15.46

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Die SPÖ wirft dem Bundeskanzler vor, im Kampf gegen Rechtsextremismus und Abscheu­lichkeiten, die in den letzten Tagen passiert sind, zu wenig aktiv zu sein. (Abg. Lind­ner: Richtig!)

Wahr ist vielmehr: Der Bundeskanzler hat immer, wenn es notwendig war, ganz klar festgestellt, wo in einer Demokratie eine rote Linie ist, wo in einer Republik eine rote Linie ist, wo es gerade auch im Umgang mit Identitären kein Wischiwaschi geben darf.

Er hat festgestellt, dass Rechtsradikale mindestens so gefährlich sind wie extremisti­sche Islamisten, er hat auch ganz klargemacht, dass diese Trennlinie auch in der Koa­lition, in der Zusammenarbeit ganz klar sichtbar sein und gezeigt werden muss, und er hat das auch von unserem Koalitionspartner eingefordert.

Genau das Gleiche war es, als dieses abscheuliche Rattengedicht publik geworden ist, und jeder hier im Haus, jeder, der hier sitzt, findet es entsetzlich und abscheulich. Auch da hat er unmittelbar, klar und schnell eine Reaktion gefordert.

Jetzt kommt etwas, was Sie vonseiten der SPÖ in Ihren Darstellungen unterschlagen: Diese Reaktionen von unserem Koalitionspartner, vom Vizekanzler kamen: klar, ein­deutig; und auch das Bekenntnis dazu, wachsam zu sein, dass diese Dinge sich nicht wiederholen dürfen.

Das ist das, was man aus dem Befund der letzten Tage feststellen kann. Der Bun­deskanzler hat in seiner Rolle als Verantwortungsträger für diese Bundesregierung, für die Republik einen Koalitionspartner, einen Vizekanzler an der Seite, der bezüglich ge­nau dieser Themenfelder, die Sie aufzeigen und als gefährlich identifizieren, dies eben­falls weiß und etwas tut; und auch in der Fraktion der Freiheitlichen erfolgt die klare Verurteilung dessen, was da passiert ist, sei es das Rattengedicht, sei es der Umgang mit Identitären. Ganz klar! Unmissverständlich! (Abg. Schellhorn: ... grad was ande­res! – Abg. Lindner: Glauben Sie das wirklich?)

Was aber für mich interessant ist: Die Anfrage und auch der Misstrauensantrag kom­men ja von der SPÖ, und die Frau Klubobfrau und der Klubobfraustellvertreter sagen ja, es gehe ihnen um das Thema Glaubwürdigkeit (Ruf bei der SPÖ: So ist es!), es gehe ihnen darum, dass sie es völlig absurd finden, dass wir als neue Volkspartei mit den Freiheitlichen in einer Koalition sind. Das ist schon ein wenig seltsam, Frau Bun­desparteiobfrau Rendi-Wagner, wenn Sie das so feststellen.

Da sind Sie aber wahrscheinlich nicht so alleine. (Abg. Leichtfried: Vorsitzende heißt das!) – Das stimmt, ihr habt auch früher noch einen Zentralsekretär gehabt. – Der Klubobfraustellvertreter hat mich gerade darauf hingewiesen, dass es Vorsitzende heißt bei der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, die 1991 noch Sozialistische Partei Österreichs geheißen hat.

Kommen wir aber zu den Fakten aus dem Nationalratsklub! (Abg. Vogl: Ein Historiker, oder? – Ruf bei der SPÖ: Sind Sie jetzt schwarz oder türkis? – Heiterkeit der Abg. Friedl.) – Frau Abgeordnete Friedl amüsiert sich gerade, das freut mich auch sehr. Mich würde interessieren, wie Sie damit umgehen, dass Ihr Landeshauptmann im Bur­genland in einer Koalition mit der Freiheitlichen Partei ist. (Abg. Leichtfried: Tun Sie nicht ablenken! – Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) – Ich weiß, dass Ihnen das jetzt unangenehm ist. – Herr Klubobfraustellvertreter Leichtfried hat gemeint, ich solle jetzt nicht ablenken, aber ich finde, das ist eine sehr interessante Frage, wenn man gerade so wie Sie hier draußen gestanden ist, sowohl Sie als auch Ihre Vor­sitzende, und ganz moralisch agiert. Ich höre keine Antwort, wie es Ihnen damit geht (Abg. Rendi-Wagner: Sie sind ja am Wort! – Zwischenrufe der Abgeordneten Knes und Leichtfried), dass Ihr Landeshauptmann in einer Koalition mit den Freiheitlichen ist. Empört Sie das als freie Mandatarin des SPÖ-Klubs nicht? Ziehen Sie daraus Kon­sequenzen? (Zwischenruf der Abg. Kuntzl.) Was ist dann das?

