Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung, 29. Jänner 2019 / Seite 83

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gemeinte Gesetze, ein Versuch, in die richtige Richtung zu gehen. Haben Sie sich aber schon einmal angesehen, ob diese Maßnahmen auch tatsächlich gegriffen haben? – Ich denke, Ihr heutiger Dringlicher Antrag zeigt, dass Sie festgestellt haben, dass diese Maßnahmen nicht die gewünschten Erfolge gebracht haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sie haben schlicht und ergreifend in Ihrer politischen Verantwortung und Aufsicht ver­sagt, Sie haben es verabsäumt, die jungen Medizinabsolventen im Land zu halten. Stattdessen nehmen über 50 Prozent der Studenten nach erfolgreich absolviertem Stu­dium keine ärztliche Tätigkeit in Österreich auf und gehen ans Ausland verloren. Sie haben vollkommen ignoriert, dass die Rahmenbedingungen und Kassenverträge für die niedergelassenen Ärzte immer schlechter und unattraktiver geworden sind. (Abg. Rendi-Wagner: ... nichts zu machen für die Zukunft! Für die Zukunft! Nicht in die Ver­gangenheit schauen!) Sie haben, ohne mit der Wimper zu zucken – Frau Kollegin Ren­di-Wagner, vielleicht hören Sie kurz zu! –, in Kauf genommen, dass die wohnortnahe Versorgung immer weiter ausgedünnt wird und die Patienten ins Spital und in die wahl­ärztlichen Ordinationen getrieben werden. Das alles haben Sie zu verantworten. (Bei­fall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Ich frage mich, wie Sie sich überhaupt selber noch in den Spiegel schauen und hier­herstellen und solche Unwahrheiten behaupten können, nämlich dass die jetzige Bun­desregierung verantwortlich für Missstände sei, die Sie in den letzten zehn, zwölf Jah­ren verursacht haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich bin selber seit 12 Jahren Apotheker und im niedergelassenen Bereich tätig. Ich ha­be viele junge Freunde, die Ärzte sind, die damals, als auch ich mit meiner Berufs­tätigkeit begonnen habe, eine selbstständige Tätigkeit als Kassenarzt angestrebt ha­ben. Keiner von ihnen hat damals eine Chance gehabt, einen Kassenvertrag zu be­kommen, weil einfach keine Neuverträge vergeben worden sind und wir damals noch die Situation hatten, dass es relativ viele Ärzte gab. Heute möchte kein einziger von diesen jungen Ärzten einen Kassenvertrag aufnehmen. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum? – Sie haben das einfach verabsäumt, den Sozialversicherungen in der Selbstverwaltung das Heft des Handelns überlassen und all diese Verschlechterungen billigend in Kauf genommen.

Es liegt nicht nur an den Honoraren der Ärzte, dass sich keiner findet, der einen Kas­senvertrag annehmen möchte. Es liegt auch an den Einschränkungen in der Therapie­freiheit. Wir hatten im Gesundheitsausschuss eine Debatte um die Anwendung von medizinischem Cannabis. In Oberösterreich besteht die Situation, dass kein einziger niedergelassener Arzt diese neuartige Therapie verordnen kann, sondern Patienten in die Schmerzambulanz nach Linz fahren müssen, damit sie diese Verordnung über­haupt bekommen.

Es besteht ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand, nicht nur über die Datenschutz-Grundverordnung und Elga, sondern auch aufgrund der Dokumentation gegenüber den Sozialversicherungen, die viele Kollegen abschreckt. Wir haben eine rechtliche Unsi­cherheit betreffend Therapie, erhöhte rechtliche Risiken für die Ärzte.

Was für mich vollkommen unbegreiflich ist, ist, dass es in der Vergangenheit im Rah­men der Kassenverträge für die niedergelassenen Ärzte Leistungsdeckelungen gab. Sie (in Richtung SPÖ) haben heute sehr blumig das Beispiel Diabetes gebracht, wie wichtig die Prävention und Betreuung von Diabetikern als Kennzahl ist. In meinem Be­zirk gibt es einen Arzt, der auf diese Thematik spezialisiert ist. Diese Leistungsdecke­lungen haben dazu geführt, dass der Arzt seine Patienten, die Diabetiker, die er be­treut, gar nicht lege artis untersuchen und die Langzeitzuckeruntersuchungen regelmä­ßig durchführen kann, weil die Krankenkasse diese Leistung deckelt. Er kann sie gar nicht allen Patienten in dem vorgeschriebenen Zeitrahmen zukommen lassen.

 


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