10.09

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute über die soziale Sicherheit in unserem Land und somit reden wir auch über Demokratie, denn eine starke Demokratie braucht auch soziale Sicherheit, braucht so etwas wie eine soziale Demokratie.

Freiheit und soziale Sicherheit hängen ganz eng zusammen, und zwar nicht nur in der Frage, wie es in einem Land zugeht, wenn die soziale Sicherheit zerstört wird, sondern die soziale Sicherheit gibt erst die Möglichkeit, überhaupt Freiheit so zu leben, wie man möchte, und an der Demokratie – nicht nur an Wahlen, sondern an der Demokratie im umfassenden Sinne, nämlich durch Teilhabe an der Gesellschaft – teilzunehmen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wir erleben sehr oft im Alltag, dass ein Unterschied zwischen recht haben und recht bekommen ist. Und genau für die vielen Fälle – die kleinen Fälle, die mittleren Fälle, aber auch die großen Fälle – im Arbeitsleben, in denen MitarbeiterInnen nicht das be­kommen, was ihnen eigentlich zusteht, in denen MitarbeiterInnen nicht das bekommen, was ihnen am Anfang versprochen worden ist, in denen der Arbeitgeber vielleicht ver­gessen hat, sie anzumelden, oder gesagt hat: Machen wir die Hälfte einfach schwarz, bar auf die Hand!, aber der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin das gar nicht gewollt hat, genau für die Leute, die oft gar nicht wissen, wie sie zu ihrem Recht kommen, weil der Zugang zum Rechtssystem über einen Rechtsanwalt auch nicht einer ist, den sich je­der so leicht wahrzunehmen traut, genau dafür gibt es die Betriebsräte, die darauf schauen, dass es im Unternehmen nicht schiefläuft, dafür gibt es die Interessenvertre­tungen, die Arbeiterkammer und den Österreichischen Gewerkschaftsbund, die darauf schauen, dass die kleinen Leute auch zu ihrem Recht kommen, dass in unserer Ge­sellschaft jeder, der recht hat, auch die Chance hat, recht zu bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist aber auch: Die soziale Sicherheit in unserer Gesellschaft ist unter Druck, und Sie, Frau Ministerin, sind eine derer, die diesen Druck auf die soziale Si­cherheit erzeugen. Sie sind Teil dieser Regierung von Schwarz und Blau, die scheib­chenweise die soziale Sicherheit in unserem Land aushöhlt und zerstört. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Falsch!)

Schauen wir uns nur an: Der Jugendvertrauensrat soll abgeschafft werden. Die AMS-Mittel wurden gekürzt, damit es keine Programme mehr für Langzeitarbeitslose gibt. Die AUVA soll ausgehöhlt und finanziell ausgehungert werden. Die Krankenkassen werden nicht nur zusammengelegt, sondern es wird die Leistung gekürzt, die dahinter steckt, und die Leute bekommen für ihre Krankenkassenbeiträge in Zukunft nicht mehr die Leistung, die sie heute bekommen. Die Notstandshilfe soll abgeschafft werden. (Beifall bei der SPÖ.) Der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche wurden hinter­rücks hier durch das Haus durchgepeitscht (Abg. Gudenus: Hinterrücks?!), so arg, dass selbst der schwarze Arbeiterkammerpräsident in Tirol, Herr Zangerl, jetzt eine Be­schwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht hat. – Das ist Arbeitnehmer­vertretung, wie sie sein soll: überparteilich, aber immer für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Frage, die sich viele Menschen in unserem Land stellen, ist: Was kommt noch? Was ist mit dem Urlaub? Was ist mit den Überstunden­zuschlägen? Was ist mit der Durchrechnungszeit? (Zwischenruf des Abg. Höbart.) Welche Anschläge auf die soziale Sicherheit planen Sie noch? – Rücken Sie heraus mit der Wahrheit, damit die Menschen sich auskennen, was Sie mit diesem Land vor­haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Also wir rücken mit der Wahrheit dann heraus, wenn Sie, Herr Abgeordneter, die Wahrheit sagen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Rosenkranz! Damit das nicht passiert, was in Ihren Köpfen schon geplant ist, braucht es einen starken ÖGB, und Wolfgang Katzian ist der Präsident dieses starken ÖGB, Wolfgang Katzian ist das Sprachrohr dieses starken ÖGB. Er hat hier im Haus zehn Jahre lang für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gearbeitet – dafür herzlichen Dank, lieber Wolfgang –, er war hier im Haus immer ein Arbeitnehmervertreter. Herzlichen Dank, Wolfgang, und alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt schwierige Fragen zu klären. Die Lohnverhandlungen stehen an, die Arbeitneh­mer haben ein Recht, einen fairen Anteil vom Wirtschaftsaufschwung zu bekommen; 5 Prozent stehen im Raum. Der Kampf um die sechste Urlaubswoche, der Kampf für eine Arbeitszeitverkürzung statt einer Arbeitszeitverlängerung, so wie Sie es gemacht haben, muss ausgetragen werden, und dafür brauchen wir eine starke Gewerkschaft. (Abg. Höbart: Das kann nur ein Berufspolitiker daherträllern!)

Ich sage Ihnen eines zum Schluss, und es ist ganz, ganz wichtig, das in die Ge­schichtsbücher unserer Republik hineinzuschreiben: Starke Gewerkschaften bedeuten auch eine starke Demokratie, und dafür stehen und kämpfen wir! (Beifall bei der SPÖ.)

10.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belako­witsch. – Bitte.