14.23

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Werte Mi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, „Novomatic zahlt alle“. Das ist dieser Satz aus dem Ibizavideo, der mittlerweile so et­was wie ein Schlüsselsatz geworden ist, ein Dreh- und Angelpunkt oder letztlich der Ausgangspunkt einer Diskussion rund um Parteienfinanzierung oder mögliche illegale Parteienfinanzierung, rund um Postenschacherdiskussionen, Korruptionsvorwürfe, aber auch um einen Wirtschaftskrimi, auf den ich nun zu sprechen komme.

Man könnte ja sagen, dieses türkis-blaue Casino Royale ist ein Politthriller oder eben auch ein Wirtschaftskrimi. Er hätte ja wirklich eine spannende Handlung, aber es ist halt leider bittere Realität, in der es nicht nur um das Vermögen der Republik Öster­reich geht, um das Vermögen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, um viele, viele spielsüchtige Menschen, an deren Leid die Republik Österreich verdient, sondern auch um das meiner Meinung nach höchste Gut in einer Demokratie, nämlich das Vertrauen der Menschen in Politik, in Politiker und Parteien, das ganz, ganz tief erschüttert ist.

In diesem Politthriller, in diesem Krimi ist die Casinos Austria eine Art Spielfeld, auf dem einzelne Spielfiguren, Läufer, Bauern herumgeschoben werden, und, wie wir schon gesehen haben, in diesem Spiel auch geopfert werden. Doch es gibt eine Gemengela­ge von verschiedenen Interessen, die wir uns näher anschauen müssen.

Es ist ein Riesenschlamassel – das ist aber fast schon verniedlichend ausgedrückt. Dieses Schlamassel, so könnte man meinen, geschieht immer dann, wenn der Staat wirtschaftlich tätig wird und so zum Spielball des Einflusses von Personen, von Par­teien, die sich einen Vorteil herausholen wollen, oder möglichen anderen Interessen bis hin zu internationalen Glücksspielkonzernen, wird. Es darf nicht sein, dass es ein Selbstbedienungsladen ist, aber derzeit schaut alles danach aus.

Was mir in der Definition oder in dieser Debatte wichtig ist: Wir reden von Posten­schacher und auch von Korruption. Korruption ist nach meiner Definition – Sie können das auch nachlesen –, wenn eine Person oder eine Gruppe einer anderen Person oder einer – auch der eigenen – Gruppe einen Vorteil verschafft, den diese Person oder Gruppe nicht hätte, wenn die eine Person nicht in dieser Position wäre. (Abg. Belako­witsch: Das sind aber zwei Paar Schuhe!) Das ist noch nicht strafbar, und das ist jetzt wichtig. Das heißt, zu sagen, wir haben es jedenfalls mit Korruption zu tun, weil ja nach dieser Definition jeder Postenschacher Korruption ist, heißt noch nicht, dass es strafbar ist.

Jetzt komme ich aber zu dem Punkt, der anders als in anderen Fällen ist, und ich kom­me auch noch darauf zu sprechen, dass ich natürlich diese österreichische Folklore der Postenschacherei zutiefst ablehne. In diesem konkreten Fall ermittelt die Staatsanwalt­schaft wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs, der Bestechung und Bestechlichkeit sowie des Verdachts der Untreue. Das heißt, es kommen sehr wohl strafrechtlich rele­vante Vorwürfe mit herein, weshalb wir dies jedenfalls noch tiefer untersuchen müssen und es sich ganz massiv von dem üblichen Postenschacher und der üblichen Parteien­korruption in Österreich unterscheidet. (Beifall bei den NEOS.)

Klubobmann Kickl, den ich jetzt nicht sehe, hat gesagt, das sei ja ganz einfach. Die Ro­ten regen sich auf, weil quasi: roter Postenschacher beendet, jetzt blauer Postenscha­cher; sinngemäß: Was die SPÖ darf, dürfen wir auch.

