Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 27. Februar 2019 / Seite 68

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kussionen nicht nur zu Sicherheitsfragen, zu Sanktionen, zum Umgang miteinander auf politischer Ebene, sondern vor allem auch zu wirtschaftlichen Fragen und zu Fragen des Freihandels. Viele der Herausforderungen, die uns in der Europäischen Union in diesem Jahr betreffen, sind gar nicht nur urtypisch, ursächlich europäische, sondern sind oftmals durch unsere Nachbarn, das internationale Umfeld ausgelöst.

Ganz allgemein kann man wahrscheinlich auch sagen, dass die Europäische Union in den letzten Jahren zu sehr in der Beschäftigung mit aktuellen Krisen gefangen war – mit dem Brexit, mit der Migrationsfrage, mit der Finanzkrise zuvor. Es gab zu wenig Zeit für eine Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union, und fast schon einen Zustand der Lähmung aufgrund der Krisen und aktuellen Herausforderungen.

Insofern – mit dieser Geschichte in den letzten Jahren, mit diesen internationalen Herausforderungen – würde ich sagen, dass das Jahr 2019 und auch die folgenden Jahre keine einfachen für die Europäische Union werden. Ich sehe dennoch das Jahr 2019 als eine große Chance für uns in Europa – als große Chance, weil es ein Jahr der Veränderung werden wird. Es ist ein Jahr der Wahlen zum Europäischen Parlament. Es kommt zur Bildung einer neuen Kommission und damit verbunden natürlich auch zu einer Debatte über die zukünftige Ausrichtung der Europäischen Union.

Ich darf vielleicht zunächst zu den Europawahlen ein Plädoyer halten. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass sich möglichst viele Menschen an dieser Wahl beteiligen. Wir haben bei diesen Wahlen in Österreich traditionell eine zwar im Vergleich zu anderen EU-Staaten hohe Wahlbeteiligung, aber im Vergleich zu Nationalrats-, Landtags- oder Gemeinderatswahlen eine sehr, sehr niedrige Wahlbeteiligung. Ich hoffe daher sehr, dass es gelingt, dass europaweit bei dieser Wahl die Wahlbeteiligung wieder steigt, weil Mitbestimmung der Bevölkerung etwas ganz Wichtiges für eine Neuausrichtung der Europäischen Union ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Scherak.)

Was die Neukonstituierung der Kommission betrifft, so hoffe ich, dass es uns gelingt, diesen durchaus sehr komplexen Prozess gemeinsam zu regeln. Es wird kein schönes Bild für die Menschen in Europa machen, wenn wir uns hier in Zerstrittenheit verlieren. Es ist ein komplexer Prozess, es braucht die Zustimmung im Rat, aber auch im Parla­ment. Es gibt unterschiedliche Parteienfamilien, es wird auf eine Geschlechteraus­gewogenheit Wert gelegt werden und es wird notwendig sein, die unterschiedlichen Regionen der Europäischen Union abzubilden. Das ist also alles andere als ein ein­facher Prozess. Ich werde trotzdem alles tun, um einen Beitrag zu leisten, damit der Prozess zügig und vor allem gemeinschaftlich stattfindet, denn ich glaube, ein Bild der Zerstrittenheit in Zeiten dieser internationalen Herausforderungen wäre das absolut falsche für die Europäische Union.

Zum Dritten wird auch eine Debatte über die Neuausrichtung der Europäischen Union stattfinden – verbunden mit den Wahlen und natürlich der Neuaufstellung der Kommis­sion. Wir werden uns hier als Bundesregierung für eine subsidiäre Europäische Union starkmachen, also für ein Europa, das stärker in großen Fragen zusammenarbeitet und sich gleichzeitig in Fragen zurücknimmt, in denen Regionen oder Mitgliedstaaten sehr gut alleine entscheiden können.

Zu guter Letzt wird es das Jahr sein, in dem es notwendig ist, den Brexit zu klären. Ich möchte hier noch einmal mehr darlegen, dass ich klar für eine Verschiebung des Brexits bin, sollte es keine Einigung bis März geben. Es macht aus meiner Sicht ab­solut keinen Sinn, einen Hard Brexit, also ein No-Deal-Szenario, stattfinden zu lassen, obwohl das niemand wirklich möchte. Insofern sollten wir uns, wenn es nicht gelingt, bis März eine Einigung zu erzielen, gemeinsam mit Großbritannien darauf verstän­di-


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