21.51
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Von einem Verfassungssprecher der ÖVP würde man auch erwarten, dass er sich hierherstellt und sagt, dass die ÖVP im Wahlkampf 400 000 Euro von Stefan Pierer bekommen hat, was aus meiner Sicht sehr in Ordnung ist. Sich aber – lächerlich – hierherzustellen und zu sagen, dass die NEOS von einem Großspender abhängig seien, wenn man selbst genauso viel Geld von einem Spender annimmt, das ist an Chuzpe überhaupt nicht mehr zu überbieten. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Kommen wir zu den Fakten zurück: Österreich hat die zweithöchste Parteienförderung weltweit. Österreich hat die höchste Parteienförderung europaweit, es sind auf Landes-, Bundes- und Gemeindeebene knapp 158 Millionen Euro. In Österreich gibt es eigentlich eine Wahlkampfkostenobergrenze von 7 Millionen Euro, und diese Wahlkampfkostenobergrenze wurde im letzten Wahlkampf von der ÖVP um 6 Millionen Euro überschritten, von der FPÖ um 4 Millionen Euro überschritten und von der SPÖ um 400 000 Euro überschritten.
In Österreich ist es übrigens auch nicht notwendig – weil Kollege Gerstl von transparenten Parteifinanzen gesprochen hat –, dass man die Kosten, die Ausgaben während des Wahlkampfs entsprechend veröffentlicht; deswegen erfahren wir von solchen Wahlkampfkostenüberschreitungen immer erst ein Jahr später oder noch später. In Österreich ist es übrigens auch egal, wenn man Wahlkampfkostenobergrenzen rechtswidrig überschreitet; die Sanktionen sind so lächerlich gering, dass es der ÖVP offensichtlich vollkommen egal war, der FPÖ offensichtlich vollkommen egal war und der SPÖ offensichtlich auch vollkommen egal war.
Aus diesem Grund gibt es in Österreich Politikerinnen und Politiker, wie zum Beispiel uns NEOS, die seit Jahren darauf abzielen, dass wir dieser unerträglichen Steuergeldverschwendung endlich ein Ende machen, dass wir die Parteienfinanzierung kürzen, dass es ordentliche Sanktionen gibt, wenn die FPÖ, die ÖVP und die SPÖ die Wahlkampfkostenobergrenze überschreiten, und dass es ernsthaft transparent ist, indem 365 Tage im Jahr alle Einnahmen und Ausgaben auf der jeweiligen Homepage veröffentlicht werden.
Das ist übrigens etwas, das ich mir jetzt auch im Wahlkampf von der ÖVP erwarten würde, von der FPÖ erwarten würde und von allen Parteien, die hier im Parlament sind, erwarten würde: dass alle Wahlkampfkosten entsprechend transparent – wir machen es zweiwöchentlich – auf die Homepage gestellt werden. (Beifall bei den NEOS.)
Es gibt aber auch andere sehr hochrangige Politiker in Österreich, die im Jänner beschlossen haben, dass sie diese hohe Parteienfinanzierung jetzt auch stört, und die gesagt haben: Es muss im Interesse aller Parteien sein, in Zeiten der Sparsamkeit mit gutem Beispiel voranzugehen! Diesen hochrangigen Politiker kennen Sie von der ÖVP sehr gut, es ist der Bundeskanzler und Ihr Bundesparteiobmann Sebastian Kurz, der im Jänner vorgeschlagen hat, dass man die Valorisierung der Parteienförderung wiederum aussetzt. Jetzt, zwei Monate später, beschließen Sie, ÖVP und FPÖ, die Erhöhung der Parteienförderung. Man muss ehrlicherweise zugeben, die FPÖ hatte, glaube ich, nie ein Interesse, die Valorisierung der Parteienförderung auszusetzen; das ist eine Idee des Bundeskanzler Kurzes. (Abg. Wöginger: Kurzes!) – Bundeskanzler Kurz, danke, Herr Kollege Wöginger!
Wissen Sie was? – Sie bekommen schlichtweg den Hals nicht voll! (Beifall bei den NEOS.) Sie schanzen sich immer mehr Steuergeld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu und machen das in einer Unverfrorenheit, die unglaublich ist. Am selben Tag, als Sie im Verfassungsausschuss dieser Erhöhung der Parteienförderung zugestimmt haben, haben Sie einen Antrag auf Valorisierung und Anhebung des Pflegegeldes abgelehnt. Das ist nichts anderes als schändlich. Das ist eine Zumutung für die Menschen in Österreich, das ist eine Unverfrorenheit! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)
Was dann noch kommt, und das ist überhaupt die größte Frechheit, ist, dass Sie sich hinstellen und den Österreicherinnen und Österreichern sagen, Sie sparen Geld ein, Sie geben weniger Geld aus – weil Sie aufgrund der neuen Regelung einen einmaligen Einsparungseffekt haben. Wenn man 2 Prozent Inflation hat, eine entsprechende Anpassung hat, hat man einen einmaligen Einsparungseffekt – und in vier Jahren ist dieser Einsparungseffekt weg, und in Zukunft wird insgesamt mehr Geld für Parteienförderung ausgegeben als mit der momentanen Regelung. (Beifall bei den NEOS.)
