12.26
Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es recht spannend, dass wir beim Thema Klimaschutz und Klimawandel immer von den Kindern reden. Es wird uns alle treffen, würde ich meinen, und darum möchte ich das Gedankenexperiment, das Kollege Shetty begonnen hat, noch ein Stück weiterführen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sich die Welt, Europa, Österreich, Ihre Heimatgemeinde in 30 Jahren vor! Was sehen Sie da? Blühende Wiesen? Schneebedeckte Berge? Gesellschaftlichen Wohlstand und Zusammenhalt? – Ich glaube nicht. Ich sehe das nicht mehr.
Mein Bild sieht so aus: Dürre, Stürme und Überschwemmungen machen viele Gebiete der Welt unbewohnbar. Landwirtschaft, Ackerbau und Gemüsebau sind vielerorts nicht mehr möglich, werden auch in Österreich schwierig werden. Der Weinbau wird sich Richtung Skandinavien verabschieden. 400 000 Millionen Menschen sind auf der Flucht – das sind nicht meine Zahlen, sie sind gut belegt. Die Erwärmung der Erde führt zum sechsten Massensterben von Lebewesen. Die Pole schmelzen, der Permafrostboden taut auf und viele, viele weitere unumkehrbare Entwicklungen treten ein.
Warum bin ich so pessimistisch? – Liebe Frau Ministerin, ich habe Ihre Worte wohl gehört; es müssen eben Taten folgen. Und wenn ich Frau Kollegin Köstinger aufmerksam zugehört und sie richtig verstanden habe, dann hat sie die Ausrede dafür, warum wir die Ziele des zukünftigen Klima- und Energieplans nicht erreichen, gleich mitgeliefert, denn sie sagt: Die anderen erreichen es auch nicht, also müssen wir es auch nicht schaffen!
So geht es nicht, denn die Treibhausgase in Österreich sind in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge gestiegen. Aufgrund unseres Produktions- und Konsumverhaltens würden wir derzeit 3,3 Erden benötigen. Die Erde wird es überleben, liebe Kolleginnen und Kollegen – wir nicht. 3,3 Erden: Wir tun weiter so, als wäre nichts, business as usual, die Bundesregierung legt einen unzureichenden Aktionsplan vor – das haben wir heute schon mehrfach gehört –, und am Montag wurde als Sahnehäubchen im Budgetausschuss auch noch ein Mauterlass für fünf Regionen durch ÖVP, FPÖ und Grüne genehmigt, und das in Zeiten, in denen wir den Klimanotstand hier im Parlament ausgerufen haben.
Als Biologin, liebe Kolleginnen und Kollegen, appelliere ich an Sie: Nehmen Sie die Wissenschaft ernst! Vor einer Woche – das haben wir heute schon gehört – haben wir von 11 000 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern den Appell erhalten, besser gestern als morgen zu handeln. Das ist das Papier (ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe haltend), fünf Seiten, nicht schwer zu lesen und gut verständlich. Nehmen wir diese Wissenschafter ernst! Sie sagen uns auch klar: Es braucht radikale Maßnahmen, nicht ein bisschen Klein-Klein. Radikale Maßnahmen brauchen wir im Bereich der Energieeffizienz, bei der Reduktion der Emissionen und zum Schutz der natürlichen Ressourcen. Wenn wir es nicht tun, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dann stehen wir selbst vor viel, viel größeren Problemen als 6,6 Milliarden Euro Strafzahlungen – nicht nur unsere Kinder, wir selbst werden es erleben; unsere Kinder und Enkelkinder umso mehr.
Ich weiß, dass das ein drastisches Bild ist, aber es ist notwendig, damit endlich einmal etwas getan wird, damit Aktion hineinkommt, und all unser Handeln hier im Hohen Haus, in der Politik – das ist unsere Verantwortung als Politikerin, als Politiker – haben wir dem Ziel der Klimaneutralität unterzuordnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir haben heute schon einen Entschließungsantrag eingebracht und ich bringe jetzt einen zweiten ein. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es ist ein Entschließungsantrag, und damit Sie es besonders leicht haben, diesen Antrag – damit wir ins Handeln kommen – mitzutragen, haben wir ihn von Ihnen abgeschrieben, von Ihnen selbst aus dem Jahr 2014, damals von Georg Willi eingebracht. (Abg. Stögmüller: Wir wissen’s!)