Auch in Oberösterreich, die oberösterreichischen Kollegen (Abg. Wittmann: Wie lange ist der Dollfuß bei euch im Klub gehangen?): Wie geht es Ihnen in der Zusammenarbeit in Linz mit der Freiheitlichen Partei? (Abg. Scherak: Nur weil die das ...!) Da ist das alles für den SPÖ-Klub offensichtlich in Ordnung. (Abg. Rendi-Wagner: Nette Ablen­kung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da gibt es keine Agitation. Und wenn ich mir jetzt etwas wünschen könnte, um Beweis zu führen, dass Doppelmoral mir gerade aufseiten der SPÖ gegenübersitzt (Abg. Wittmann: Wie lange ist der Dollfuß bei Ihnen gehangen?), dann ist das Kollege Wittmann: Er führt gerade Kanzlerdiktator Dollfuß an.

Es ist die SPÖ, die Geschichte verharmlost (Widerspruch bei der SPÖ), indem es ihr nicht zu dumm ist, keine Konsequenzen von einem hochrangigen SPÖ-Funktionär zu fordern, der unseren Klubobmann, einen demokratisch gewählten Mandatar mit mehr Vorzugsstimmen als viele aufseiten der SPÖ, die hier sitzen, von den Wählerinnen und Wählern bestätigt, mit Dollfuß vergleicht. (Abg. Rendi-Wagner: Niemand hat vergli­chen!)

Es geht aber noch weiter: nicht nur mit Dollfuß an sich, wegen seiner politischen Tä­tigkeiten, nein, sondern die Gleichen, die hier in der SPÖ gerade in der ersten Reihe sitzen, die von Gerechtigkeit, Fairness, Antidiskriminierung sprechen, sagen: Na, der Wöginger ist nicht nur politisch wie Dollfuß, sondern auch von seiner Körpergröße her. (Abg. Drozda: Geh bitte! – Abg. Rendi-Wagner: Das haben Sie gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ja unglaublich, richtig! – Geh bitte? Kollege Drozda sagt gerade: Geh bitte! – Das ist tatsächlich unglaublich! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.)

Das ist in zweierlei Hinsicht ein Skandal (Abg. Kuntzl: Das haben Sie jetzt gesagt!): weil es eine Verharmlosung ist und weil es keine Konsequenzen gibt. Und bei all den Skandalen, die passiert sind - - (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Rendi-Wagner – auf Abg. Nehammer deutend –: Das hat ja er gesagt!) – Nein, leider nicht, Frau Vor­sitzende, das hat Ihr Kollege Ackerl gesagt. Frau Vorsitzende, ich spreche mit Ihnen! Es hat Kollege Ackerl gesagt. (Abg. Lindner: Sitzt er da? Sitzt er da?) Es tut mir leid, dass ich Sie ansprechen muss, aber Sie fordern auch sonst Konsequenzen vonseiten der FPÖ.

Wissen Sie, was der Unterschied zwischen der SPÖ und der FPÖ ist? (Abg. Rendi-Wagner: Sie verteidigen die FPÖ!) – Bei jeder Entgleisung gibt es Konsequenzen von­seiten der FPÖ (Abg. Rendi-Wagner: Bei jeder? Bei jeder? – Ruf bei der SPÖ: Glau­ben Sie das ernsthaft?!) gegenüber ihren Mitgliedern und Leuten (Abg. Rendi-Wag­ner: Wo denn? Wo? – weitere Wo-Rufe bei der SPÖ), aber bei der SPÖ fehlt jede Konsequenz, wann immer es eine Entgleisung gibt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Wöginger: Tu nur! Tu nur!)

Bleiben wir einfach bei den Fakten! Wissen Sie, was (ein Blatt Papier in die Höhe hal­tend) das ist? – Das sind zusammengetragene Entgleisungen der SPÖ. Meine Rede­zeit wäre jetzt zu kurz, um alle vorzulesen, aber es hat nie eine personelle Konsequenz gegeben, es hat nie eine Aufforderung von der Parteiobfrau oder vom Klubobfraustell­vertreter gegeben, zu handeln und da zu agieren.

