Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung, 16. November 2018 / Seite 32

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eine neue Gleitzeitvereinbarung zur Unterschrift vorgelegt hat, wonach aus bisherigen Über­stunden normale zuschlagsfreie Stunden werden, die nur als Gleitzeit freige­nommen werden können. Überstundenzuschläge soll es nur noch nach Überschreiten von 12 Arbeitsstunden am Tag geben. Im Vertragsentwurf der Firma heißt es zum Punkt Überstunden, wie die AK mitteilte: "Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass während der Gleitzeitperiode keine Mehr- bzw. Überstunden ausbezahlt werden. Falls diese aufgrund der zulässigen Tagesarbeitszeit von 12 Stunden anfallen sollten, dann sind sie durch Zeitausgleich zu verbrauchen.“ Wobei die Firma laut AK aus­schließlich das Aufbrauchen eines Gleitzeitguthabens im Verhältnis 1:1 meint, also ohne Überstundenzuschläge. Gelten soll die Regelung ab Dezember 2018.

Ein weiterer Fall, der aufzeigt wie das Gesetz zu Lohneinbußen führt, ist der eines Hotelmitarbeiters, der für brutto 1.620 Euro plus 32 Euro Pauschale arbeiten soll – alle Ansprüche und Mehrarbeit samt 60-Stunden-Woche inklusive. Ein großes Hotel aus einer der Salzburger Wintersportmetropole hat einem Bewerber einen Dienstvertrag vorgelegt, in dem es wörtlich heißt: „Der Arbeitnehmer erklärt seine ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft, bei Vorliegen erhöhten Arbeitsbedarfs eine Tagesarbeitszeit von bis zu zwölf Stunden und eine Wochenarbeitszeit bis zu 60 Stunden leisten zu wollen.“ Zusätzlich sieht der Vertrag neben einem Grundgehalt von monatlich 1.620 Euro brutto eine All-in-Pauschale von gerade einmal 32,62 Euro im Monat vor, mit der „Ansprüche, welcher Art auch immer“, abgedeckt seien. Wörtlich werden angeführt: Zulagen, Zuschläge, Überstunden, Abgeltung Ersatz- und Nachtruhezeiten sowie „ins­be­sondere auch allfällige kollektivvertragliche Entgelterhöhungen“. Das ist Ausbeutung pur.

•          Weniger Freizeit: Kaum mehr Zeit für die Familie

Die seit 1.9.2018 geltenden Arbeitszeitregelungen sind nicht flexibel, sondern nur län­ger. Auch Wochenendarbeit ist nunmehr 4-mal im Jahr zulässig. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Wahlfreiheit, auf Freizeit, keine Selbstbestimmtheit. Es gibt keine versprochene 4-Tage-Woche, keine langen Wochenenden, keine zusätzlichen Aus­gleichsmaßnahmen. Berufstätige Eltern werden noch häufiger an ihre Belastungs­gren­zen kommen. Tatsächlich sind in den meisten Regionen Österreichs die Kinderbetreu­ungs- und Bildungseinrichtungen gar nicht auf 12-Stunden-Tage der Eltern ausge­richtet. Die aktuelle Kindertagesheimstatistik zeigt, dass gerade einmal 2 % aller Ein­rich­tungen außerhalb von Wien 12 Stunden oder länger geöffnet haben.

Im Standard wurde am 13. November ein Fall aufgedeckt, bei dem in Salzburg Blanko­verträge aufgetaucht sind, mit denen sich die Arbeiter und Arbeiterinnen freiwillig und pauschal zur Wochenendarbeit verpflichten sollen. Der Produktionsbetrieb hat seinen Sitz im Salzburger Pongau und kommt auf rund 400 Beschäftigte. Mit einem Teil der Belegschaft hat die Geschäftsführung begonnen, eine "Vereinbarung zur Wochenend- und Feiertagsarbeit" abzuschließen. Während bisher Vereinbarungen zur Wochen­endarbeit nur über den Betriebsrat und Betriebsvereinbarungen möglich waren, sind diese wie beim 12-Stunden-Tag durch Einzelvereinbarungen ersetzt worden. Die Fir­men­leitung aus dem Pongau hat ihren MitarbeiterInnen nunmehr einen Vereinba­rungs­entwurf vorgelegt, der eine Blankovollmacht für vier zusätzliche Wochenendschichten pro MitarbeiterIn beinhaltet. Damit ließen sich die Wochenendschichten auch ohne wirklichen Anlassfall kostengünstig ausdehnen. So sieht die sogenannte „Freiwilligkeit“ dieser Regierung aus, denn beruft sich ein einzelner Arbeitnehmer darauf, ist nicht klar, wie lange er den Job behält.

•          Weniger Gesundheit: Lang arbeiten macht krank und führt zu Unfällen

Ab der 10. Arbeitsstunde geschehen die meisten Arbeitsunfälle.

 


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