17.51

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Norbert Hofer: Frau Präsidentin, ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. Ich darf aber zunächst auf das Gutachten eingehen: Herr Rossmann, Sie müssen wissen, dass es betreffend ver­kehrspolizeiliche Verordnungen auf Autobahnen eine übliche Vorgangsweise ist, dass Gutachten von der Asfinag beauftragt werden. Das ist in allen Bereichen so und war auch hier so; „Gefälligkeitsgutachten“ weise ich wirklich auf das Schärfste zurück. Der Sachverständige unterliegt auch in diesem Fall einer erhöhten Haftung, deswegen bitte ich, jetzt keine Vorwürfe zu tätigen, die unhaltbar, unrichtig sind. (Abg. Rossmann: Warum hat er es nicht begründet?) – Was meinen Sie mit „begründet“? (Abg. Ross­mann: Dass der Verkehrsfluss erhöht wird, nur durch erhöhte Tempolimits ...!) – Es ist bei dieser Bestimmung das tatsächlich gefahrene Tempo kein Kriterium, sondern es geht um Fragen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs und Fragen der Ver­kehrssicherheit, Herr Rossmann.

Zweitens: Sie haben nach der Durchschnittsgeschwindigkeit gefragt. Bitte verwechseln Sie v85, v95 nicht mit der Durchschnittsgeschwindigkeit! Das sind völlig unterschiedliche Zahlen. v85 heißt, dass 85 Prozent der Autofahrer eine Geschwindigkeit unter diesem Wert fahren, v95, dass 95 Prozent unter diesem Wert sind.

Die Zahlen sind folgendermaßen: Wir haben im Bereich der Durchschnittsgeschwindig­keit einen Wert, der weit unter 140 km/h liegt – wenn ich jetzt den Zettel noch finde (in seinen Unterlagen blätternd), dann werde ich Ihnen das gleich sagen. Es wäre für mich kein Kriterium gewesen, denn in Wirklichkeit wäre das sogar eine Bestätigung dessen gewesen, was ich vorhabe, nämlich dass 140 km/h eine Geschwindigkeit ist, die auch tatsächlich gefahren wird. Sie verwechseln v85, v95 mit der durchschnittlich gefahrenen Geschwindigkeit. Sie können auch nicht die Geschwindigkeit an ganz bestimmten ein­zelnen Tagen hernehmen und daraus den gesamten Durchschnitt errechnen. Das ist wirklich ein großer Unterschied, darauf möchte ich nachdrücklich hinweisen.

Das Gutachten zeigt, dass auf dem dritten Fahrstreifen im Bereich Niederösterreich, Einzeltagmessung, in Fahrtrichtung Walserberg von 5 Uhr bis 17 Uhr – da haben Sie recht – die Geschwindigkeit überwiegend bei 140 bis 145 km/h liegt; aber nicht der Durchschnitt, sondern überwiegend. In der anderen Fahrtrichtung, Wien-Auhof, lag sie bei 140 km/h, und im Bereich Oberösterreich liegt dieser Wert, den ich vorhin genannt habe, überwiegend bei 125 km/h. Wenn man nun die Messungen auf diesen beiden Teststrecken zusammennimmt und über die Werktage verteilt, bekommt man Ge­schwindigkeiten von 135 km/h bei der ersten Messung im Mai und von 137 km/h bei der zweiten Messung, die später durchgeführt worden ist. Das ist die Durchschnittsge­schwindigkeit.

Nun zu den Klimaschutzmaßnahmen im Bereich Verkehr, die uns allen ein großes An­liegen sein müssen: Das Wesentlichste und Wichtigste, das wir bei allen anderen Maß­nahmen, die es im Rahmen des Individualverkehrs gibt, tun können, ist: Schiene, Schiene, Schiene, öffentlicher Verkehr. Dort erreicht man am meisten. Wir haben im Bereich Schiene einen Verkehrsträger, der in einem hohem Ausmaß elektrifiziert ist. Wir wollen bis 2030 die Elektrifizierung noch weiter, auf 85 Prozent, steigern. Das kos­tet natürlich viel Geld, aber es rechnet sich auch. Das Ziel ist, jede Strecke in Ös­terreich auch elektrisch betreiben zu können.