Ich erinnere an das „Nobelhure“-Posting, ich erinnere daran, dass ein jetzt amtierender Landesobmann aus Tirol sexistische Bemerkungen machen darf und es keinerlei Konse­quenzen hat. (Abg. Wöginger: Der wird gewählt auch noch! – Abg. Gudenus: ... Narren­freiheit! – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.) Das wird vonseiten der SPÖ – jetzt gerade auch wieder mit den Reaktionen, auch von Bundesgeschäftsführer Drozda, viel­leicht fängt es die Kamera ein – relativiert, man sagt: Na, ist eh nichts passiert! – Das ist ja unglaublich! (Abg. Leichtfried: Herr Nehammer, fällt Ihnen zu Rechtsextremis­mus auch was ein? – Zwischenrufe der Abgeordneten Drozda und Rendi-Wagner.)

Und weil Kollege Wittmann auch immer so bedacht auf die Verfassung und die Würde des Hauses und die Demokratie ist: Herr Kollege Wittmann, Sie hätten ganz viel zu tun im Bezirk Wiener Neustadt. (Abg. Drozda: Hast du irgendwas zu Rechtsextremismus zu sagen? – Abg. Rendi-Wagner: Das Thema ist Rechtsextremismus! – Abg. Drozda: Kannst du was dazu sagen?) Wissen Sie, dass im Bezirk Wiener Neustadt die Sozia­listische Jugend des Geburtstags Lenins gedenkt? (Ah-Ruf bei der ÖVP.) Linksextre­mismus ist genauso zu verurteilen wie Rechtsextremismus, und es wird den Millionen Opfern des Kommunismus nicht gerecht, wenn da vonseiten der SPÖ weggeschaut und vom Kollegen Wittmann milde darüber hinweggelächelt wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Bleiben wir aber beim Thema Glaubwürdigkeit und Angriffe der SPÖ, bleiben wir dabei! Das, was mich wirklich erschüttert, und das sage ich ganz offen (Abg. Leichtfried: Dass du kein Wort zum Rechtsextremismus verlierst!), ja, Klubobfraustellvertreter Leichtfried, was mich wirklich erschüttert, ist, dass du zur Kenntnis nimmst und tolerierst, dass ihr als SPÖ – und hinter dir sitzt Kollege Drozda als Bundesgeschäftsführer, und die Vor­sitzende nimmt es zur Kenntnis, weil sie dafür verantwortlich ist – jemanden in der Par­tei beschäftigt, der antisemitische und rassistische Facebook-Seiten ins Netz stellt. (Abg. Rendi-Wagner: Er ist nicht beschäftigt!) Er ist beauftragt vonseiten der SPÖ, er hat eine eigene Agentur, und das war – nur zur Erinnerung an alle, die jetzt zuschau­en – genau der Mitarbeiter, der mit Tal Silberstein gemeinsam diese schrecklichen Sei­ten ins Internet gestellt hat, Fakeseiten (Abg. Zarits: Unerhört! Wahnsinn!), die Se­bastian Kurz in die Nähe des Rechtsextremismus, des Antisemitismus gebracht haben oder ihn sogar in Soros-Kontakt gezeigt haben, um Antisemiten auf ihn aufmerksam zu machen.

Das sind die Methoden des Tal Silberstein und seines Mitarbeiters (Abg. Rendi-Wag­ner: Das Rattengedicht ist von gestern!), und der Mitarbeiter, der ist jetzt aktiv von Ihnen beschäftigt, Frau Vorsitzende. (Abg. Rosenkranz: Sie sind von gestern! Die Genossen sind von gestern! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.)

Frau Vorsitzende, reden wir über Herrn Pöchhacker, so heißt der Mann nämlich, der Schatten von Tal Silberstein! Wie können Sie es verantworten, Frau Vorsitzende - - Frau Vorsitzende, ich ersuche Sie, kurz so viel Höflichkeit aufzubringen, mir zuzuhö­ren, wenn ich Sie anspreche! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Ich würde Sie darum bitten, mir zuzuhören, wenn ich Sie frage, wie Sie es verantworten können, einen Mann zu beschäftigen, der antisemitische und rassistische Inhalte auf Facebook stellt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rendi-Wagner: Wir be­schäftigen ihn nicht! Er ist nicht beschäftigt!) Das ist der eigentliche Skandal.

Noch ein kurzes Wort auch zu den Angriffen – Schlusswort (Abg. Leichtfried: Kurzes Wort zum Thema Rechtsextremismus!) – des Klubobfraustellvertreters Leichtfried, wo denn der Kanzler sei: Herr Klubobfraustellvertreter Leichtfried, der Kanzler ist bei der Seidenstraßenkonferenz in China, mit dem chinesischen Staatspräsidenten. Er sichert Arbeitsplätze für diese Republik, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die­sem Land, und tut das, was ein Bundeskanzler tun soll. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Rosenkranz. – Bitte.