22.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich bin ja durchaus einer Meinung mit meinem Vorredner: Wir werden uns ziemlich geschwind auf ein Prinzip einigen, das heißt, ein möglichst transparentes und gut kontrolliertes System öffentlicher Parteienfinanzie­rung. Darum geht es aber heute nicht. (Abg. Hafenecker: Herr Pilz, für Sie ist es wurscht, Sie kommen eh nicht mehr rein! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Zerbrechen Sie sich nicht Ihren Kopf!) Es geht heute erstens darum, dass in Österreich knapp eine Mil­lion Menschen an der Armutsgrenze oder unter der Armutsgrenze leben, und da wird nichts valorisiert – kein Pflegegeld, keine Beihilfen bis hin zu Studienbeihilfen, Wohn­beihilfen, nichts!

Nach Meinung von ÖVP und Freiheitlicher Partei sind offensichtlich die einzigen Be­dürftigen die Parteien oder zumindest diese beiden Parteien. Ich kann das bis zu ei­nem gewissen Grad nachvollziehen. Wer glaubt, nur über dermaßen teure Wahlkämp­fe Wahlen gewinnen zu können, der braucht ständig mehr Geld. (Abg. Hafenecker: Wenn man als Parteizentrale die Sozialwohnung hat, ist es wurscht! Zwischenruf des Abg. Zarits.) Wer glaubt, sich nicht an bestehende Gesetze wie etwa die gesetzlichen Bestimmungen über die Beschränkung der Wahlkampfkosten halten zu müssen, der kann natürlich sagen: Na noch mehr Geld und noch mehr Geld und noch mehr Geld!

Ich sage einmal dazu – und vielleicht könnten sich zumindest ein paar Parteien in dem Haus darüber verständigen –: Natürlich sollten wir darüber hinaus auch erfahren, wo­her speziell ÖVP und FPÖ das Geld für Wahlkämpfe kriegen – von denen ich persön­lich nicht glaube, dass sie 10 oder 13 Millionen Euro gekostet haben, sondern die eher nach 20 Millionen plus ausschauen. (Abg. Neubauer: Was Sie glauben, will aber kein Mensch ...!) Das würde mich interessieren, wo das Geld herkommt. Das können nicht nur die 400 000 Euro von einem großen Bauunternehmer sein, das muss mehr Geld sein.

Erzählen Sie doch einmal die Geschichte des vorbestraften Investors Benko, der – zu­mindest politisch – in tiefer Liebe zum ÖVP-Obmann und Bundeskanzler entbrannt ist! Und Sie erzählen mir, der hat Ihnen nichts gespendet (Zwischenruf des Abg. Lausch) und der Herr Tojner hat Ihnen nichts gespendet?! Die haben Ihnen alle nichts gespen­det?! Die Freiheitlichen haben nichts von irgendwelchen russischen oder ähnlichen Freunden bekommen?! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und die Freiheitlichen haben nicht einen Geldkoffer nach dem anderen aus Kärnten bekommen, die zum Teil beim jetzi­gen Innenminister abgeliefert worden sind?! – Das waren ja so viele Geldkoffer, Sie könn­ten ja längst eine freiheitliche Kofferzentrale aufmachen! So schaut die freiheitliche Par­teienfinanzierung aus, das ist doch überall bekannt. (Abg. Gudenus: Sie sind ein Voll­koffer, Herr Pilz, das ist alles!) Das sollte man besser kontrollieren.

Es geht aber darum, dass wir auch Gesetze verbessern und wieder etwas Augenmaß ins System einführen, deshalb bringen wir einen Abänderungsantrag ein; ich fasse ihn nur kurz zusammen, weil er so lang ist, dass eine wörtliche Verlesung nicht gebo­ten ist.

Der Abänderungsantrag von Pilz, Noll, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen beinhaltet im Wesentlichen die sofortige Halbierung der Parteienfinanzierung. Das ist ja genug, das ist ja vollkommen genug! Das zeigen wir, das zeigen auch andere Parteien. Es geht doch!

