13.52

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Leere Regierungsbank! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in den letzten Monaten wie viele von Ihnen wirklich viele, viele beeindruckende Menschen kennengelernt, die davon über­zeugt waren, dass sie mit ihrer Stimme und mit ihrem Einsatz etwas für den Nicht­raucherschutz in Österreich bewegen können, die überzeugt waren, dass Fakten, dass Argumente etwas ändern, wenn es um Menschenleben geht, dass die Politik ihrer Verantwortung nachkommen wird. Das ist leider hier im Parlament nicht passiert. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich habe zum Beispiel im Gesundheitsausschuss Professor Zielinski kennengelernt, der viele, viele Einzelschicksale geschildert hat, die Gefahren des Rauchens geschil­dert hat, aber vor allem auch die Gefahren des Passivrauchens. Er hat von einem Wiener Gastronomenehepaar erzählt, die beide Nichtraucher waren; innerhalb eines Jahres sind der Mann und die Frau gestorben und innerhalb desselben Jahres ist zum Schluss auch der Hund gestorben – alle an Lungenkarzinomen. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Das sind Dinge, die uns berichtet worden sind.

Wir haben einen Arbeitsmediziner kennengelernt, der sich die Mühe gemacht hat, uns Abgeordneten immer wieder E-Mails zu schreiben und Informationen zuzuschicken; er hat auch alle Studien, die es dazu gibt, gesammelt und für uns aufbereitet, weil er gedacht hat, wenn es Fakten gibt, dann werden wir unsere Meinung ändern. Er hat zum Beispiel gesagt, dass in Nichtraucherbereichen von Lokalen die Schadstoff­belas­tung derartig hoch ist, dass sie durchaus auch gesundheitsgefährdend ist. Eltern, die zum Beispiel mit ihrem Kind dort sind, glauben, sie sind im Nichtraucherbereich in Sicherheit – das Gegenteil ist der Fall, dazu gibt es auch Studien.

Der Präsident der Ärztekammer, den ich schon gesehen habe und den ich begrüßen möchte, hat darauf hingewiesen, wie hoch auch die Feinstaubkonzentration ist. Das, was auf der Straße verboten wäre, wo alle Alarm schreien würden, ist in Gasthäusern bis zu zehnfach, 20-fach überschritten, in Diskotheken sogar 80-mal so hoch.

Es hat Angehörige gegeben – was mir ganz nahegegangen ist –, die Familienmit­glieder verloren haben, die uns gebeten haben: Kämpft weiter für den Nichtraucher­schutz! Und es gibt in Österreich 900 000 Menschen, die sich gedacht haben, wenn sie aufstehen, wenn sie zum Gemeindeamt gehen, dann wird ihre Meinung doch von der Politik gehört werden, dann wird man den Respekt haben, diesen Willen der Bevöl­kerung aufzugreifen. – Diesen Respekt merkt man heute (auf die leere Regierungs­bank weisend): Kurz und Strache sind nicht einmal da. Das ist der Respekt! Ihr redet groß von direkter Demokratie (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Meinl-Reisinger), und Kurz und Strache haben angesichts von 900 000 Men­schen in Österreich, die unterschrieben haben, nicht einmal den Respekt, sich dieser Diskussion zu stellen – weil die Fakten auch egal sind.

Der Einzige, der in diesem Punkt ehrlich war – das muss man offen sagen –, war H.-C. Strache; ich weiß nur nicht, ob er ehrlich war (Abg. Lasar: ... ist immer ehrlich, bitte!) oder ob er das Thema kognitiv einfach nicht ganz verstanden hat. Er hat nämlich gesagt, in Wahrheit gehe es nicht um den Nichtraucherschutz, sondern es gehe um seinen Schweinsbraten; das war für ihn das Thema. Er hat gesagt: Wo kommen wir denn da hin, wenn auf einmal das Rauchen in Lokalen verboten ist? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Dann wird irgendwann einmal auch der Schweinsbraten des Herrn Strache verboten werden!

Jetzt weiß ich persönlich nicht, wie Herr Strache den Schweinsbraten isst und ob er das nicht ganz verstanden hat; normalerweise mit Messer und Gabel und jeder isst etwas für sich, der eine isst den Schweinsbraten, der andere die Käsnudeln, was auch immer. Es ist nicht so, dass dann ein Kellner hergeht und sagt: Herr Strache, darf ich einmal kosten, Herr Vizekanzler, ob es wohl genehm ist? Also wenn er den Schweinsbraten isst, dann isst er ihn alleine, im Normalfall nicht auch der Kellner im Lokal. (Abg. Neubauer: Das ist so dämlich ...!) Mir ist es noch nie passiert, dass da vom Teller gekostet wird. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen in den Gasthäusern ist, ob Sie einen Vorkoster haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Unterschied zum Rauchen ist aber: Wenn ich mir eine Zigarette anzünde, sind auch die Leute, die nicht rauchen, betroffen, und Passivrauchen ist schwerstens krebserregend; die Zahlen sind ja auch bekannt. Herr Strache redet dann aber von der Freiheit, weil ihm nichts anderes einfällt, die Fakten sind ihm ja völlig egal. No na net ist das eine Freiheitsbeschränkung, die wir ganz bewusst in Kauf nehmen, weil es uns darum geht, dass es allen Menschen in Österreich gut geht, und weil wir vor allem Menschen schützen wollen, die sich nicht selbst schützen können. Da geht es um Kinder, da geht es um Menschen, die in der Gastronomie arbeiten.

