Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung, 16. November 2018 / Seite 64

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

möchte ich aber schon auch einmal darauf eingehen, was es mit der Realität zu tun hat, was Sie den Leuten erzählen.

Die von Ihnen groß propagierte Freiwilligkeit im Zusammenhang mit Überstunden existiert natürlich im realen Leben nicht. Jeder, der schon einmal gearbeitet hat, egal ob als Chef oder als Mitarbeiter (Abg. Rädler: Sie nicht!) – Kollege Rädler, ich meine, bei Ihrer Therme, die nur 28 Grad hat, muss man wenigstens keine Sorge haben, dass irgendjemand in zu warmes Wasser käme (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ) –, weiß, dass es die Freiwilligkeit in der realen Arbeitswelt nicht gibt. Ein Bundeskanzler, der nach der Matura nur ein Jusstudium abgebrochen hat und noch nie einem ernsthaften Job außerhalb der Politik nachgegangen ist, hat aber natürlich keine Ahnung davon, wie es in der Arbeitswelt ist, weder als Chef noch als Mitarbeiter. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Uh-Rufe bei der ÖVP.)

Wenn der Chef im Produktionsbetrieb sagt, nächste Woche müssen wir die Maschine 12 Stunden laufen lassen, damit wir die Aufträge abarbeiten können, dann gibt es keine Freiwilligkeit. (Abg. Winzig: Dann kommen Sie einmal zu uns in den Betrieb!) Das weiß jeder, der dort einmal gearbeitet hat.

Im wirklichen Leben können Sie Freiwilligkeit auf jeden Zettel schreiben – Papier ist geduldig –, doch diese Position hat der Arbeitnehmer nicht. Umgekehrt kann und darf es für Unternehmen natürlich auch keine Freiwilligkeit geben, wenn es darum geht, die Zuschläge zu diesen Überstunden zu bezahlen. Daher ist es gut und richtig, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Recht haben, zwischen dem Zeitzuschlag und dem Auszahlen in Euro zu wählen.

Noch einmal zusammengefasst: Wer einmal auch nur kurz, ein paar Wochen, reale Arbeitsweltluft geschnuppert hat, wüsste, die von ÖVP und FPÖ versprochene Freiwilligkeit kann es in dieser Form nicht geben. Sie haben aber nicht nur die Arbeiter und Angestellten am Schmäh geführt – okay, der Partei der Beamten und Bauern sind die Arbeiter und Angestellten ziemlich egal –, sondern Sie haben auch mit einem Federstrich jede Rechtssicherheit beseitigt. Die Bestimmung zu den Überstunden im § 6 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz, die Kollege Wöginger schon zitiert hat, gibt es seit den Siebzigerjahren. Diese Bestimmung findet sich auch in Kollektivverträgen der Metaller und im Handel wieder. Dazu gibt es Judikatur en masse. Das heißt aber auch: Es gibt Rechtssicherheit. Die Unternehmer wissen, wie sie dran sind, und die Arbeitnehmer wissen es.

Jetzt haben Sie etwas Neues drangestückelt: Sie haben für die 11. und die 12. Stunde eine neue Form des Ablehnungsrechts kreiert. Da ist es logisch, dass sich damit im ersten Moment gar niemand auskennen kann. Wie auch? – Es gibt keine Anhalts­punkte dafür. Rechtssicherheit wäre gewesen, wenn Sie eine einheitliche Regelung geschaffen hätten, die auf dem basiert, was die österreichische Rechtsordnung schon lange kennt.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „einheit­liches Ablehnungsrecht für Überstunden“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die unterschiedlichen Regime im Arbeitszeit­gesetz betreffend des Ablehnungsrechts für angeordnete Überstunden (§ 7 Abs. 6 AZG


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite