18.06

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Als wir den ersten Entwurf der Novelle des UVP-Gesetzes bekommen haben und uns für den Um­weltausschuss vorbereitet haben, haben wir den als positiv eingestuft. Wir wollten auch im Umweltausschuss dieser ursprünglichen Novelle zustimmen. Es kam dann sehr überraschend ein Antrag herein, der im Wesentlichen besagt hat, dass in Zukunft eine Umweltorganisation, die zu solchen UVP-Verfahren mit Parteistellung zugelassen wer­den soll, mindestens hundert Mitglieder umfassen muss, die namentlich der Behörde bekannt gegeben werden.

Jetzt ist die große Frage: Warum ist das so? Ich gehe nachher auch darauf ein, was unsere Einschätzung auf rechtlicher Ebene ist, aber: Was bringt diese Änderung?

Gehen wir einmal ganz konkret die reale Situation durch: Wir haben 57 Umwelt­organi­sationen, die derzeit bei der UVP zugelassen sind. Ich glaube, knapp zehn davon sind allein der Naturschutzbund, weil dieser auf Bundesländerebene organisiert ist. Andere durchaus anerkannte Organisationen wie der WWF, wie Greenpeace, wie der Alpenverein sind ebenfalls solche Organisationen. Es gibt ungefähr 20, die sich einem einzigen Thema verschrieben haben, tatsächlich also für ein Verfahren zugelassen wurden. Diese Organisationen machen normalerweise keine Probleme. Die durch­schnitt­liche UVP-Verfahrensdauer beträgt sieben Monate. (Heiterkeit des Abg. Neubauer.) – Herr Kollege! Nachlesen, sinnerfassend lesen, dann funktioniert es! (Abg. Neubauer: Ich sag Ihnen das dann!)

Die durchschnittliche Verfahrensdauer sind sieben Monate. Es gibt Verfahren, die be­deutend länger dauern, die haben aber eine andere Problematik, nämlich nicht eine Umweltorganisation, die Einsprüche macht, sondern die haben zu wenig Gutachter, müssen zu lange auf den Gutachter warten, haben eine schlechte Projektbegleitung und vieles mehr; übrigens auch zu wenig Gerichte, die entscheiden können. Es gab eine ganze Reihe von sachlichen Gründen, warum dieser Abänderungsantrag nicht funktioniert. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Wenn man jetzt sagt: Na ja, das ist für die Wirtschaft, und der Umwelt schadet es nicht!, oder ähnliches Geschwurbel, dann muss ich Ihnen sagen: Nein, es ist nicht so! Die Umweltorganisationen werden massiv geschädigt. Bis zu zwei Drittel der jetzt ge­rade benannten haben weniger als hundert Mitglieder, weil sie Spendenorganisationen sind, und können künftig an solchen Verfahren nicht mehr teilnehmen. Ich wage zu be­haupten, diese zwei Drittel oder bis zu zwei Drittel haben mehrheitlich einen wesent­lichen Beitrag für die österreichische Umweltpolitik geleistet. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Strasser: Wo ist die demokratische Legitimation?)

Herr Kollege Strasser! Wenn Sie rauskommen wollen, um ein bisschen über die NGOs zu schimpfen: Der Weg ist frei für Sie. Dort (auf einen am Präsidium sitzenden Bediensteten der Parlamentsdirektion weisend) ist die Rednerliste.

Worum es mir geht, ist eine andere Sache: Ist der Wirtschaft damit geholfen? – Der Wirtschaft ist damit ebenfalls nicht geholfen, und zwar aus einem einfachen Grund: Es wird durch die neue Situation eine Rechtsunsicherheit geschaffen, denn es gibt näm­lich auf europäischer Ebene den EuGH, der dazu auch schon ein Erkenntnis gefällt hat – nämlich am Vorbild Schweden, das Sie auch schon bemüht haben –, dass eine allein mengenmäßige Beschränkung einer Umweltorganisation nicht ausreichend ist als Kriterium dafür, ob sie eine UVP-Parteistellung bekommt oder nicht.

Ganz konkret: Was passiert für die österreichische Wirtschaft, für die österreichischen Infrastrukturprojekte, für die österreichischen Energieprojekte? – Umweltorganisationen werden klagen. Es besteht das reale Risiko, dass eine UVP, die in Österreich abge­schlossen ist, zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgemacht wird. Das ist ein hohes Risiko für Investitionen, das bedeutet weniger Infrastrukturprojekte für unser Land. Das lehnen wir NEOS entschieden ab! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)

Ich möchte aber auch noch auf einen weiteren Punkt eingehen, denn eines muss schon auch gesagt werden, nämlich was ich hier herauslese – und das heute nicht nur an einer Stelle –: Ich persönlich habe den Eindruck, das Nachhaltigkeitsministerium hat bei den heute diskutierten umweltpolitischen Maßnahmen durchaus solide Vorschläge gemacht. Das Hohe Haus hat sich allerdings dazu verstiegen, Vorschläge zu machen, die ganz offensichtlich gegen die Zivilgesellschaft gerichtet sind, die ganz offensichtlich gegen die Bürgerbeteiligung gerichtet sind, die zu hoher Instabilität bei Umwelt­ver­fahren führen und die auch einen Angriff auf unser Verständnis von einer progressiven Umweltpolitik bedeuten.

Wir, und das kann ich Ihnen auch heute an dieser Stelle schon versprechen, werden eine solche Entscheidung nicht hinnehmen. Wir werden dafür kämpfen, dass es in Österreich in Zukunft eine zweite Möglichkeit geben wird. Sie mögen heute die Novelle in der abgeänderten Form beschließen. Für uns NEOS ist die einzige Möglichkeit, wie wir mit der heute beschlossenen oder bald beschlossenen UVP-Novelle leben können, dass wir den zweiten Kanal aufmachen, der auch in Schweden für die Zulassung der Umweltorganisationen besteht, nämlich jenen, dass bei einem öffentlichen Interesse – das können unterschiedlichste Gründe sein, beispielsweise eine hohe Expertise in ein­zelnen Fachbereichen, eine hohe Anzahl von Unterschriften, die gesammelt worden sind, langjährige Expertise bei Ausstellungen zu einem bestimmten Thema – das Minis­terium auch eine solche Umweltorganisation tatsächlich zulässt.

Wenn Sie das nicht machen, dann schaden Sie der österreichischen Umweltpolitik, Sie schaden den Infrastrukturprojekten, die geplant sind, Sie schaden der österreichischen Wirtschaft und Sie sind wirklich wieder weit zurück in den Achtzigerjahren, ganz, ganz weit weg von heute. – Vielen Dank, meine Damen und Herren! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Bernhard  auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Die ist ja nicht auf der Agenda! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.12

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Walter Rauch zu Wort. – Bitte.