Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 24. Oktober 2018 / Seite 119

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Schwarz-Blau will 21 Krankenkassen auf 5 zusammenlegen und dadurch 200 Millionen Euro im Jahr „sparen“. Die Bundesregierung spricht davon, dass für „gleiche Beiträge gleiche Leistungen“ erbracht werden sollen.

Klingt schön – stimmt nur nicht:

1. Es gibt weiterhin mindestens 10 Träger und 15 Krankenfürsorgeeinrichtungen.

2. Gespart wird bei den Versicherten durch Leistungskürzungen, Selbstbehalten und Privatisierungen.

3. Es wird weiterhin unterschiedliche Leistungen geben: die großen Ungleichhei­ten z.B. zwischen Beamtenversicherung und ASVG-Versicherung werden nicht beseitigt.

4. Die schlechten Risiken bleiben ausschließlich bei der Österreichischen Ge­sundheitskasse (ÖGK), einen Risikoausgleich gibt es nicht mehr.

5. Dreiklassenmedizin wird festgeschrieben: ÖGK, Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS), BeamtInnen

6. Wo es zu einer Angleichung der Leistungen kommt, drohen schlechtere Leis­tungen, wenn es nach der WKO geht. UND:

7. Es geht nach der WKO, denn die ArbeitnehmerInnen werden in den Gremien der Sozialversicherung zugunsten der UnternehmerInnen entmachtet.

Was wurde nicht alles im Vorfeld strapaziert, um dieses Zentralisierungsvorhaben zu rechtfertigen:

·                  angeblich hohe Kosten der Selbstverwaltung, angeblich zu viele FunktionärIn­nen, die nur Geld kosten, angeblich unzählige Dienstautos – alles nicht wahr.

·                  Man werde dafür sorgen, dass alle gleiche Leistungen bei gleichen Beiträgen haben werden. Im Gegenteil, die Ungleichheit bei den Leistungen wird noch weiter verfestigt.

·                  Wir sparen nicht bei den Menschen, wir sparen im System. Alles Unfug: Man kann nicht am System sparen, ohne auch an den Menschen zu sparen, weil es damit Hand in Hand zu Verschlechterungen bei der Leistungserbringung betref­fend Verfahrensdauer und Verfahrensqualität kommen wird.

·                  Die Regierung hat gesagt, die Zentralisierung wird die Verwaltungskosten sen­ken. Das Gegenteil ist wahr: Ehrenamtliche FunktionärInnen werden durch teu­re ManagerInnen ersetzt. Der entstehende Moloch wird zu einem massiven Bü­rokratie-Aufbau führen.

·                  Die Regierung spricht von einer Verschlankung von 21 auf 5 Träger. Das ist ein Etikettenschwindel. In Wahrheit besteht die Trägerlandschaft aus fünf Sozial­versicherungsträgern plus vier Betriebskrankenkassen und die Versicherungs­anstalt des österreichischen Notariates. Die 15 Krankenfürsorgeeinrichtungen werden gar nicht angetastet.

·                  Bei der Verwaltung (-30 Prozent Beschäftigte) wird gespart, das Geld geht zu den PatientInnen: das ist eine klare Falschbehauptung, so das Kürzen über­haupt funktioniert, profitiert nur die Wirtschaft durch niedrigere Beiträge (siehe AUVA).

Dieses schlechtest vorbereitete Zentralisierungsvorhaben der Zweiten Republik bringt sorgfältig austarierte Balancen durcheinander: zwischen ArbeitgeberInnen und Arbeit­nehmerInnen, aber auch zwischen Staat und Selbstverwaltung.

Frei nach Qualtingers „Ich weiß zwar nicht wohin, aber dafür bin ich schneller dort“ be­schert die Regierung den über 8 Millionen Versicherten ein Gesetzeswerk, das so nicht halten kann und nicht halten wird. Verfassungsexperten wie Öhlinger, Pfeil, Berka und Müller haben bereits Bedenken an den Regierungsplänen angemeldet. Es besteht die Überzeugung, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten wird.

 


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