*****

Der zweite Punkt, den ich für mindestens genauso wichtig halte, betrifft auch die NEOS – Sie sollten sich dieser Debatte in aller Ruhe stellen –: Ich halte es für ganz schlecht, wenn Unternehmen, die öffentliche Aufträge annehmen, Parteien finanzieren dürfen. Das ist unvereinbar! Das geht nicht! Das ist nicht nur ein Fall NEOS, das gilt ja auch für andere Fraktionen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Ich halte es prinzipiell nicht für gut, wenn Unternehmen Parteien finanzieren können – und das sind die Haupt­bereiche der Rüstungsindustrie und der Bauindustrie. Ich persönlich glaube nicht, dass die NEOS deswegen jetzt Baulose für Herrn Haselsteiner beschaffen – der hat voll­kommen andere Möglichkeiten, und das wird auch in diesem konkreten Fall nicht so passieren –, aber trotzdem ist das grundsätzlich nicht gut und sind das Unvereinbar­keiten.

Wenn ein Unternehmen im Auftragnehmerkataster im Bereich der öffentlichen Auf­tragsvergabe steht, dann sollte da ein klares Verbot gelten. Wer öffentliche Aufträge nimmt, darf Parteien nicht finanzieren. Das ist ein einfaches Prinzip. (Beifall bei JETZT.) Da würde ich mir auch von einer im Grunde sehr transparenten Partei wie NEOS zu­mindest Diskussionsbereitschaft, wenn nicht doch Unterstützung erwarten. (Zwischen­ruf des Abg. Schellhorn.)

Und ich gebe Ihnen einen guten Tipp: Wir zeigen ja ständig – und wir sind in Europa nicht die Einzigen –, wie man viel, viel billigere Wahlkämpfe führen kann. Es geht, wenn Sie daran glauben, dass Sie die Menschen durch Argumente überzeugen. Natürlich ist das bei der Medienentwicklung, Medienkontrolle und zunehmenden Machtübernahme im Medienbereich durch der ÖVP nahestehende Gruppen immer schwieriger, aber man darf in einer Demokratie den Glauben daran, dass es möglich ist, Menschen auch ohne Millionen von Großspendern von anderen Positionen zu überzeugen, mit ihnen zu reden und damit vielleicht auch Mehrheiten zu gewinnen, nicht aufgeben. Darum geht es!

Wir müssen von dieser Koffermentalität weg und rein in wirkliche Transparenz. Wir müssen Armut bekämpfen, und Armut ist nicht die Armut von Parteien, die schon weit mehr nehmen, als das irgendwo in Europa üblich ist, sondern es geht um die Armut der Menschen, auf die die Regierungsparteien vergessen haben. (Beifall bei JETZT.)

Es lohnt sich, darum zu kämpfen, und es lohnt sich, das Vertrauen in die Politik wie­derherzustellen – durch einen allerersten Schritt, und das ist die Halbierung der Partei­enfinanzierung. Ja, ich bin davon überzeugt, es geht. (Beifall bei JETZT. Abg. Jaro­lim: Wie steht der Kollege Nehammer zu dem Vorschlag?)

22.08

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Pilz, Alfred Noll, Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

zum Gesetzesantrag laut Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 619/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kolle­gen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 sowie das Partei­en-Förderungsgesetz 2012 geändert werden (548 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird in Artikel 1 wie folgt geändert:

a)         Folgende Ziffer 1 wird eingefügt:

1.         § 3 (Verfassungsbestimmung) lautet:

„§ 3. (Verfassungsbestimmung) Bund, Länder und Gemeinden können politischen Par­teien für ihre Tätigkeit bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung in Bund, Ländern und Gemeinden jährlich Fördermittel zuwenden. Dazu dürfen den politischen Parteien, die in einem allgemeinen Vertretungskörper vertreten sind, insgesamt je Wahl­berechtigem zum jeweiligen allgemeinen Vertretungskörper mindestens 1,55 Euro, höchs­tens jedoch 5,50 Euro gewährt werden. Die Länder können ihre Förderungen innerhalb der doppelten Rahmenbeträge regeln, um auch die Mitwirkung an der politischen Wil­lensbildung auf Bezirks- und Gemeindeebene sicherzustellen. Für die Ermittlung der Anzahl der Wahlberechtigten ist jeweils auf die bei der letzten Wahl zum allgemeinen Vertretungskörper Wahlberechtigten abzustellen. Eine darüberhinausgehende Zuwen­dung an politische Parteien und wahlwerbende Parteien zur Bestreitung von Wahlwer­bungskosten bei Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern ist unzulässig. Fördermit­tel des Bundes für politische Parteien sind durch ein besonderes Bundesgesetz zu re­geln.“

b)         Die bisherige Ziffer 1 wird zu Ziffer 2.

c)         Die bisherige Ziffer 2 wird zu Ziffer 3.

d)         Die bisherige Ziffer 3 wird zu Ziffer 4 und lautet:

