Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 24. Oktober 2018 / Seite 122

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Was die WirtschaftsvertreterInnen mit ihrer neuen Macht vorhaben, haben sie ausführ­lich dargelegt: Sie wollen

1. Selbstbehalte einführen,

2. Leistungen kürzen und

3. Gesundheitseinrichtungen privatisieren.

Die Wirtschaftskammer Österreich hat das Schweizer Beratungsunternehmen c-alm AG mit einer Studie über unser Sozialversicherungssystem beauftragt. Wenn man sich diese Studie ansieht, dann erkennt man 1:1 die Umsetzung in der Regierungsvorlage der Bundesregierung.

Selbstbehalte einführen

Die Studie spricht von einem „neuen Gesamtsystem von Selbstbeteiligungen“. Soll hei­ßen: Für alle Versicherten sollen Selbstbehalte eingeführt werden. Das würde die Arzt­besuche reduzieren. Die Gefahr, dass sich Menschen dann aus finanziellen Gründen zu spät behandeln lassen, nimmt dadurch zu. Das gesteht selbst die Wirtschaftskam­mer ein – von Selbstbehalten rücken sie trotzdem nicht ab.

Die Wirtschaftskammer fordert seit Jahren Selbstbehalte für alle Versicherten. Sie wird in Zukunft die Mehrheit im Dachverband haben, der darüber zu entscheiden hat. Zu­dem verpflichtet das Gesetz die neu geschaffene Krankenkasse, bei einem Minus Selbstbehalte einzuführen.

Leistungen kürzen

Wie die Bundesregierung, will auch die Wirtschaftskammer ein Angleichen der Leistun­gen. Doch das kann kein Angleichen nach oben sein, wie die Studie klarstellt: „Es liegt auf der Hand, dass sich, in Hinblick auf die Kosten des Gesundheitssystems, das Leis­tungsniveau eher an einem KV-Träger mit schmalem Leistungskatalog orientieren sollte.“

Wo es zu einer Angleichung der Leistungen kommt, drohen also schlechtere Leistun­gen. Das hat auch der Chef der Industriellen-Vereinigung (IV) Georg Kapsch betont: „Was nicht funktionieren wird ist, dass man die Leistungen nach oben harmonisiert.“

Generell erwarten sich die WirtschaftsvertreterInnen in den Krankenkassen vor allem eines: Weniger Beiträge, die sie leisten müssen. Das bringt den großen Konzernen mit vielen Beschäftigten viel Geld.

Gesundheitseinrichtungen privatisieren

Zunächst rät die Wirtschaftskammer, alle Einrichtungen zu privatisieren:

„Aus betriebswirtschaftlicher Sicht […] sollten keine eigenen Einrichtungen betrieben werden“, heißt es in der Studie deutlich. Die 154 Einrichtungen wie Kurheime, Reha-Zentren oder Ambulatorien stehen auf dem Spiel.

Das Drängen auf Privatisierung hat einen Grund: Der Gesundheitsbereich ist ein gro­ßer und schnell wachsender „Zukunftsmarkt“, wie Gesundheitsökonomen und Wirt­schaftskammer unermüdlich betonen. Privatversicherungen und Gesundheits-konzerne sehen riesige Renditen. Konzerne wie die VAMED drängen seit Jahren auf Privatisie­rungen.

Doch dann ändern sich auch die Leistungen für die Versicherten: Schon heute werden schwere medizinische Fälle eher in öffentlichen Einrichtungen behandelt – denn lange, aufwändige Behandlungen sind teuer. Die leichten Fälle wandern zu den privaten An­bietern, da sie lukrativer sind. Wo dann schwere Fälle versorgt werden, wenn Reha-Zentren und Kurheime dem Profitaspekt von Konzernen unterstehen, ist unklar.

 


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