20.32

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen! Ich möchte nach diesem Exkurs jetzt wieder zum eigentlichen Thema zurückführen. Es geht um das Bildungsinvestitionsgesetz und den Ausbau von ganztägigen Schulen.

Das ist ein ganz, ganz zentraler und wichtiger Teil moderner Bildungspolitik. Österreich ist nur eines von ganz wenigen Ländern in Europa und international, das diese ganz­tägigen Schulen noch nicht im Regelschulwesen hat. Der Bildungswissenschafter Michael Schratz hat es einmal wirklich scharf auf den Punkt gebracht: dass Österreich und Deutschland noch immer auf ein Halbtagsmodell setzen, sei, durch die internationale Brille betrachtet, sowieso nur eine Skurrilität. So sehe ich das auch.

Es ist eine Skurrilität, denn in ganztägigen Schulen haben wir die Zeit, zu gestalten, zu lernen, zu unterstützen, zu fordern, zu fördern, zu spielen, Sportmöglichkeiten, Musik, Kunst anzubieten, den Schülerinnen und Schülern schlichtweg Optionen zu bieten, ihr Potenzial und ihre Talente frei zu entfalten. Das ist zentral, wie ich meine, und für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer ein wichtiges Anliegen: die beste Bildung für unsere Kinder entlang ihrer Talente und ihrer Potenziale. (Beifall bei der SPÖ.)

Chancengerechtigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht im Mittelpunkt. In der ganztägigen Schule haben wir die Zeit dafür. Wir haben die Zeit, sie zu unterstützen. Die Zahlen sprechen ebenfalls eine sehr, sehr klare Sprache. Die Zahl der Sitzen­bleiber – und ich nehme jetzt nur eine Zahl her – reduziert sich in der verschränkten Ganztagsschule nämlich von 8,4 Prozent auf 1,4 Prozent. Da brauchen wir nicht weiter zu diskutieren, welches Schulmodell besser ist, und auch die Expertinnen und Exper­ten aus der OECD, aus der Kommission und so weiter schreiben uns immer wieder ins Stammbuch, den Ausbau der ganztägigen Schulen raschest voranzutreiben.

Wir haben uns 2016 die stolze Summe von 750 Millionen Euro, lieber Kollege Taschner, nicht 250 Millionen Euro, sondern 750 Millionen Euro aus der Bankenmilliarde für den Ausbau der ganztägigen Schulen vorgenommen und gesichert. (Beifall bei der SPÖ.) Das war ein Plus von 115 000 ganztägigen Schulplätzen bis ins Jahr 2025 – so der Plan. Diese Gelder sollten auch für die Ferienbetreuung Verwendung finden.

Was aber hat die schwarz-blaue Bundesregierung getan? – Sie hat sehr schnell be­schlossen, an diesem Gesetz herumzudoktern und -fuhrwerken und hat die Zeit des Ausbaus gleich einmal bis 2033 gestreckt. Aus den 115 000 Plätzen wurden plötzlich nur mehr 40 000. (Abg. Plessl: Eingespart haben sie’s!) Dieses Gesetz, diese Novelle dient leider auch dazu, stark zu verwässern und andere Bereiche zu kofinanzieren, mitzufinanzieren, denn in die 40 000 Plätze, die jetzt noch übrig sind, werden auch gleich die Horte eingerechnet, um das Ziel schneller und leichter zu erreichen. Sie sollen auch in Zukunft mitgefördert werden können.

Dazu kommt: Zuerst hat Schwarz-Blau den Integrationstopf abgeschafft, die Sozial­arbeiter gestrichen. Jetzt werden sie aus diesem selben Topf wieder gefördert – wieder eine Verwässerung.

Zudem kommt hinzu, dass Schwarz-Blau unsere Vorsorge, unseren nachhaltigen Plan der langfristigen Finanzierung von bestehenden ganztägigen Schulplätzen im Finanz­ausgleich in der Aufgabenorientierung schlichtweg gestrichen hat, und jetzt finanzieren wir das auch noch gleich da heraus.

Der Plan ist also relativ klar, und es ist absehbar, wohin uns dieses Gesetz führen wird, nämlich dorthin, dass die Schulerhalter natürlich großes Interesse daran haben wer­den, ihre bestehenden Plätze und ihre Horte weiter zu finanzieren, denn sie haben ja sonst keine Möglichkeit dazu, und die Motivation, auszubauen, wird sich in über­schaubarem Ausmaß halten.

Uns als Sozialdemokratie sind die Gemeinden und Schulerhalter wichtig. Das ist klar. Deshalb werden wir dieser Novelle zustimmen. Wir haben aber auch im Unterrichts­ausschuss schon einen Antrag eingebracht, und ich bringe hier abermals den Abän­derungsantrag zum Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 871/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird.

In diesem Abänderungsantrag ist Folgendes zum Ausdruck gebracht: Wir wollen wieder zurück zum ursächlichen Pfad; 2026 soll das Ausbauziel sein.

