17.28

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich kann bei der Rede von Frau Abgeordneter Griss anschließen: Ich glaube, dass das Problem, das sich darstellt, ist, dass sich durch diese vielen Einzelfälle die Grenzen verschieben und vieles toleriert wird, was vor Jahren nicht tolerierbar gewesen wäre.

Es geht mir nicht um diese Einzelfälle, die immer wieder aufkeimen und die man dann versucht, in den Griff zu kriegen, aber für mich ist es dann schon verwunderlich, dass ein Innenminister, ein Innenminister der Republik Österreich bei einer Kundgebung der Verteidiger Europas, die sich als Rechtsradikale bezeichnen und als solche auch ein­geladen haben, die auch Identitäre eingeladen haben, sagt, das sei seine Ideologie, die Ideologie seiner Partei.

Dann wird es gefährlich, denn dann trägt man diese Ideologie, die man bekämpfen will – ich will gar nicht abstreiten, dass Sie einiges versuchen –, in die Regierung, und dann lebt man sie hier, und auch die personelle Verschränkung in den einzelnen Minis­terien, die personelle Verschränkung in den Kabinetten ist ja das Gefährliche.

Ich habe mir die Mühe gemacht, einen Politikwissenschafter herauszusuchen, Law­rence Britt – den empfehle ich jedem und das ist wahrscheinlich für die ÖVP interes­sant –, der 14 Merkmale für rechtsradikale Regimes, von Hitler bis Pinochet, unter­sucht hat: zunächst starker und anhaltender Nationalismus – Sie können für sich selbst entscheiden, wie weit wir sind –, Missachtung der Menschenrechte – ich erinnere an die Sicherungshaft –, gemeinsames Feindbild wird geschaffen, Vorrang des Militärs (Abg. Gudenus: Rumänien!), Sexismus, kontrollierte Massenmedien – ich weiß schon, dass dieser Spiegel etwas schwierig ist, weil Sie bis jetzt zu allem Ja sagen konnten (Beifall bei SPÖ und NEOS) –, Fokussierung auf nationale Sicherheit (Abg. Martin Graf: Klingt ganz nach Chávez!), Verknüpfung von Staat und Religion, unternehmerische Macht wird unterstützt, gewerkschaftliche Macht wird unterdrückt, Missachtung von Intellek­tuellen und Geisteswissenschaften – Ihr Umgang mit den Künstlern (Beifall bei der SPÖ) –, Fokussierung auf Kriminalität und härtere Haftstrafen, Korruption und Vettern­wirtschaft.

Und jetzt (Zwischenrufe bei der ÖVP) überlegen Sie für sich selbst, wie weit wir sind! Ich glaube, wenn sich jeder diesen Spiegel vorhält, dann wird er draufkommen, dass wir dort einen ziemlich weiten Weg gegangen sind. Wir sind einen ziemlich weiten Weg gegangen und es kann mittlerweile ein Innenminister in dieser Republik sagen, er gehört dieser Ideologie an, die Sie versuchen, zu bekämpfen. Er sagt das von selbst, das können Sie im Fernsehen nachschauen, das gibt es auf YouTube alles noch. Das ist das Gefährliche. Und dann geht ein Spitzenkandidat bei der Europawahl her und bedroht einen Journalisten, weil er ihm nicht die Fragen stellt, die er gerne gehört hätte (Abg. Neubauer: Das hat Kern auch gemacht!), und sagt, er schmeißt ihn hinaus. – Was ist das für eine Einstellung, die man immer weiter hinaustreibt und in Wirklichkeit damit die Demokratie vorführt? Daher ist das der berechtigte Antrag, um Sie zu Kon­sequenzen zu bringen.

Ich bin der Meinung des Abgeordneten Rosenkranz (Abg. Rosenkranz: Ui, das ist ge­fährlich!) – es ist eine Frage des Wahlkampfes, aber wie naiv muss man denn sein, dass etwa bei der Niederösterreich-Wahl permanent von der ÖVP jemand vor den Vor­hang gezogen wird? Wie naiv muss man denn sein, dass man glaubt, das sind die So­zialdemokraten? Wie naiv muss man sein? (Beifall bei der SPÖ.) Die wissen genau, wer bei euch in den Kabinetten sitzt. Die werden bei der nächsten Wahl den Nächsten hervorzaubern. Das ist doch nicht unser Problem, das ist euer Problem, das ihr mit ih­nen habt, dass nämlich bei jedem Wahlkampf irgendjemand vor den Vorhang geholt wird. Und die Naivität, dass das irgendjemand anderer sein sollte, die bleibt Ihnen vor­behalten. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Rosenkranz: Der Peter Wittmann als Schutzpatron der SPÖ!)

17.32

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte.