18.38

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Ich kann es kürzer machen als gedacht (Rufe bei der ÖVP: Danke! Danke!), denn das, was Kollege Feichtinger, Kollege Bernhard und Kollege Rossmann schon gesagt haben, wird Ihnen ja hof­fentlich noch erinnerlich sein.

Drei Dinge: Erstens wissen Sie alle, dass in Österreich im langjährigen Durchschnitt nicht mehr als 3 Prozent der Bewilligungsverfahren abgelehnt wurden – nicht mehr als 3 Prozent. (Ruf bei der ÖVP: Die Dauer!) Zweitens wissen Sie auch, dass im lang­jährigen Schnitt Bewilligungsverfahren nach dem UVP sieben Monate dauern (Ruf bei der FPÖ: Blödsinn!) – obwohl es große regionale Unterschiede gibt. Drittens können Sie auch leicht ermitteln, dass im Zeitraum von Anfang 2015 bis Ende Februar 2018 nur 15 Beschwerden von NGOs, von Umweltorganisationen gegen negative Feststel­lungs­verfahren eingebracht worden sind.

In Wirklichkeit haben wir mit den NGOs gar kein Problem. Sie machen ein Problem daraus. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ.) Wenn man sich den Inhalt dieser Novelle und das Zustandekommen dieser Novelle anschaut, dann entsteht schon sehr der Ver­dacht, dass hier hauptsächlich ein wirtschaftsideologisches Fähnchen geschwungen wird – mit großer Vehemenz – und dass es nicht so sehr um die Sache geht.

Ich weiß ja nicht, wie viele von Ihnen schon in behördlichen Verfahren mit der Um­welt­verträglichkeitsprüfung zu tun hatten. Generell gilt, dass die Behörde meist überfordert ist, dass sie zu wenig Ressourcen hat, dass sie das Verfahren zu wenig stringent und zu wenig klar leitet, sich von Gutachtern hinhalten und von den Verfah­rens­beteiligten oft auch gängeln lässt. Wir haben ein großes Problem beim Res­sourcen­einsatz, wir haben aber kein Problem mit den NGOs, das ist der Punkt. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Jetzt kommen wir zu diesem Abänderungsantrag. Ich stehe gar nicht an, zu sagen, dass der Abänderungsantrag zum Abänderungsantrag zur vorgeschlagenen Novelle tatsächlich eine Verbesserung ist. Ich sehe das Problem des Art. 9 Abs. 2 DSGVO damit im Wesentlichen gelöst. Das ist erfreulich und immerhin ein Fortschritt. Es ändert aber nichts daran, dass wir alle wissen, dass nach europarechtlichen Vorgaben eine rein mengenmäßige Beschränkung bei Umweltschutzorganisationen natürlich ein voll­kom­mener – das Wort hat sich inzwischen eingebürgert – Holler ist.

Das ist zu wenig, und die Vorgabe ist deshalb zu viel. Es ist eine ganz unnötige Schi­kane und als solche wird sie auch in Zeiten, in denen es eigentlich um etwas ganz anderes ginge, wahrgenommen. Wir haben versucht, das bei der Sondersitzung des Nationalrates auch kurz zu thematisieren. Das ist nicht die Art und Weise, wie wir den Menschen in diesem Land Lust und Laune machen, sich für Umwelt zu interessieren. Wir müssten die Schwellen senken, die Bereitschaft erhöhen und sie quasi enthusias­mieren, sich an solchen Verfahren zu beteiligen und gleichzeitig durch eine Res­sourcen­verstärkung bei den Behörden dahin gehend wirken, dass die Sachen klarer und durch Verfahrenskonzentration schneller in Gang gebracht werden. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Noch ein Punkt, der schon sehr spannend ist: Sie beschränken die Umwelt­schutz­or­gani­sationen auf Vereine oder Stiftungen. Wenn sich die Umweltschutzorganisation in Form einer GmbH gründet, darf sie dann nicht mehr mittun? – Das sehe ich gar nicht ein. Generell ist zu sagen, dass die Anzahl der Meinungen, die sich äußern, kein Ga­rant für die Richtigkeit sind. Sie würden auch vier Nobelpreisträgern nicht die Mög­lichkeit geben, sich an einem derartigen Verfahren zu beteiligen, weil Sie einfach sagen: Die sind uns zu wenig.

Die ganze Umweltthematik, die Umweltgesetzgebung im Zwiespalt zwischen nationaler Gesetzgebung und europarechtlichen Vorgaben leidet seit Jahren, ja fast schon seit Jahrzehnten an mangelnder Planung, mangelnder Konsequenz und auch an man­geln­der Bereitschaft, freiwillig etwas zu tun. Im Regelfall müssen wir uns von außen etwas aufdrücken lassen, was wir schon längst hätten selber machen können. Das betrifft nicht nur diese Regierung, sondern das betrifft auch die Vorgängerregierungen.

Es kommt dann – und damit bin ich schon am Schluss – zu einer Absurdität in der österreichischen Legistik: Im Aarhus-Begleitgesetz erfinden Sie jetzt die nichtrechts­kräftige Rechtskraft. Das ist ein besonderes Zuckerl, das sicherlich in die Annalen der österreichischen Rechtsgeschichte eingehen wird. Sie bestimmen rechtskräftige Be­scheide als solche, die angefochten werden können, und da gibt es wirklich nur mehr das stöhnende Wort der Lateiner: tertium non datur. – Entweder ist es rechtskräftig oder es ist nicht rechtskräftig. Diese Schlamperei, die haben Sie sich wirklich selbst zu­zu­rechnen. (Beifall bei der Liste Pilz.)

18.43

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Ing. Robert Lugar gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte. (Ah-Rufe bei der SPÖ.)