Wir wollen dieses Ausbauziel mit einer Betreuungsgarantie für Kinder, die es in den Ferien brauchen, verbinden, denn wir wissen aus den Studien, aus den Zahlen – und von der Arbeiterkammer nicht zuletzt neu erhoben –, dass Eltern Probleme haben, Kinder neun Wochen in den Ferien zu betreuen, überhaupt Betreuungsmöglichkeiten zu finden. Sie geben im Jahr 450 Euro dafür aus. Das kann sich nicht jeder leisten. Diese Betreuungsgarantie ist uns deshalb ein zentrales Anliegen und ist auch mit hineinverwoben.

Was noch dazukommt, ist, dass 35 000 Schülerinnen und Schüler eine Nachprüfung machen müssen. Das heißt, zusätzlich zur Ferienbetreuung ist uns die Lernhilfe ein ganz wichtiges Anliegen, und auch das ist im Antrag entsprechend enthalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kollegen von der ÖVP, von der FPÖ, gebt euren Herzen einen Ruck und unterstützen wir die Eltern, unterstützen wir vor allem die Schülerinnen und Schüler! Geht mit unserem Abänderungsantrag zu einem rascheren, schnelleren Ausbau der ganztägigen Schule mit Lernhilfe und mit Ferienbetreuung mit!

Abschließend darf ich den Pädagoginnen und Pädagogen noch ganz, ganz herzlich danken und ihnen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern und dem Unter­stützungspersonal an den Schulen wunderschöne Ferien wünschen. Genießen Sie die Tage zur Erholung und auf ein gutes neues Schuljahr! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs 3 GOG-NR

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Unterrichtsausschusses (647 d.B.) über den Antrag 871/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der der Bericht des Unterrichtsausschusses (647 d.B.) über den Antrag 871/A der Abgeord­neten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird, angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

„1. In Ziffer 4 lautet § 2 Abs. 1 erster Satz: 

„Der Bund stellt für den Freizeitbereich im Rahmen der schulischen Tagesbetreuung sowie für außerschulische Betreuungsangebote an ganztägigen Schulformen auch in den Ferienzeiten, welche Gratisnachhilfe und Lernunterstützung beinhaltet, in den Schuljahren 2019/20 bis 2025/26 den Betrag von insgesamt 750 Millionen Euro zur Verfügung.“

2. In Ziffer 4 § 2 Abs. 1 lautet die Tabelle:

2020 und 2021

2022 bis 2025

2026

je 65.000.000,0

je 60.000.000,0

58.000.000,0

 

3. Ziffer 4 § 2 Abs. 2 lautet: 

(2)       Die Beträge gemäß Abs. 1 werden je Bundesland wie folgt aufgeteilt:

2020

2021

2022 bis 2025

2026

 

Gesamtsumme in Euro

Gesamtsumme in Euro

Gesamtsumme in Euro

Gesamtsumme in Euro

(höchstens)

(höchstens)

(höchstens)

(höchstens)

Burgenland

2.206.236,5

2.206.236,5

2.036.526,0

1.968.641,8

Kärnten

4.347.826,0

4.347.826,0

4.013.377,8

3.879.598,5

Niederösterreich

12.496.626,4

12.496.626,4

11.535.347,4

11.150.835,8

Oberösterreich

10.965.819,8

10.965.819,8

10.122.295,2

9.784.885,4

Salzburg

4.111.978,7

4.111.978,7

3.795.672,6

3.669.150,2

Steiermark

9.386.132,6

9.386.132,6

8.664.122,4

8.375.318,3

Tirol

5.479.870,5

5.479.870,5

5.058.342,0

4.889.730,6

Vorarlberg

2.861.368,9

2.861.368,9

2.641.263,6

2.553.221,5

Wien

13.144.140,8

13.144.140,8

12.133.053,0

11.728.617,9

Österreich

65.000.000,0

65.000.000,0

60.000.000,0

58.000.000,0

 

4. In Ziffer 4 § 2 Abs. 3 wird die Wendung „Jahr 2033“durch „Jahr 2026“ und die Wendung „Jahr 2022“ durch „Jahr 2026“ ersetzt. 

5. In Ziffer 4 § 2 Abs. 4 wird die Wortfolge „die Ferienbetreuung im Zusammenhang mit neu geschaffenen Betreuungsplätzen“ durch die Wortfolge „die Ferienbetreuung sowie Gratisnachhilfe und Lernunterstützung“ ersetzt.

6. In Ziffer 4 § 2 Abs. 4a wird die Wortfolge „bestehende außerschulische Betreu­ungsangebote“ durch „bestehende außerschulische Betreuungsangebote sowie Gratis­nachhilfe und Lernunterstützung in den Ferien“ ersetzt.

7. In Ziffer 4 § 2 Abs. 5 wird die Wendung „des Schuljahres 2018/19“ durch „der Schuljahre 2017/18 und 2018/19“ ersetzt.

8. In Ziffer 6 § 4 Abs. 1 wird die Wortfolge „für außerschulische Betreuungsangebote an ganztägigen Schulformen“ durch „für außerschulische Betreuungsangebote sowie Gratisnachhilfe und Lernunterstützung an ganztägigen Schulformen“ ersetzt.