Ich lese den Entschließungsantrag vor:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung des 1-2-3-Klimatickets und einer flächendeckenden LKW-Bemautung“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Umsetzung einer flächendeckenden LKW-Maut in Österreich ohne weiteren Aufschub einzuleiten.“
*****
Was ist so schwierig? – Der Klimanotstand ist da, wir können nicht länger zuwarten. Also bitte, ich lade Sie ein, zum Handeln, in Aktion zu kommen! Natürlich braucht es einen gesamten und abgestimmten Plan, aber fangen wir doch endlich an und warten wir nicht, bis Sie mit den Verhandlungen fertig sind, ein Budget haben und vielleicht in einem Jahr beginnen können, darüber nachzudenken, einen Gesamtplan zu machen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
12.31
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Unselbständiger Entschließungsantrag
der Abgeordneten Alois Stöger diplomé, Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid,
Genossinnen und Genossen
betreffend Einführung des 1-2-3-Klimatickets und einer flächendeckenden LKW-Bemautung
eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus gem. § 19 Abs. 2 GOG-NR „Der nationale Energie-und Klimaplan (NEKP)“
Aus Gründen des Klimaschutzes ist es wichtig, die tatsächlichen ökologischen Kosten des LKW-Verkehrs entsprechend zu vergebühren, um gegenüber der umweltfreundlichen Alternative Schiene eine Kostenwahrheit zu erzeugen und damit den Modal-Split zu Gunsten der Schiene zu verlagern.
Diesbezüglich ist es notwendig, Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen auch auf dem niederrangigen Straßennetz flächendeckend zu bemauten und diese Maßnahme, die bereits seit mehreren Jahren politisch gefordert wird (z.B. Entschließungsantrag der Abg. Georg Willi, Freundinnen und Freunde, 233/AE vom 24.2.2014) ohne weiteren Aufschub einzuleiten.
Aus den Einnahmen der flächendeckenden LKW-Maut soll das 1-2-3 Klimaticket finanziert werden.
Damit klimafreundliche öffentliche Verkehrsmittel für noch mehr Menschen eine echte Alternative zum Auto werden, muss das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln günstiger, schneller und einfacher werden. Dazu soll ein österreichweites Klimaticket eingeführt werden, das es ermöglicht, um 3,-- Euro am Tag alle öffentlichen Verkehrsmittel, also Bahn, Bus und U-Bahn zu benutzen. Wesentlich erscheint ein mehrstufiges Modell, um alle Bedürfnisse abzudecken: Für 2,-- Euro am Tag sind drei Bundesländer abgedeckt und um
1,-- Euro am Tag ein Bundesland.
Sohin soll ein Ein-Bundesland-Ticket 365,-- Euro, ein Drei-Bundesländer-Ticket 730,-- Euro und ein Gesamt-Österreich-Klimaticket 1.095,-- Euro jeweils pro Jahr kosten.
Durch die Einführung dieses Klimatickets sollen die Österreicherinnen und Österreicher die Möglichkeit haben, auf umweltfreundliche öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen und zwar mit einem einzigen Ticket, das auch leistbar ist. Die Mehrstufigkeit des Modells soll dazu führen, dass alle Bedürfnisse an öffentlichen Verkehrsmitteln abgedeckt werden. Das Modell ist unkompliziert und soll damit viele Menschen bewegen, auf saubere und leistbare öffentliche Verkehrsmittel – ohne Verzicht – umzusteigen.
Aus diesem Grund muss auch die Infrastruktur massiv ausgebaut werden: neue Verbindungen am Land und in der Stadt, moderne Bahnhöfe und Haltestellen sowie intelligente Mikro-Verkehrssysteme.
Durch diese Maßnahme ist es auch möglich, die teuren finanziellen Folgeschäden, nämlich Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe, zu verhindern.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Umsetzung einer flächendeckenden LKW-Maut in Österreich ohne weiteren Aufschub einzuleiten.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.
Frau Abgeordnete Dr.in Astrid Rössler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.