Wir sind in der Europäischen Union das Bahnland Nummer eins. Die Schweiz ist noch stärker, aber in der Europäischen Union sind wir hinsichtlich gefahrener Kilometer pro Person wirklich die Nummer eins. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Wir investieren alleine in die Schieneninfrastruktur 13,9 Milliarden Euro.

Jetzt fragen Sie: Warum ist das so hoch? – Schauen Sie sich einmal die Zahlen im Vergleich 2016/2017 an! Allein in diesem einen Jahr gibt es ein Plus von 3 Prozent. – Plus 3 Prozent! Warum? – Weil es immer mehr gefahrene Fahrzeugkilometer gibt, und weil wir unter dem Transit leiden. (Zwischenruf des Abg. Rossmann.) Als kleines Land leiden wir massiv unter dem Transit.

Ich glaube, auch Sie waren dafür, dass wir Mitglied der Europäischen Union werden. Als Mitglied der Europäischen Union unterliegen wir gewissen Regeln. Wir können nicht einfach die Grenzen zumachen und sagen: Es darf kein Lkw und kein Pkw dieses Land durchqueren! Das können wir nicht, aber ich habe die Experten im Verkehrsmi­nisterium – und dort gibt es hervorragende Experten – gebeten, zu prüfen, welche Möglichkeiten wir europarechtlich haben, damit Transit auch stärker belastet wird.

Ein guter Freund von mir hat vor wenigen Wochen einen schwer kranken Kollegen aus Spanien mit einem VW-Bus nach Hause gebracht. Die Tagesmaut, die auf dieser Stre­cke in einzelnen Ländern zu bezahlen ist – 100 Euro und mehr –, ist wesentlich teurer als das, was Sie in Österreich bezahlen müssen, wenn Sie dieses Land queren. Das betrifft den Pkw-Verkehr und auch den Lkw-Verkehr. Das heißt, wir müssen darüber nachdenken, wie man maßvoll auch den Transit stärker zur Kassa bitten kann, damit wir Maßnahmen zur Dekarbonisierung auch in Österreich noch stärker finanzieren kön­nen.

Aber noch einmal: Am wichtigsten ist die Schiene. Investitionen von 13,9 Milliarden Eu­ro in Schieneninfrastruktur in nur fünf Jahren, das ist der größte Betrag, der jemals in einem so kurzen Zeitraum investiert worden ist. – 13,9 Milliarden Euro! (Abg. Ross­mann: Und wie viel geht in den Straßenausbau?) – Beim Straußenausbau werden für Autobahnen, Schnellstraßen nicht jene Beträge ausgegeben, die wir in die Schiene investieren. Wir investieren noch dazu 700 Millionen Euro jährlich an Zuschüssen für den Personenverkehr und 100 Millionen Euro an Zuschüssen für den Güterverkehr.

Dazu kommt, dass wir gerade an einer Nahverkehrsunterstützung für Ballungszentren arbeiten, damit in diesen Bereichen auch die Städte abseits von Wien eine Unterstüt­zung erhalten. Bisher wurde Wien beim U-Bahn-Bau zu Recht unterstützt, weil es eine wichtige Maßnahme ist. Andere Städte als Wien, Linz, Graz und so weiter haben aber mittlerweile ähnliche Probleme – Stau, Stau, Stau. Man muss versuchen, die Autofah­rer vor der Stadtgrenze für den öffentlichen Verkehr zu begeistern, denn wer einmal im Auto sitzt, bleibt, das wissen wir, in den meisten Fällen auch im Auto sitzen. – So viel zum öffentlichen Verkehr, zur Schiene.

Zweitens, Individualverkehr: In diesem Bereich ist die Frage der Dekarbonisierung das große Thema. Wir haben im Bereich der Elektromobilität weitaus bessere Zulassungs­zahlen als das in Deutschland der Fall ist. Die Zahlen sind nicht ganz ähnlich, was die Bundesländer anbelangt; die besten Zahlen sehen wir in Vorarlberg, sehr viel bei Ein­familienhäusern, im ländlichen Raum. Nicht so tolle Zahlen ergeben sich in Wien; nicht weil die Wiener sich nicht für dekarbonisiertes Fahren begeistern würden, sondern wenn man in einem mehrgeschoßigen Haus lebt, findet man dort keine Stromtankstel­len vor. Das heißt, hier müssen wir die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, dass man auch dann, wenn nicht 100 Prozent der Mieter einverstanden sind, eine Stromtank­stelle errichten kann. Das betrifft die E-Mobilität.