Abgesehen davon, dass Sie jahrzehntelang durchs Land gezogen sind und den Men­schen vorgegaukelt haben, dass Sie, die FPÖ, die Mächtigen kontrollieren und es ganz anders machen werden, weil dieser Postenschacher ganz übel ist, und die Menschen mittlerweile sehen, dass Sie immer – immer! –, wenn Sie an den Futtertrog kommen, ganz ordentlich tief hineinfassen und es ganz genauso und vielleicht noch plumper, je­denfalls aber noch ärger machen – was aber Sie Ihren Wählerinnen und Wählern er­klären müssen –, ist es nicht so einfach, denn – und das möchte ich schon noch einmal in aller Deutlichkeit sagen –, es gibt auch Meinungen wie zum Beispiel jene von Peter Doralt, ehemaliger WU-Professor, Rechtswissenschafter: Er hat zuletzt in einem Gast­kommentar zu Recht, wie ich meine, darauf hingewiesen, dass jegliche Postenscha­cherei grundsätzlich rechtswidrig ist, und dass wir es in diesem konkreten Fall mit meh­reren Rechtswidrigkeiten – Herr Minister, im Übrigen auch nach dem Aktiengesetz, weil Sie immer wieder die rechtliche Situation betont haben – zu tun haben. Ich bedauere es sehr, Herr Kogler, dass den Grünen der scharfe Zahn in der Kritik am Postenscha­cher rund um die Verhandlungen mittlerweile gezogen scheint. Wir werden das aber im Auge behalten.

Wir haben den Verdacht der Absprachen. (Abg. Belakowitsch: Verdacht! Sie tun so, als wäre das schon alles ...!) Es ist die Frage – wurde schon diskutiert –: Gab es da ein Quidproquo? Es gibt die Geschichte, dass man sagt – weiß ich nicht –, Novomatic zahlt an einen Verein oder hat eine Verbandelung mit der FPÖ, und dafür gibt es das Einbringen von Novomatic-Interessen in die Verhandlungen. (Abg. Belakowitsch: Auch das ist ein Verdacht! Das ist alles Konjunktiv!) Gibt es im Gegenzug irgendeine Begünstigung bei Gesetzen? – Das müssen wir anschauen, denn es ist den Menschen in diesem Land und dem Vermögen dieses Landes gegenüber untragbar, wenn der Verdacht im Raum steht, dass diese Absprachen, eine Art Quidproquo, bestehen könn­ten.

Ja, es ist dringlich, denn – jetzt komme ich zu einem ganz relevanten Punkt – auch wir halten es für denkunmöglich, dass die ÖVP, die Regierungsspitze, von dieser Posten­schacherei rund um die Casinos nichts gewusst hat. Ich weiß, Sie sind sehr schnell mit Klagsdrohungen, das habe ich schon mitbekommen. Offensichtlich ist die Nervosität groß, aber ich glaube nicht, dass in einer Zeit, als die Messagecontrol groß ge­schrieben war – wir lesen jetzt auch, dass es um richtige Postenschacherpakete ge­gangen ist, bei ÖBB, Austro Control, Öbag und bei den Casinos als ein Spielball –, Sie, die Regierungsspitze, Gernot Blümel und Sebastian Kurz – verzeihen Sie – davon, je­denfalls von den Postenbesetzungen, nichts gewusst haben. Wenn auch nur irgendwo an einer Stelle einer den Verdacht geäußert hat, dass es da noch eine Absprache mit der FPÖ und der Novomatic in dieser Causa gibt, dann haben Sie möglicherweise et­was billigend in Kauf genommen, und das geht gar nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist hier auch eine Dringlichkeit in Bezug auf die Öbag gegeben, auch das wurde schon angesprochen. Herr Finanzminister, Sie haben im Zusammenhang mit der Öbag die tolle Beteiligungsstrategie gelobt. Wo ist die? – Die Öbag verwaltet das Vermögen der Republik, wichtige Beteiligungen. Wir NEOS haben als einzige Partei gegen dieses Gesetz gestimmt.

