15.49

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Nur ein kleiner Nachsatz zu meinem Vorredner: Ich verwahre mich schon aufs Schärfste dage­gen, dass die NEOS die Einzigen hier sein sollen, die saubere Hände haben. (Beifall bei der SPÖ.) Ich halte das Gerede von: alle sind gleich, alle machen das, alle haben schmutzige Hände, demokratiepolitisch für extrem schädigend, und es ist Ihrer, liebe Kollegen von den NEOS, gar nicht würdig. Ich würde Sie ersuchen, das zu überden­ken. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben einen eigenen Antrag zur Verbesserung der Si­tuation hinsichtlich Spenden an Parteien eingebracht und sind da selbstverständlich gesprächsbereit.

Sehr geehrte Damen und Herren, zum eigentlichen Thema: Heute ist ein bedeutender Tag im österreichischen Parlament. Es geht um Verantwortung und um Vertrauen. (Abg. Wöginger: Soll es gehen, ja!) Die SPÖ, die im Herzen immer eine staatstragen­de Partei war und auch heute ist (Ruf bei der ÖVP: Gewesen ist! – weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP) – auch wenn Sie das nicht glauben, sehr geehrte Kollegen und Kol­leginnen –, hat sich diese Entscheidung gar nicht leicht gemacht. (Abg. Haubner: Die Partei geht bevor! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben das ausführlich diskutiert und abgewogen und sind zu dem Schluss gekommen, dass heute ein Schlusspunkt gesetzt werden soll. (Abg. Sobotka: Der Doskozil hat’s erklärt!)

Die Frage betreffend die erfolgreiche Politik der letzten Wochen und Monate, die uns immer wieder dargestellt wird, sehen wir anders. Aus unserer Sicht sind die 60-Stun­den-Woche, die Verschlechterung der sozialen Absicherung von kinderreichen Fami­lien keine erfolgreiche Politik, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Steinacker, Schwarz und Winzig.) Da kann man aber noch sagen, das sieht man anders.

Kommen wir aber zum politischen Klima, das Sie in den letzten Jahren erzeugt haben, dazu, wie diese Maßnahmen gesetzt worden sind! – Das war alles andere als vertrau­ensbildend. Der Umgang mit dem Parlament: respektlos, Dialogverweigerung. Selbst wenn Sie die Zustimmung der Opposition für Zweidrittelmaterien gebraucht haben, ha­ben Sie keine Gespräche gesucht. (Abg. Wöginger: Das stimmt nicht!) Im Umgang mit den Ländern wird, auch wenn alle betroffen sind, nur mit schwarzen Landeshauptleu­ten geredet. Die Sozialpartner werden nicht eingebunden. Der Umgang mit den Me­dien: Stichwort Orbánisierung. – Es ist insgesamt ein bedrückendes Klima, das Sie in den letzten Jahren erzeugt haben. Das war alles andere als vertrauensbildend. (Beifall bei der SPÖ.)

Und dann, sehr geehrte Damen und Herren, kommt die Stunde der Krise, die Stunde der Regierungskrise. Man erwartet sich Sebastian Kurz als verantwortungsvollen Staatsmann, auch wenn man in vielem nicht seiner Meinung ist. Aber was passiert? – Schon in der ersten Erklärung in dieser Situation, auf die wir Stunden gewartet haben, sehen wir keine Spur von staatsmännisch – gar keine Spur! –, sondern eine beinharte Wahlkampfrede. Das war dieser Situation unwürdig! Das war der Rolle eines österrei­chischen Bundeskanzlers in einer Krisensituation unwürdig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Was in dieser Situation angebracht gewesen wäre, wäre ein Ausloten mit den im Parla­ment vertretenen Parteien, ein Zugehen auf das Parlament gewesen, ein Ausloten der Unterstützung: Neuwahlen? Minderheitsregierung? Wie schauen die Mehrheitsverhält­nisse aus?

Was hat es gegeben? – Wenige Gespräche, nur Mitteilungen, kein Dialog, Provoka­tionen der anderen Parteien. (Abg. Wöginger: Wer hat wen provoziert? Wer hat provo­ziert? Wer, Frau Kollegin?) Sehr geehrte Damen und Herren, so erwirbt man sich Ver­trauen nicht, so verspielt man Vertrauen! (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Das war die Vorgangsweise der letzten Wochen.

In den letzten Tagen mussten wir den Versuch einer kalten Machtübernahme beobach­ten (Abg. Wöginger: Jessas Maria!), den Versuch, mit 30, 31 Prozent der Stimmen 100 Prozent der Macht zu übernehmen. Das ist die Wahrheit! Es ist die Wahrheit, dass unter dem Titel Expertenregierung eine verdeckte ÖVP-Alleinregierung installiert wer­den soll (Abg. Wöginger: Eine Übergangsregierung!), dass Experten ernannt werden, denen aber ein Kreis von ÖVP-Aufpassern zur Seite gestellt wird, sodass das ganze Werkel in allen Ministerien bis zur Wahl als Wahlkampfkabinett funktionieren soll. (Abg. Haubner: Der SPÖ geht es nicht um das Land, sondern um die Partei! – Zwischenruf der Abg. Winzig.)

Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht vertrauensbildend, ganz im Gegenteil! (Abg. Wöginger: Um Gottes willen!) Daher lehnen wir das ab. So erwirbt man sich nicht Vertrauen, so erarbeitet man sich Schritt für Schritt Misstrauen. (Abg. Haubner: Erst die Partei, dann das Land!)

Die beste Erzählung, finde ich, ist, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler (Abg. Sobotka: Der Kollege Doskozil ...!), der Garant für Stabilität sein sollen – jemand, der innerhalb von wenigen Monaten zwei Regierungen in die Luft gesprengt hat. (Abg. Winzig: Sie sprengen! – Zwischenruf des Abg. Sobotka.) Sie, sehr geehrter Herr Bun­deskanzler, sind ganz und gar nicht Garant für Stabilität, Sie sind der Sprengmeister, Sie sind der Regierungssprengmeister der Republik. (Abg. Winzig: Sie sprengen!) Herr Bundeskanzler, daher gilt auch für Sie: Genug ist genug! (Beifall bei der SPÖ.)

15.55

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Karl Nehammer zu Wort gemel­det. – Bitte.