9. In Ziffer 8 § 5 Abs. 3 wird der letzte Satz gestrichen.

10. Ziffer 8 § 5 Abs. 5 lautet:

(5) Bei der Festsetzung der Beiträge für die Betreuung im Betreuungsteil ganztägiger Schulformen ist auf eine Entlastung der Erziehungsberechtigten insbesondere durch eine soziale Staffelung Bedacht zu nehmen.

11. Ziffer 8 § 5 Abs. 6 entfällt, die Abs. 7 bis 11 werden zu Abs. 6 bis 10.

12. In Ziffer 8 wird im neuen Abs. 6 (vormals Abs. 7) die Wortfolge „Ausbau der schulischen Tagesbetreuung und der Ferienbetreuung“ durch „Ausbau der schulischen Tagesbetreuung und der Ferienbetreuung sowie Gratisnachhilfe und Lernunterstüt­zung“ ersetzt.

Begründung

Zu Z 2 und Z 3:

Das Bildungsinvestitionsgesetz, BGBl. Nr. 8/2017 hatte bei Beschlussfassung im Jänner 2017 das Ziel, ein flächendeckendes Angebot an schulischer Tagesbetreuung (auch in verschränkter Form) in einem Umkreis von maximal 20 km zum Wohnort zur Verfügung zu stellen. Weiters sollte auch das außerschulische Betreuungsangebot während der Ferienzeiten ausgebaut werden. Dieses Ziel sollte bis 2025 erreicht werden. Dazu steht insgesamt ein Betrag von 750 Millionen Euro zur Verfügung. Gegenfinanziert wird dies durch die Abschlagszahlung der Bankenmilliarde iHv. 1 Mrd. Euro. Die ÖVP/FPÖ Regierung hat 2018 allerdings den Ausbau durch die Halbierung der jährlich für den Ausbau zur Verfügung gestellten Mitteln bzw. Verschiebung der Auszahlungen bis zum Jahr 2032 drastisch gebremst. Im vorgelegten Antrag 871/A werden die Auszahlungen um ein weiteres Jahr auf 2033 verschoben. Dabei ist zu beachten, dass dringend Maßnahmen zur Verbesserung von Familie Beruf zu setzen sind – und nicht erst in mehr als zehn Jahren. Gleiches gilt für pädagogische Vorteile, die sich durch den Ausbau ganztägiger Schulformen erzielen lassen.

Zu betonen ist außerdem, dass mit der vorgeschlagenen Novelle der Mechanismus der Mittelbereitstellung verändert werden soll und dadurch das Abrufen der Mittel erleich­tert werden soll. Es ist daher insgesamt nicht einzusehen, warum die vorhandenen Mittel iHv. 750 Mio. Euro nicht ehest möglich für einen raschen Ausbau zur Verfügung gestellt werden sollen, umso die genannte Zielsetzung eines flächendeckenden Ange­bots an ganztägigen Schulformen, das von 40% der Kinder von 6 bis 15 Jahren ge­nutzt wird, sobald als möglich zu erreichen. 

Zu Z 1, Z 3 bis 8, Z 10 bis 12:

Bisher wurde in der Novelle der Fokus auf die Ferienbetreuung gelegt, nicht aber auf Lernunterstützung im Rahmen der Ferienbetreuung – insbesondere natürlich jene in den Sommerferien. Viele SchülerInnen müssen auch in den Ferien lernen, da sie etwa zum Schulbeginn eine Nachprüfung haben, um in die nächste Schulstufe aufsteigen zu können, oder um generell Defizite aufholen zu können. Eine fachliche Unterstützung ist für den rascheren Lernerfolg oftmals von entscheidender Bedeutung, scheitert aber mitunter an den finanziellen Möglichkeiten des Elternhauses. Daher wird gesetzlich klargestellt dass den Ländern explizit auch Gelder für den Ausbau von Gratisnachhilfe und Lernunterstützung bereit gestellt wird.

Zu Z 9:

Da das derzeitige Angebot an ganztägigen Schulformen insbesondere im ländlichen Raum schlecht ausgeprägt ist, wurde die Kopplung zusätzlicher Investitionen an die demographische Entwicklung wieder gestrichen. Dies ist nicht nur für kleine Schul­standorte problematisch, sondern verstärkt derzeitige Tendenzen der Landflucht zu­sätzlich: junge Familien werden sich dann im ländlichen Raum niederlassen bzw. bleiben, wenn sie auch entsprechende Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorfinden. Dazu zählt auch das Angebot an ganztägigen Schul­formen.

*****

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der Abänderungsantrag wurde in Grundzügen erläutert, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung, nachdem er auch ausgeteilt worden ist.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Ich glaube, jetzt muss der Nehammer nachgemeldet werden!)