Warum? – Da gibt es zwei Gründe: Da wäre einerseits ein Alleinvorstand, wobei vor der Ausschreibung, die er sich selber geschrieben hat, schon feststeht, wer das wird. Der zweite Grund ist: Es sollen weitere Beteiligungen eingegangen werden, ist in Inter­views zu lesen.

Ja wo ist denn die Strategie? Ich habe keine gesehen. Interessant! Jetzt sind wir mitten in dem Schlamassel drinnen, dass der Alleinvorstand, der auch gar nicht so leicht zu kündigen oder zu suspendieren ist, weil er ja Alleinvorstand ist, Beschuldigter in einem Verfahren ist – und der war ganz tief drinnen in der ÖVP, und das wissen wir auch.

Was wir daran sehen: Es wird immer problematisch, wenn der Staat direkt wirtschaft­lich tätig wird. Es gibt immer ein Gemauschel, es gibt immer Interessenkonflikte. Es gibt leider immer diesen Hang zur Selbstbedienung und auch zur Korruption, das sage ich ganz klar. Was auf jeden Fall gar nicht geht, ist, dass der Staat daran verdient, dass Menschen, die spielsüchtig sind, ins Unglück gestürzt werden. Sie konnten vor Kurzem von einem Fall lesen – und da geht es nicht um die böse Novomatic, sondern um die angeblich gute staatliche Casinos Austria sowie um WinWin, eine Tochter der Casinos Austria –, dass ein Spieler über 630 000 Euro verspielt hat, zum Teil Summen über 30 000 Euro pro Tag. Österreichische Beteiligung! Es ist angeblich so wichtig, dass der Staat sich beteiligt, denn dann gibt es einen Spielerschutz. – Den gibt es nicht! Wo ist der Spielerschutz?

Es kann doch nicht sein, dass die Aufgabe des Spielerschutzes, also die Kontrolle, die Aufsicht, in der Hand der Eigentümervertretung liegt! Das heißt, die Behörde, die ein Interesse daran hat, dass es möglichst viele spielsüchtige Menschen gibt, damit das Unternehmen gut läuft, sollte gleichzeitig die Tätigkeit kontrollieren! Geht das? – Wahr­scheinlich nicht, und das haben wir ja gesehen. (Abg. Belakowitsch: Welchen Vor­schlag haben Sie?)

Jetzt komme ich noch ganz zum Schluss – ich weiß, meine Kollegen schauen schon – zum Wirtschaftskrimi. Herr Klubobmann Kickl hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das natürlich auch ein Spielball der unterschiedlichen Interessenlagen ist. Ja, hier gibt es die Tschechen mit der Sazka-Gruppe, die natürlich ein Interesse haben. Man liest von geplanten Börsengängen et cetera, wo Konsolidierungen und daher auch mehr Einfluss in der Casag gewünscht werden.

Das schauen wir uns natürlich auch genau an, aber an dieser Stelle sieht man wieder, was für ein Schlamassel passiert, wenn eben nicht geeignete Personen hingesetzt werden.

Es ist nicht das Problem, das Sie jetzt auf die Abgeordneten abwälzen können, die hier angeblich quasi das Geschäft der Sazka erledigen, wenn wir diesbezüglich Aufklärung verlangen, sondern das Problem ist, dass Sie dort unfähige Personen hingesetzt ha­ben und sich ganz offensichtlich als BMF, als Eigentümervertreter in dieses große in­ternationale Casino Royale hineinbegeben haben, und damit muss auch ein Ende sein.

Es ist kein blauer Skandal, es ist ein türkis-blauer Skandal. Wir werden klären, was Se­bastian Kurz, Gernot Blümel wussten. Ein Untersuchungsausschuss ist unvermeidlich, der wird auch kommen. Es ist aber zu wenig – und da gebe ich Werner Kogler recht –, mit dem Finger auf die Fehler zu zeigen. Wir müssen nach vorne schauen und es bes­ser machen. Deshalb braucht es endlich ein Transparenz- und Antikorruptionspaket. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte.