18.05

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In Zeiten der Radikalisierung stellt sich natürlich auch im Zusammenhang mit diesem Thema die Frage: Wie sicher fühlen sich Juden in Österreich beziehungsweise in Europa?

Ich darf hier Oskar Deutsch, den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich, zitieren. Oskar Deutsch meint zu einer Studie der EU-Grundrechteagentur, die im Dezember 2018 veröffentlicht wurde: Sie „zeigt, dass das Wort ,besorgnis­erregend‘ nicht zutreffend ist. Es ist eine Katastrophe. In 12 Ländern, darunter auch in Österreich, wurde untersucht, wie Juden sich im Alltag fühlen, wie gefährdet sie sind. Die Zahlen sprechen für sich, aber gegen Europa.“ 

Die Fakten sind mehr oder weniger bekannt. Es gibt Mobbing von jüdischen Mit­schülern, es gibt Belästigungen, Attacken, Morde in Frankreich. Das heißt, die Frage stellt sich schon, was zu dieser Radikalisierung geführt hat.

Ich darf hier kurz Arik Brauer – bekannter Musiker, Kulturschaffender, Maler – zitieren. Arik Brauer sagt im „Kurier“-Interview: „Ein neuer Antisemitismus wurde [...] importiert. In großer Sorge sei er, dass wir „in Europa den mühsam errungenen Humanismus“ aufs Spiel setzen.

Zu uns kommen tatsächlich Menschen aus vielen Ländern. Ja, in einigen ist Anti­semitismus Staatsdoktrin, das ist bekannt. Für die SPÖ ist aber völlig klar: Wir sagen Nein zu Antisemitismus. Wir sagen Nein zu Radikalisierung. Wir sagen aber auch Nein zu Parallelgesellschaften.

Es gibt nicht nur den neuen importierten Antisemitismus, der vielen Menschen, vor allem Juden, Sorge macht. Es gibt auch den alten rechten Antisemitismus. Da ist es auch einmal angebracht, sich die FPÖ in diesem Zusammenhang näher anzuschauen. Vizekanzler Strache hat in einer Rede 2018 versprochen, gegen Antisemitismus auch in den eigenen Reihen vorzugehen. Oskar Deutsch, wieder von der Kultusgemeinde, meint: „Was Strache gesagt hat, war richtig. Die Mitglieder des Kultusrates haben erwartet, dass nach der Rede Taten folgen. Das kam auch, aber verkehrt. Es gab an die 50 antisemitische oder neonazistische Vorfälle, seit die FPÖ in der Regierung ist. Fast nie gab es Konsequenzen.“

Deutsch weiter: „FPÖ-Politiker wie Herr Landbauer, der ja Auslöser für die Rede von Herrn Strache war, gehen kurz auf Tauchstation und werden nach ein paar Monaten wieder eingesetzt.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Der Antrag von ÖVP und FPÖ zu Parallelgesellschaften und Radikalisierung ist daher unvollständig. Um diesem Trick auch etwas Gegenwind zu geben, darf ich für die SPÖ folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „konsequente Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten und des Antisemitismus“

„Die österreichische Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufgefordert

- rechtsextreme Aktivitäten effektiv, aktiv umfassend zu bekämpfen

- die rechtsextremen zum Teil globalen Netzwerke zu bekämpfen und trocken zu legen

- Die Auflösung der ,Identitären Bewegung‘ raschestmöglich zu prüfen und gegebenen­falls zu vollziehen

- Jegliche Form von Antisemitismus so konsequent wie möglich zu bekämpfen“

*****

Ich ersuche um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Troch und Genossinnen

zum Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 664/AE der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung von Parallelgesellschaften und Radikalisierung (531 d.B.)

(TOP 12 der 66. Sitzung des Nationalrates am 27. März 2019, XXVI. GP)

betreffend konsequente Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten und des Antisemitis­mus

Das grauenhafte Attentat eines Rechtsextremisten in Christchurch, Neuseeland, hat auf traurige Art bewiesen, dass der rechtsextreme global vernetzte Terror genauso gefährlich einzuschätzen ist wie der islamistische Terror. So sehr es richtig ist, gegen islamistische Radikalisierungen in Österreich vorzugehen und diesen entgegen­zu­wirken und die Bildung von Parallelgesellschaften zu verhindern, so muss zugleich auch rechtsextremen Aktivitäten mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden.

Auch das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" widmet in seiner dieswöchigen Ausgabe dem Thema Rechtsextremismus die Titelgeschichte: "Die braune Verschwö­rung. Das globale Netzwerk rechter Terroristen".

Eine neue negative Qualität stellen die Informationen über Verbindungen zwischen dem rechtsextremen Christchurch-Attentäter und den "Identitären" in Österreich dar: Diese Verbindungen sind eine Gefahr für die nationale Sicherheit.

Leider haben die Sicherheitsbehörden den rechtsextremen Netzwerken in Österreich bisher nicht die erforderliche Beachtung geschenkt. Der Geheimdienst wurde von die­ser Regierung geschwächt und die für Rechtsextremismus zuständige Mitarbeiterin in ihrer Handlungsfähigkeit dramatisch eingeschränkt.

Wenn der Verfassungsschutz die Identitären "aktuell als eine der wesentlichen Träge­rinnen des modernisierten Rechtsextremismus" einschätzt und man die jüngsten offen­kundig gewordenen Tatsachen berücksichtigt, so stellt sich die Frage, warum die Bun­desregierung die Auflösung der Identitären nicht schon längst geprüft hat.

Offenbar wurden von der ÖVP/FPÖ Bundesregierung die rechtsextreme Gefahr lange kleingeredet oder gar ignoriert.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Die österreichische Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufgefordert

- Rechtsextreme Aktivitäten effektiv, aktiv und umfassend zu bekämpfen

- Die rechtsextremen zum Teil globalen Netzwerke zu bekämpfen und trocken zu legen

- Die Auflösung der "Identitären Bewegung" raschestmöglich zu prüfen und gegebe­nen­falls zu vollziehen

- Jegliche Form von Antisemitismus so konsequent wie möglich zu bekämpfen

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr.in Gudrun Kugler. – Bitte.