4. Dem § 16 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) § 3 sowie § 14 Abs. 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes xxx/2019 treten mit 1. Jänner 2019 in Kraft.“

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird in Artikel 2 wie folgt geändert:

a)         folgende Ziffer 1 wird eingefügt:

1.         § 1 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Fördermittel des Bundes errechnen sich, indem die Zahl der Wahlberechtigen zum Nationalrat mit dem Betrag von 2,30 Euro multipliziert wird. Diese sind an die ein­zelnen politischen Parteien in folgender Weise zu vergeben:

1. Jede im Nationalrat vertretene politische Partei, die über mindestens fünf Abge­ordnete (Klubstärke im Sinne des § 7 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 410/1975) verfügt, erhält jährlich einen Grundbetrag in der Höhe von 218 000 Euro (Anm. 2);

2. Die nach Abzug der Förderungen gemäß Z 1 verbleibenden Mittel werden auf die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien im Verhältnis der für sie bei der letzten Na­tionalratswahl abgegebenen Stimmen verteilt.“

b)         Folgende Ziffer 2 wird eingefügt:

2.         § 1 Abs. 3 lautet:

„(3) Politische Parteien, die im Nationalrat nicht vertreten sind, die aber bei einer Wahl zum Nationalrat mehr als 1 vH der gültigen Stimmen erhalten haben, haben für das Wahljahr einen Anspruch auf Fördermittel für ihre Tätigkeit. Diese politischen Parteien erhalten je für sie bei der Nationalratswahl abgegebener Stimme einen Betrag von 1,25 Euro; diese Fördermittel sind innerhalb von 6 Monaten nach der Nationalratswahl auszubezahlen.“

c)         Die bisherige Ziffer 1 wird zu Ziffer 3, die bisherige Ziffer 2 wird zu Ziffer 4.

d)         Die bisherige Ziffer 3 wird zu Ziffer 5 und lautet:

5. Dem § 7 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) § 1 Abs. 2 und 3 sowie § 5 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes xxx/2019 treten mit 1. Jänner 2019 in Kraft. Gleichzeitig tritt § 5 Abs. 2 außer Kraft.“

Erläuterungen zum Abänderungsantrag

Die jährliche Valorisierung und damit Wertsicherung der Parteienförderung hat nur dann Berechtigung, wenn der Wert, auf den sie angewandt wird, eine angemessene Höhe besitzt. Mit diesem Antrag wird sowohl der aktuell zur Anwendung gelangende Wert (siehe Artikel 2, Änderungen a und b), als auch dessen verfassungsrechtlicher Spiel­raum (siehe Artikel 1, Änderung a) halbiert. Nur dann lässt sich die im zugrundeliegen­den Bericht (548 d.B.) bzw. Initiativantrag (619/A) umgesetzte Valorisierung der Partei­enförderung rechtfertigen. Auf die im europäischen Vergleich weit überhöhte österrei­chische Parteienförderung wurde im Zuge der parlamentarischen Debatten immer wie­der hingewiesen.1

Die Grundidee einer automatischen Valorisierung an sich wird im Zuge dieses Antrags bewusst nicht beanstandet. Im Gegenteil, in vielen anderen Bereichen wäre eine Valo­risierung von Transferleistungen an private Haushalte, wie etwa das Pflegegeld, die Familien- oder Studienbeihilfe, dringend geboten. Es handelt sich dabei um Leistungen an Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder starken Belastungen. Warum in die­sen Bereichen ein realer Kaufkraftverlust toleriert wird, ist nicht verständlich. Um deren Entlastung zu finanzieren und der ausgegebenen Parole „Sparen im System“ gerecht zu werden, fordert dieser Antrag deshalb vorerst nur eines, aber dies vehement: die Halbierung der Parteienförderung.

1 U.a. in einer Rede von Alfred Noll, https://www.parlament.gv.at/PAKTNHG/XXVI/NRSITZ/NRSITZ_00004/SEITE_0035.html.

*****

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der Abänderungsantrag wurde in den wesentli­chen Zügen erläutert, ist verteilt worden und steht mit in Verhandlung.

Ich habe nur noch eine Frage: Was ist mit dem Entschließungsantrag, Herr Abgeord­neter? (Abg. Pilz: Ich habe ihn nicht verlesen!) Melden Sie sich nachher noch einmal zu Wort, oder? (Abg. Wöginger: Die Zeit ist aus! Weitere Rufe bei der ÖVP: Rede­zeit! Er hat keine Redezeit mehr!)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nehammer. – Bitte.