Ich möchte auch unterstreichen, dass die Studie zu den Auswirkungen, Zahlen zur E-Mo­bilität in Österreich, die jetzt vorliegt, ein besseres Bild zeichnet als in Deutschland. Warum? – Weil der Anteil an erneuerbaren Energieträgern in Österreich wesentlich hö­her als jener in Deutschland ist. Wir decken viel über die Wasserkraft ab. Wir haben Windkraft, wir haben im Bereich der Wärme auch Geothermie, wir haben Biomasse, Solarthermie, Photovoltaik. Wir haben alles, damit sich dieses Land aus erneuerbaren Quellen versorgen kann. Der Grad an erneuerbarer Energie, der Anteil der erneuerba­ren Energie soll auch nicht nur im Strombereich weiter steigen.

Wenn Sie mich nach dem Verkehrsbereich fragen, sehe ich das Problem beim Elektro­auto in der Batterie. Wir haben keine europäische Batterieproduktion. Diese benötigen wir aber, wenn wir uns nicht in neue fatale Abhängigkeiten begeben wollen. Deswegen glaube ich, dass die Antwort nicht nur das E-Auto ist, sondern auch Wasserstoff. (Zwi­schenruf des Abg. Jarolim.) – Ja, aber das kann man nicht mit dem, was in China pro­duziert wird, vergleichen. – Deswegen glaube ich: Das E-Auto hat seine Berechtigung, es wird auch den Verbrennungsmotor weiter geben, aber mit E-Fuel betrieben. (Abg. Rossmann: Sofortmaßnahmen müssen ...!) – Herr Rossmann, das sind Maßnahmen, die ich dauernd unmittelbar setze! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rossmann.) Weiters setzen wir eine Wasserstoffstrategie um, weil ich fest davon überzeugt bin, dass das Thema in Österreich Wasserstoff sein wird. Warum? – Weil wir aus den Überschüssen bei den Erneuerbaren, die es temporär gibt – aus der Windkraft im See­winkel zum Beispiel –, in die Elektrolyse gehen können, Wasserstoff erzeugen und speichern können und mit diesem Wasserstoff auch Fahrzeuge betreiben oder die Spitzen abdecken können, die jetzt die Gaskraftwerke im Bereich der normalen Strom­versorgung abzudecken haben. Das ist die große Chance beim Wasserstoff.

Was ist eine weitere große Chance? – Ein erheblicher Teil des CO2-Aufkommens in Österreich kommt aus der Stahlproduktion. Warum? – Weil der Stahl, den wir in Öster­reich produzieren, im Rahmen einer basischen Erzeugungskette erzeugt wird, bei der viel an CO2 anfällt. Wenn wir CO2 mit Wasserstoff binden, erreichen wir eine Methani­sierung und können damit wiederum Verbrennungsmotoren CO2-neutral antreiben. Es gibt also viele, viele Maßnahmen, die wir setzen müssen, um die Dekarbonisierung in Österreich umzusetzen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich bin fest davon überzeugt, dass Sie in einigen Jahren in Österreich völlig andere Fahrzeugtypen auf unseren Straßen sehen werden, aber nicht – das möchte ich auch betonen –, weil alle Menschen jetzt so umweltbewegt sind, sondern weil sich die Tech­nik einfach weiterentwickelt und das Fahren mit einem Wasserstoffauto, mit einem Elektroauto bei dem Drehmoment, das man erzielt, auch vielen Menschen Freude macht.

Aber bitte machen wir jetzt eines nicht: den Diesel völlig zu verteufeln, denn auch der Bereich Diesel entwickelt sich weiter. Die CO2-Emissionen beim Diesel sind geringer als jene beim Verbrennungsmotor, und wir bauen hier in Österreich, in Steyr, den bes­ten Dieselmotor der Welt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.03

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger.