, die heute gegen dieses Gesetz sind, einfach keine Ahnung haben, ein bisschen blöd sind und den Segen des neuen Gesetzes nicht nachvollziehen können.

Das haben wir alle gehört, aber das muss ich insofern widerrufen, denn schuld ist ja ei­ne ganz, ganz große sozialistische Verschwörung. Da haben sich nämlich die Bischöfe in Österreich, der schwarze Arbeiterkammerpräsident in Tirol, zig Experten und Exper­tinnen wie die Feuerwehr, das Rote Kreuz, die Oppositionsparteien, alle haben sich zu einer sozialistische Revolution gegen den Segen des 12-Stunden-Tages zusammenge­tan. Deshalb könnt ihr alle gar nichts dafür, denn ihr seid alle manipuliert worden. (Hei­terkeit und Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Gott sei Dank gibt es in diesem Haus ein paar Experten, die dann erklären können, was wirklich Sache ist. Eine Expertin ist zum Beispiel die Frau Ministerin Schramböck, die hat nämlich nicht nur bei den Cocktailempfängen in der Industriellenvereinigung das Herz und das Ohr ganz nah am Volk, nein, sie hat uns auch heute erklärt, was die wirklichen Sorgen sind. Wenn sie unterwegs ist, dann hört sie immer, dass es die größte Sorge von Leuten, die in Österreich arbeiten, ist, wenn es schönes Wetter gibt. Die sagen dann nämlich nicht, sie möchten gerne zum See, sondern sie möchten wei­terarbeiten: Bitte, bitte, bitte, darf ich länger arbeiten, der See kann warten, bei schlech­tem Wetter ist es dann gut genug! – Das war die Frau Schramböck. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Der zweite Experte ist der Herr Klubobmann Rosenkranz. Der Herr Klubobmann Ro­senkranz weiß ja, Gott sei Dank – da muss ich ja Danke sagen –, wie es in Österreich in den Betrieben zugeht. Er erklärt uns nämlich heute, wie es in Zukunft sein wird. Die Verkäuferin beim Billa wird in Zukunft entscheiden, wann der Billa aufsperrt und wann nicht, das wird man sich aussuchen können: Morgen passt es gut, heute sperren wir ein bisschen früher zu. – Das ist natürlich die Realität. Danke, Herr Klubobmann Ro­senkranz, so wird es genau funktionieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Leider gibt es dann noch ein paar unbelehrbare Zweifler, die sich weiterhin Sorgen ma­chen, die so ganz einfache, blöde Fragen stellen. Zum Beispiel: Wenn ich 12 Stunden arbeiten muss und der Kindergarten gar keine 12 Stunden offen hat, wie soll das Gan­ze funktionieren? – Eine blöde Frage.

Es gibt auch andere Fragen, über die man zum Beispiel diskutieren kann: Wenn das Ganze so ein Segen ist, ein Zuckerle für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land, warum sind dann eigentlich nur die Wirtschaftskammer und die Indus­triellenvereinigung dafür? Wenn dieses Gesetz so Weltklasse und so super ist, warum muss man das ganze Gesetz schon reparieren, obwohl es noch gar nicht beschlossen ist? – Unglaublich! (Beifall bei der SPÖ.)

Da gibt es Dinge wie die Freiwilligkeit. Die Frau Ministerin war wenigstens so fair und hat gesagt, ja, Freiwilligkeit stimmt nicht ganz, das ist leider nicht so wirklich freiwillig, und hat das deswegen auch reparieren müssen. Und das beste Argument ist ja über­haupt: Es wird alles gleich bleiben, es wird sich gar nichts ändern, es bleibt so, wie es ist in Österreich. – Deswegen müssen wir ja auch das Gesetz ändern, sehr logisch. (Beifall bei der SPÖ.)

All diesen Menschen richtet dann der Sebastian Kurz aus, wurscht, wir fahren drüber, denn sein guter alter Freund und Mentor, der Wolfgang Schüssel, hat dem Sebastian eines mitgegeben: Speed kills, fahr drüber, diskutier nicht, mach das, was deine Groß­spender vor der Wahl auch von dir erwartet haben, die haben dir genug Geld gegeben. Mach das, denn geht es den Großspendern gut, dann geht es auch dem Sebastian gut, und alle sind glücklich. – Das ist leider die neue Volkspartei. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte abschließend sagen, es gibt in diesen Reihen sowohl bei der ÖVP als auch bei der FPÖ noch genug Menschen, die wissen, dass das, was wir heute beschließen, kein Spiel ist, so wie es heute geheißen hat. Das hat Auswirkungen auf das Leben von Menschen. Diesen sind wir allen, glaube ich, im Wort und sollten wirklich dafür kämp­fen, dass das Leben dieser Menschen verbessert wird, und zwar das Leben aller Men­schen und nicht nur einiger weniger. Denn was ich nicht haben möchte – und da möch­te ich nur den AK-Präsidenten aus Tirol zitieren –, ist, ich möchte keine amerikani­schen Verhältnisse in Österreich haben, wo es Lobbyisten gibt, wo es Großspender gibt, die sich mit dem nötigen Geld Politik einfach kaufen können. Ist das bei uns schon normal, dass das so in Österreich abläuft, dass es Großspender gibt, eine Karte gibt, dass es dann blödsinnige Videos gibt? Diese amerikanischen Verhältnisse brauchen wir nicht in Österreich! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Wenn es schon die ÖVP nicht macht, dann bitte ich wenigstens die FPÖ: Steht auf und steht zu dem, was ihr vor der Wahl gesagt habt! Ihr seid bei Ceta umgefallen, die ÖVP ist beim Raucherschutz umgefallen, steht wenigstens jetzt zu eurer Meinung und lasst die Bevölkerung entscheiden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haider: Wie lange haben Kindergärten in Kärnten offen?)

14.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Einwall­ner. – Bitte.