20.08

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen auf der Regierungsbank! Ge­schätzte ZuhörerInnen! Ja, wir haben Tierschutz wieder zum Thema gemacht, und das ist gut so und das wird auch für längere Zeit so bleiben, denn wenn man genauer hinter die Kulissen blickt, wenn man sich ansieht, was mit Tieren gemacht wird, nicht nur in Österreich, sondern europaweit, dann überkommt einen wirklich das Grauen. Es sind ekelhafte Zustände, die in Tierfabriken vorherrschen, grausame Zustände, die bei Tiertransporten oft vorherrschen. Genau deshalb ist es extrem wichtig, dass wir uns auch hier im Parlament damit befassen.

Die Zustände sind so grauslich, dass mein Kollege und Tierschutzsprecher der Sozial­demokraten heute vier Anträge zum Thema macht, um den Tierschutz zu verbessern, um unnötige Tiertransporte zu reduzieren und Tiertransporte besser kontrollieren und Verstöße auch dementsprechend ahnden zu können. Das ist grundsätzlich gut, ich unterstütze das und ich freue mich, dass es hier Fortschritte geben soll. Leider handelt es sich aber nur um Entschließungsanträge. Trotz allem glaube ich, wir sollten das machen, wir sollten diese Schritte voranbringen, und vielleicht kommt dann der eine oder andere Erlass, um gemeinsam im Sinne der Tiere und im Sinne des Tierwohls Verbesserungen erreichen zu können.

Doch sogar diese kleine Chance, diese klitzekleine Chance und dieser winzige Licht­blick für gequälte Tiere ist der Österreichischen Volkspartei schon wieder Risiko genug. Ich bin wirklich verwundert, dass man mit sogenannten gesamtändernden Ab­än­de­rungsanträgen, von Bauernbundfunktionär Franz Eßl gemeinsam mit den Kolle­ginnen und Kollegen eingebracht, dafür sorgt, dass Tiere in diesem Land einfach überhaupt keine Chance bekommen. Statt Tiere zu schützen, argumentieren Sie, die Profite der Tierindustrie schützen zu wollen. Ich erachte das wirklich als beschämend für einen sogenannten Tierschutzsprecher. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Ich will insbesondere auch der Freiheitlichen Partei, die sich ja auch gerne als Tier­schutzpartei positioniert und sich so vermarktet, diesen Betrug an den Tieren nicht durchgehen lassen – ganz ehrlich. Nach außen hin sagen Sie, man sei für Tierschutz, und dann lehnen Sie, Kollege Riemer, sämtliche Tierschutzanträge ab! Es geht nur darum, einem Fristsetzungsantrag zuzustimmen, und sogar das lehnen Sie ab!

Damit die Bevölkerung draußen weiß, was ein Fristsetzungsantrag ist: Es geht darum, der Behandlung eines Themas eine Frist zu setzen, damit überhaupt darüber diskutiert werden kann – aber nicht einmal die Diskussion wird zugelassen! Deshalb möchte ich heute, um diesen Betrug an den Tieren nicht weiter durchgehen zu lassen, erneut drei Fristsetzungsanträge zu folgenden Anträgen einbringen: Antrag 854/A: Verbot der Tötung von männlichen Küken zur Gewinnmaximierung; Antrag 877/A: Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration; Antrag 878/A: Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung mit zehnjähriger Übergangsfrist.

Um eines klarzustellen: Wenn Sie diesen Fristsetzungsanträgen, Kollege Riemer, heute zustimmen, dann haben wir die Chance, darüber zu diskutieren und nächste Woche, am 25. September, im Plenum inhaltlich darüber abzustimmen und sie zu einem Gesetz zu machen. Wenn Sie aber nicht zustimmen, wenn Sie heute nicht einmal der Fristsetzung zustimmen, dann sind Sie, Kollege Riemer, mitunter verant­wortlich für 9,7 Millionen Küken (ein Foto von Küken auf einem Förderband in die Höhe haltend), die jährlich in Österreich direkt nach dem Schlüpfen – die sind nicht einmal 1 Minute auf der Welt! – von einem Förderband (ein Foto von Küken, die geschreddert werden, in die Höhe haltend) in einen Schredder fallen und geschreddert werden, oder vergast, je nachdem, wie lustig man gerade ist. All das passiert in Österreich: 9,7 Mil­lionen Mal! Dieser Fristsetzung zuzustimmen würde nur bedeuten, dass wir darüber diskutieren und nächste Woche ein Gesetz beschließen können; aber nicht einmal die Diskussion wollen Sie!

Sie sind auch verantwortlich für den Schmerz (ein Foto von der Kastration eines Ferkels in die Höhe haltend), den ein Ferkel erleidet, wenn man ihm bei vollem Bewusstsein, ohne Betäubung die Genitalien, die Hoden, abschneidet – ohne Betäu­bung! –, eine betäubungslose Kastration durchführt! (Abg. Strasser: Mit Schmerz­mittel!) All das passiert in Österreich und wird aktuell gemacht. Alle 12 Sekunden, Tag und Nacht, erfolgt eine betäubungslose Ferkelkastration. Das ist kein Zustand! Das kann doch nicht die Art sein, wie wir mit Lebewesen umgehen!

Noch etwas: Sie sind auch verantwortlich dafür (ein Foto eines auf einem Vollspal­tenboden liegenden Schweins in die Höhe haltend), dass Hunderttausende Schweine monatelang – die kurze Zeit, die sie leben dürfen – im Ammoniakgestank leben, mit Wunden, verletzt, blutend, sich gegenseitig anknabbern, die Ohren, die Schwänze abkauen, weil ihnen auf Vollspaltenbetonböden so fad ist, weil sie kein Stroh, keine Einstreu haben. Für all das sind Sie verantwortlich, wenn Sie heute sogar diese Fristsetzungsanträge ablehnen, um jegliche Debatte darüber zu verhindern.

Noch einmal ganz zum Schluss: Ich habe heute Ihnen allen, allen Kolleginnen und Kollegen, eine Mail geschickt, in der ich Sie darum bitte, sich Gedanken darüber zu machen, wie Sie heute abstimmen werden. Und alle, die jeden Sonntag zur Kirche rennen, und alle, die immer am parlamentarischen Gebetsfrühstück teilnehmen, möchte ich ebenfalls bitten: Fragen Sie sich, ob Ihr Gott will, dass wir so mit der Schöpfung und den Lebewesen in diesem Land umgehen! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.14

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Erwin Preiner. – Bitte.