Es gibt auch andere Beispiele. Irgendwann wird Herr Strache munter werden und sagen: Ja, um Gottes willen, da werden wir beim Autofahren am Ende einen Gurt vorschreiben, einen Gurt, weil der Menschenleben rettet; das ist doch eine Einschrän­kung! (Abg. Schimanek: Philip, ich habe gedacht, du wirst nie persönlich!) Oder: Ich darf nimmer mit 200 km/h durchs Ortsgebiet rasen, eine Einschränkung! – Ja, weil es vielleicht Kinder gibt, die aus dem Kindergarten oder aus der Volksschule rausgehen; also bei Gefährdung anderer Menschen muss man das Ganze einschränken. Das alles sind Dinge, die auch gesetzlich geregelt sind, das ist eine politische Fragestellung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Vielleicht wird sogar irgendwann einmal Landwirtschaftsministerin Köstinger munter und sagt dann – ich weiß nicht –: Wir könnten Glyphosat verbieten, dieser Dreck hat in Lebensmitteln nichts verloren!, aber das ist dann eher ein Thema der ÖVP.

Es ist eine Aufgabe der Politik, den Schutz der Bevölkerung an die erste Stelle zu stellen. Das ist unsere Aufgabe, und das können wir heute auch gemeinsam be­schließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und weil es im Zusammenhang mit der Freiheit oft heißt, die Menschen, die in der Gastronomie arbeiten, sollen sich halt einen anderen Job suchen: Das ist so weit weg von der Lebensrealität! Es gibt viele Menschen – ob man es glauben möchte oder nicht, wir alle tun uns da leicht, zu reden –, die abhängig davon sind, weil sie eine Familie ernähren möchten, weil sie eine Wohnung bezahlen müssen; und es ist nicht so leiwand und lustig, einfach zu kündigen und sich zu sagen, dass man schon einen neuen Job finden wird, gerade wenn man in einer Region lebt, in der es vielleicht eine höhere Arbeitslosigkeit gibt. Das ist so lebensfremd, was ihr diesen Menschen sagt, dass man sie vor die Wahl stellt und sagt: Entweder arbeitet ihr im Raucherlokal oder ihr geht halt stempeln oder habt keinen Job mehr! – Das ist doch bitte nicht die Lösung im Rahmen einer Gesundheitspolitik, für die wir verantwortlich wären! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Hör auf! ... Unsinn! – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Einen Punkt möchte ich noch bringen: Die ÖVP wird sich in dieser Frage ja vielleicht leichter tun; seit Sebastian Kurz tut ihr euch ja leichter, ihr könnt ja jede Meinung zumindest einmal vertreten (Zwischenruf bei der ÖVP), am nächsten Tag habt ihr wieder eine andere Meinung. Das kennen wir ja schon: Ihr wart einmal für den Nichtraucherschutz, dann seid ihr wieder dagegen – also für euch kann es ja gar kein Problem sein (Zwischenruf der Abg. Jachs), wieder einmal anders abzustimmen. Von euch erwartet ja niemand, dass ihr eine Linie oder einen geraden Weg geht, ihr könnt eh machen, was ihr wollt (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP); das hat ja Sebastian Kurz sozusagen mit der neuen Volkspartei ermöglicht.

Ich bitte euch aber wirklich: Wenn man Mut auf Plakate schreibt, dann habt den Mut und stimmt für das Richtige! Stimmt für den Schutz von Menschen! Man kann Menschen mit diesen Maßnahmen für den Nichtraucherschutz retten. Und wenn ihr zu feig seid, diese Entscheidung selbst zu treffen, dann lasst wenigstens die Bevölkerung entscheiden, lasst in Österreich eine Volksabstimmung zu, oder habt selbst wenigstens den Mut und sagt: Wir geben unseren Irrtum zu, unseren Fehler zu und wir gehen in der Gesundheitspolitik gemeinsam mit einem guten Beispiel voran und machen das, was überfällig wäre, zum Schutz der Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und JETZT. – Abg. Jarolim: Freie Fahrt für den Krebs, das ist offenbar die Devise! – Abg. Neubauer: ... die andere!)

13.58

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.