13.11

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungs­mitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! „#HassimNetz ist ein widerliches Phäno­men unserer Zeit. So etwas darf“ in unserer Gesellschaft „keinen Platz haben“, die neue Regierung wird entschieden dagegen auftreten – so die Worte des Bundeskanz­lers, die man ja sehr gut nachvollziehen kann. Es ist nicht angenehm, im Zentrum ei­nes sogenannten Shitstorms zu stehen, Zielscheibe von gehäuften groben Hasspos­tings zu sein. Diese Erfahrung haben ja schon viele von uns gemacht, ich selbst war 2017, als ich als Kandidatin der Freiheitlichen Partei nominiert wurde, dran und bin auch nach Reden immer wieder einmal Zielscheibe.

In den vergangenen Tagen war auch die aktuelle Justizministerin dran. Interessanter­weise haben sich Postings, die da abgebildet wurden, mit denen, die auch ich bekom­men habe, gedeckt. Das alles ist ab einer gewissen Bedrohungsstufe natürlich nieder­trächtig, wie es der scheidende Justizminister bezeichnet hat; wenn es ein gewisses Niveau unterschreitet, ist es mehr als unangenehm und ebenfalls niederträchtig.

Vor einigen Monaten war aber auch ein junger Mann dran, und verantwortlich dafür war wiederum die aktuelle Justizministerin. Damals hat sie – noch als Abgeordnete der Liste Pilz – auf Twitter das Foto eines jungen Mannes geteilt und veröffentlicht, der aus dem Fenster gewunken hat. (Ruf bei den Grünen: „gewunken“!) Dazu schrieb sie noch die netten Worte: „Keine Toleranz für Neonazis, Faschisten und Rassisten“. Das ist schon mit sehr viel Selbstgerechtigkeit behauptet worden, dieser Mensch hat nämlich einfach gegrüßt (weitere Zwischenrufe bei den Grünen), wie auch ein späteres Video und die Zeugenaussagen und so weiter gezeigt haben. Die Frau Justizministerin hat aber im Gericht gesagt, sie wollte sich da unbedingt in die Debatte um den Rechts­extremismus einschalten und für sie sei das ein verbotener Gruß gewesen.

Welche Folgen hatte dieser Tweet für den jungen Mann? – Er war tagelang in den Me­dien und im Internet bloßgestellt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Tomaselli und Krisper.) Es war der Vorwurf einer strafbaren Handlung, der da in die Öffentlichkeit gelangte, der ihn ins Gefängnis hätte bringen können. Er war aber im Unterschied zum Verursacher dieses Shitstorms, dem er ausgesetzt war, kein geschützter Abgeordne­ter; es gab keinen Klub, der hinter ihm steht, und er hatte kein Nationalratsgehalt. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Stögmüller und Tomaselli.)

Ich würde sagen, auch dieser Tweet war sozusagen Hass im Netz. Es war auch ein „wi­derliches Phänomen unserer Zeit“, wie es der Herr Bundeskanzler ausdrückt, es war auch eine gesellschaftsspaltende Handlung, wie es der nunmehrige Vizekanzler aus­drückt. Das geht alles nicht nur in eine Richtung. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Die Frage ist, wie man mit diesem „Phänomen unserer Zeit“ umgeht. Geht man damit auch mit ein bisschen Einsicht und Selbstreflexion um – gerade auch wir politischen Amtsträger müssen da sorgsam sein (Abg. Leichtfried: Also das ist eine schlechte Re­de! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller); darauf hoffe ich auch, wenn die Justizminis­terin jetzt eine staatstragende Rolle hat –, setzt man sinnvolle Maßnehmen im Straf­recht, oder nutzt man so eine Diskussion über Hass im Netz, um auch unliebsame Kri­tiker und Oppositionelle loszuwerden? Nutzt man das als Gelegenheit, um in die Mei­nungsfreiheit, in die Vereinsfreiheit einzugreifen und in Richtung eines Meinungs- und Gedankenstrafrechts zu gehen?

