11.17

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ihre - - (Unruhe im Saal.) – Darf ich anfangen, Entschuldigung?! – „Effektiver EU-Au­ßengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“ ist der Titel Ihrer Euro­pastunde, werte FPÖ. Man könnte meinen, das ist die neue Balkanroute: ein Universal­zauberspruch, der ein komplexes Problem sofort lösen kann.

Früher hat der Bundeskanzler zumindest seine Wählerschaft noch ein bisschen ernster genommen, denn 2015 hat er noch gesagt, es braucht ein gemeinsames europäisches Asylwesen. Damals stand er auch noch für eine Erhöhung der Mittel für die Entwick­lungszusammenarbeit, für mehr Hilfe vor Ort in den Krisengebieten. Damals hat der Kanzler noch daran geglaubt, der Bevölkerung sei die Wahrheit zumutbar.

Die Wahrheit ist nämlich, dass das Problem wesentlich komplexer ist, als Sie es hier darstellen, und die Lösungen dafür natürlich auch. Funktionierender Außengrenzschutz ist sicher wichtig, aber was Sie hier machen, ist, die Bevölkerung für blöd zu verkaufen. Das, was Sie der Europäischen Union verschreiben, ist Globulipolitik, nicht mehr und nicht weniger, und es ist Ihnen natürlich auch, wie es manchmal mit Homöopathie so funktioniert, vollkommen egal – nein, es ist Ihnen sogar vollkommen recht, dass das Problem dadurch weiterbesteht, denn das ist Teil der ganzen Konstruktion: Hauptsa­che, Kleingeld schlagen mit dem Verkauf Ihrer Worthülsen.

Wir NEOS verlangen von Ihnen, dass Sie, die Bundesregierung, der Bundeskanzler und auch Sie als Innenminister, evidenzbasierte, aufrichtige Politik machen.

Ich möchte Ihnen heute eine spezielle Ehre zuteilwerden lassen: Ich möchte Sie und den Bundeskanzler für Das Goldene Brett vorm Kopf nominieren. Wer das nicht kennt: Das ist ein Negativpreis, der von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersu­chung von Parawissenschaften vergeben wird. Es werden natürlich einerseits lustige Verschwörungstheoretiker nominiert, aber auch Menschen, deren falsche Verspre­chungen eine Gefahr für andere darstellen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Za­dić.) Der Preis wird anhand folgender Kriterien vergeben: Grad der Abwegigkeit, Kritik­resistenz, kommerzielles Interesse, Aktionsradius und Gefahrenpotenzial der falschen Versprechungen.

Wir nominieren Sebastian Kurz und auch den Innenminister mit folgender Begründung für Das Goldene Brett vorm Kopf. Erstens: Sie ignorieren die Notwendigkeit eines ge­meinsamen europäischen Asylsystems mit einem gemeinsamen Asylrecht, einheitli­chen Bestimmungen auch für Rückführungen, Sie haben keinen Finger gerührt für die versprochene Hilfe vor Ort. – Grad der Abwegigkeit, würde ich sagen: hoch.

Zweitens: Alle, die Europäische Kommission, die Europäische Stabilitätsinitiative, Ex­perten überall, sagen, dass auch der funktionierende Außengrenzschutz nur ein Teil von vielen Teilen einer funktionierenden Lösung sein kann. Der Außengrenzschutz ist kein Allheilmittel. – Kritikresistenz: hoch.

Drittens: Aus diesem Versuch, Ihr Publikum mit diesen immer wiederkehrenden Buzz­words zu sedieren, schlagen Sie täglich politisches Kleingeld. – Kommerzielles Interes­se: eindeutig gegeben.

Und viertens: Sie sind, der Bundeskanzler und auch Sie, Herr Innenminister, beide Re­gierungsmitglieder, deren Politik nicht nur Ihre eigene Wählerschaft, nicht nur die annä­hernd 9 Millionen Österreicherinnen und Österreicher betrifft, sondern auch die ganze Europäische Union, besonders in Zeiten des österreichischen Ratsvorsitzes – und Sie packeln mit den europäischen Rechten, Sie suchen Allianzpartner, die jeden Tag wirk­lich Fragwürdiges, wenn nicht vollkommen Verwerfliches aufs politische Tableau legen, deren erklärtes Ziel es sogar ist, die Europäische Union zu zerstören. Damit gefährdet Ihre Scheinpolitik alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und auch die BürgerInnen der Nachbarstaaten. Ich würde sagen, dass Aktionsradius und enormes Gefahrenpotenzial Ihrer falschen Versprechen somit auch gegeben sind.

Herr Bundeskanzler und Herr Innenminister, hier also Ihre Nominierung – ausnahms­weise wünsche ich Ihnen, dass Sie gewinnen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordne­ten der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

11.21

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Al­ma Zadić. – Bitte.