Der Bundeskanzler stellt sich dann noch hin und hat die Chuzpe, vor Journalisten zu sagen, dass Journalisten, die ganz wahrheitsgemäß berichten, angeblich – ich zitiere wörtlich – die ultimative „Form der Falschinformation“ verbreiten. Das ist eine Zumutung und eines Bundeskanzlers eigentlich nicht würdig.
Ich sage Ihnen etwas: Sie haben noch eine Chance, dass Sie das vom Bundeskanzler angekündigte Ende der Valorisierung, die Aussetzung der Valorisierung endlich einmal umsetzen. Ich bringe daher zum wiederholten Mal einen Abänderungsantrag ein:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem Bericht des Verfassungsausschusses (548 d.B.) über den Antrag der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen [...] (619/A), angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:
I. 1. Art. 1 Z. 1 lautet: „§ 14 Abs. 1 (Verfassungsbestimmung) und Abs. 2 entfallen.“
II. Art. 2 Z. 1 lautet: „§ 5 Abs. 1 entfällt.“
*****
Damit könnten Sie dem Versprechen Ihres Bundeskanzlers, dass wir weniger Geld ausgeben, dass Sie im System sparen und dass die Valorisierung der Parteienförderung endlich ausfällt, noch gerecht werden. Machen Sie das und ziehen Sie den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nicht andauernd noch mehr Geld aus den Taschen! Sie stellen sich dann auch noch hin und haben die Unverfrorenheit, ihnen die Unwahrheit zu sagen – das ist eine Frechheit! (Beifall bei den NEOS.)
21.56
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Verfassungsausschusses (548 d.B.) über den Antrag der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 sowie das Parteien-Förderungsgesetz 2012 geändert werden (619/A)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem Bericht des Verfassungsausschusses (548 d.B.) über den Antrag der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 sowie das Parteien-Förderungsgesetz 2012 geändert werden (619/A), angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:
I. 1. Art. 1 Z. 1 lautet:
„§ 14 Abs. 1 (Verfassungsbestimmung) und Abs. 2 entfallen."
II. Art. 2 Z. 1 lautet:
„§ 5 Abs. 1 entfällt."
Begründung
Ad I.
Österreich leistet sich die höchste Parteienförderung in Europa. Gemäß § 14 Abs. 1 PartG werden die Korridore, innerhalb welcher Bund, Länder und Gemeinden den politischen Parteien für ihre Tätigkeiten jährliche Fördermittel zukommen lassen können, laufend anhand der Steigungen des Verbraucherpreisindexes erhöht. Der ÖVP/FPÖ-Antrag sieht vor, dass neben der Parteienförderung auch die Wahlkampfkostenobergrenze und die Beträge der zu meldenden Parteispenden und Spendenverbote dieses Jahr um die Inflationsrate erhöht und künftig jährlich valorisiert werden. Durch den vorliegenden Änderungsantrag soll die Valorisierung der Beträge für 2019 gestrichen und die automatische Erhöhung gänzlich abgeschafft werden.
Ad II.
Weiters sieht der ÖVP/FPÖ-Antrag vor, dass auch die ohnehin bereits sehr großzügige Parteienförderung des Bundes um die Inflationsrate des vergangenen Jahres erhöht und künftig jährlich valorisiert wird. Zwar ergibt sich durch die Änderung des Valorisierungs-Basiswerts ein einmaliger Einsparungseffekt, jedoch führt die Umstellung auf eine jährliche Valorisierung (im Vergleich zur bisherigen Valorisierung erst bei Überschreitung der 5%-Schwelle) bei einer Inflationsrate von 2% bereits ab dem Jahr 2023 zu einer Egalisierung der vorläufigen Einsparung und ab dann zu Mehrausgaben. Auch die Valorisierungsregel für die Parteienförderung des Bundes soll daher mit dem vorliegenden Änderungsantrag ersatzlos abgeschafft werden.
*****
Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der von Herrn Abgeordnetem Scherak eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stefan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.