Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 12. und 13. Dezember 2018 / Seite 85

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jetzt eigentlich relativ wenig gesprochen, seitdem man weiß, dass in Finnland die Ju­gendarbeitslosigkeit bei 17 Prozent liegt, wir aber eine sinkende Jugendarbeitslosigkeit haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) So toll ist das finnische Modell also beileibe nicht, wie damals die Bildungsexpertinnen und -experten geglaubt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin selbstverständlich, von der Wissen­schaft kommend, ein Verfechter wissenschaftlicher Expertisen. Bitte glauben Sie mir aber, selbst bei seriösen wissenschaftlichen Expertisen – was man bei der Bildungs­politik manchmal nicht findet, weil da viel Ideologie mit hineinschwingt – würde ich im­mer raten, sie wie ein Parfum zu behandeln: Man soll daran riechen, aber bitte das Zeug nicht schlucken! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Natürlich ist unsere Entscheidung, die wir hier für das Pädagogikpaket treffen, eine politische Entscheidung, denn es behandelt die Polis, es behandelt den Staat, die Ge­sellschaft. Darauf kommt es an, wir wollen eine politische Entscheidung treffen – Herr Kollege Hoyos-Trauttmansdorff, eine politische, keine parteipolitische. Es ist eine Ent­scheidung für die Gesellschaft, und natürlich haben wir uns das überlegt und natürlich haben auch wir Menschen gehört, die Expertisen haben. Wir haben in den genannten Ausschuss einen Experten eingeladen, der als Einziger wirklich nicht nur ein ausgewie­sener Bildungsexperte, sondern auch ein Mann der Praxis ist, Herr Professor Rauscher von der Pädagogischen Hochschule in Baden, und der weiß, was wirklich nottut, weil er die Nöte und Sorgen der Lehrerinnen und Lehrer kennt. Seine Worte zu hören war sehr lehrreich. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Wenn Sie dann sagen, die Ziffernnoten kommen wieder, erinnert mich das an eine Aussendung von „derstandard.at“, wo gleichsam anklagend geschrieben worden ist, dass Bundesminister Faßmann die Ziffernnoten wieder einführen will. Darüber war ein Bild von einem Zeugnis, und auf dem Zeugnis ist gestanden: Sehr gut, Gut, Genügend, Befriedigend, Befriedigend, Sehr gut. – Ich frage mich: Wo war die Ziffer? – Da war keine Ziffer! Der Punkt ist natürlich der: Mit diesen Noten wird eine klare und präzise Aussage getroffen, man traut den Lehrerinnen und Lehrern zu, gutachterliche Tätigkeit zu vollziehen. Auch das sollen sie ja machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Ziffernnoten gleichsam den Lehrern nicht zuzutrauen bedeutet, ihnen Misstrauen ent­gegenzubringen: Ihr werdet ja das Kind ohnedies nicht beurteilen können, ihr könnt halt nur darüber sprechen, gleichsam in einem nebulosen Gerede. Das ist zu wenig. Die Ziffernnote ist eine gutachterliche Tätigkeit der Lehrerin und des Lehrers und ist tat­sächlich eine Beurteilung einer Leistung, nicht eines Kindes.

Eine Lehrerin oder ein Lehrer ist natürlich dazu befähigt und kann dem Kind mitteilen – weil sie oder er die Persönlichkeit jedes einzelnen Kindes ernst nimmt –: Du, das ist deine Leistung. – Sogar einem kleinen Kind kann man sagen: Das ist noch nicht so weit, du musst dich noch anstrengen. So weit haben wir dich jetzt einmal gebracht, und jetzt musst du schauen, dass du weiterkommst.

Ich darf Ihnen verraten – ich habe selbst unterrichtet –, wenn ich ein Nicht genügend gegeben habe, habe ich gesagt: Ich habe etwas falsch gemacht; ich auch, weil es mir nicht gelungen ist – in der Schule. Auf der Hochschule ist das ganz anders. Da ist die Situation ein bisschen anders. Da ist das Fach im Mittelpunkt. Aber in der Schule ist der Mensch im Mittelpunkt, die Persönlichkeit jedes Kindes. (Zwischenruf der Abg. Ham­merschmid.)

Selbstverständlich wird es in den Neuen Mittelschulen, die ja dann Mittelschulen hei­ßen werden, Leistungsniveaus geben. Das ist sinnvoll. Es ist kein irgendwie gearteter sozialer Abstieg oder Aufstieg, wenn ich sage: Ich bin in Mathematik im Standard AHS


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