Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung, 16. November 2018 / Seite 65

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und § 6 Abs. 2 AZG) unter Verwendung der jahrzehntelang bewährten Rechtsbegriffe so zu vereinheitlichen, dass Rechtssicherheit für Arbeitnehmerseite und Arbeitgeber­seite besteht.“

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Zu dieser Rechtssicherheit hätten natürlich auch die Zwangskammern beitragen kön­nen, haben sie aber nicht. Die Wirtschaftskammer hat schlecht informiert, schlecht beraten, was dazu geführt hat, dass fehlerhafte Vertragsmuster kursieren, die dem Gesetz nicht entsprechen (Ruf bei der ÖVP: Ich glaub’, das war ein Steuerberater!), und die Arbeiterkammer hätte die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beraten kön­nen, das hat sie aber nicht, sondern sie hat sich zu einer Propagandamaschine der Verängstigung im Dienste der Sozialdemokraten degradiert. (Beifall bei den NEOS.)

Die Hauptschuld an der Misere tragen allerdings natürlich ÖVP und FPÖ. Sie haben dieses Gesetz hinter den Kulissen von der Industriellenvereinigung schreiben lassen, sie haben es nicht in Begutachtung gegeben, sie haben es mithilfe eines parteilich agierenden Nationalratspräsidenten am Fachausschuss vorbeigeschummelt und sie haben den Arbeitern und Angestellten das Märchen von der Freiwilligkeit erzählt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend einheitliches Ablehnungsrecht für Überstunden

eingebracht im Zuge der Debatte in der 47. Sitzung des Nationalrats über den Dring­liche Antrag

Im Zuge der beschlossenen neuen Arbeitszeitregelungen wurde unter anderem ein Ablehnungsrecht für die elfte und zwölfte Überstunde verankert. Dieses Recht auf Ablehnung wurde von der Bundesregierung gewissermaßen als „Freiwilligkeits­garan­tie“ vermarktet. War im ursprünglichen Entwurf noch die Rede von „überwiegenden persönlichen Interessen“, die der Leistung der zusätzlich angeordneten Arbeitszeit entgegenstehen müssten, so wurde dieser Passus aufgrund massiver öffentlicher Kritik folgendermaßen abgeändert:

§ 7 Abs. 6 AZG:

„Es steht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern frei, Überstunden nach § 7 und § 8 Abs. 1 und 2 ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn durch diese Über­stun­den die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stun­den überschritten wird. Sie dürfen deswegen nicht benachteiligt werden, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung. Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deswegen gekündigt, können sie die Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei Gericht anfechten. § 105 Abs. 5 des Arbeits­verfassungsgesetzes (ArbVG), BGBl. Nr. 22/1974 gilt sinngemäß. "

Damit wurde zwar legistisch eine echte Möglichkeit für Arbeitnehmer_innen geschaf­fen, die angeordnete elfte oder zwölfte Überstunde abzulehnen; es wurde aber ein neuer, noch unzureichend definierter Rechtsbegriff ins Arbeitszeitgesetz eingeführt. Durch die vielfach propagierte „Freiwilligkeitsgarantie“ hat man somit innerhalb eines


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