Damit komme ich jetzt zu einem Schwerpunkt des Regierungsprogramms, der hier heute nur etwas verschämt debattiert wurde – mit gutem Grund. Unter dem Titel Kampf gegen Rechtsextremismus sind da Maßnahmen versteckt, die unglaublich sind. Ich sage: angeblicher Rechtsextremismus, denn wenn die Maßnahmen wirklich gegen Ex­tremismus in alle Richtungen gerichtet sind, dann ist das ja vollkommen in Ordnung und sind wir sicher bei einem Großteil dabei, denn Extremismus ist, wenn man bereit ist, mit Gewalt staatsfeindliche Ziele umzusetzen. Hier wird aber rechts und rechts­extrem vermischt, und noch dazu geht es nur darum, wenn es von gewissen Personen – sehr oft von Freiheitlichen oder sonstigen rechten Aktivisten – kommt (Abg. Stögmül­ler: Ihr seid oft dabei, das stimmt, ja!); es gibt nämlich auch rechte Aktivisten und nicht nur linke. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Letztlich bedeutet das Ganze: Wer Migration und ihre Auswirkungen, viele ihrer Aus­wirkungen, kritisch sieht, wer Parallelgesellschaften kritisch sieht, wer sich islamkritisch äußert, wird hier schon, wenn es beliebt, als rechtsextrem eingestuft. Und da sind Maßnahmen vorgesehen, die ich für sehr, sehr bedenklich halte, etwa Maßnahmen, „um Vereine, die staatsfeindliches Gedankengut [...] verbreiten“ – wie gesagt: Gedan­kengut –, „wirksam zu bekämpfen“. Hier sind aber nicht radikale Moscheen und deren Imame beispielhaft angeführt, die wirklich unsere Verfassung durch die Scharia erset­zen wollen oder die mit unserem Verständnis von Gleichberechtigung von Mann und Frau ein fundamentales Problem haben, sondern beispielhaft wird eine rechte Aktivis­tengruppe angeführt, die migrationskritisch und islamkritisch ist – so wie auch die ÖVP in vielen Teilen.

Angeführt sind: „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“; „Ausweitung von Schulwork­shops [...] zur Rechtsextremismusprävention“; „Beratung und Aufklärung“ über neue Rechte und Rechtsextremismus; „Mobile Kompetenzstelle gegen Rechtsextremis­mus“ – ich stelle mir das ein bisschen so vor wie die mobile Alten- und Krankenpflege; man fährt da von Haus zu Haus und sucht überall Rechtsextremismus (Zwischenrufe bei den Grünen) –; „Informations- und Aufklärungskampagne gegen Rechtsextremis­mus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“; „Schaffung einer [...] Internetplatt­form zur Information über Rechtsextremismus“ (Rufe bei den Grünen: Ja!); „Einberu­fung eines jährlichen Koordinationsausschusses [...] zur Bekämpfung des Rechtsextre­mismus“; „Fokus Rechtsextremismusprävention“. (Beifall bei Abgeordneten der Grü­nen. – Abg. Stögmüller: Ja, das wollen wir! – Weitere Rufe bei den Grünen: Ja!)

Wie gesagt, wenn es wirklich um Rechtsextremismus geht und vor allem um Extremis­mus in alle Richtungen, sind wir dabei. Es wird ja hier nicht einmal der Schein gewahrt, dass man Extremismus in alle Richtungen bekämpfen will (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), sondern es geht nur um einen, und da aber nicht um den echten Extre­mismus, sondern um rechte Positionen. Das sind Maßnahmen, die wirklich massivst in die Grundrechte der Meinungs-, Vereins- und Versammlungsfreiheit eingreifen.

Ich würde aufgrund dieser Einseitigkeit, die meiner Meinung nach fast schon ein bissl pathologische Züge hat, von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sprechen, und ich hoffe sehr, dass es nicht zu diesen Maßnahmen kommt. Es kann nicht euer Ernst sein, dass solche Einschränkungen der Grundrechte von Bürgern, die vielleicht kriti­sche, aber zulässige Positionen haben, kommen, und ich hoffe auch da sehr auf unse­ren Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt, dass er so etwas niemals zulassen wür­de. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.18

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Michael Hammer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.