14.27

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte KollegInnen in diesem Hohen Haus! Sehr geehrte ZuseherInnen auf der Galerie und natürlich vor den Bildschirmen! Zunächst möchte ich heute in meiner ersten Rede als Sprecherin für Menschen mit Behinderungen der grü­nen Fraktion auf den Tätigkeitsbericht des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung über das Jahr 2018 eingehen. Abschließen möchte ich mit den Aspekten, die mir persönlich vor allem in meiner Funktion als Sprecherin am Her­zen liegen.

Ich möchte mich bei Herrn Dr. Hofer und seinen MitarbeiterInnen herzlichst für ihren unermüdlichen Einsatz im Interesse der Menschen mit Behinderungen in Österreich bedanken. Der umfassende Tätigkeitsbericht und die hohe Zahl der Kontaktstunden zeigen, wie wichtig ihre Rolle ist. Vielen Dank! (Beifall bei Grünen, ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Wie Herr Dr. Hofer und sein Team darlegen, hat sich im letzten Jahrzehnt die Rechts­durchsetzung bei Verletzung des Diskriminierungsverbots verbessert. Auch die Vernet­zung von Einrichtungen, die sich aktiv gegen Diskriminierungen aufgrund einer Behin­derung einsetzen, wurde international ausgebaut. Damit jedoch – und das wissen wir alle hier – Menschen mit Behinderung in Österreich wirklich selbstbestimmt an unserer Gesellschaft teilhaben können, würde ich jetzt einmal sagen, gibt es in folgenden Le­bensbereichen Optimierungs- beziehungsweise Handlungsbedarf: von der inklusiven Bildung als wesentlicher Voraussetzung für den inklusiven Arbeitsmarkt, dem Fördern des inklusiven Sportangebots über Lohn statt Taschengeld bis hin zur Erarbeitung bun­deseinheitlicher Rahmenbedingungen für die persönliche Assistenz. Zu diesem Zweck prüfen wir ja die Einführung eines Inklusionsfonds. Ich möchte dazu auch anmerken, dass ein Entschließungsantrag der NEOS eingebracht werden wird, dem wir natürlich gerne zustimmen werden. Vielen Dank dafür.

Zum Thema Abbau von Barrieren, sowohl physischer wie auch psychischer, ist es not­wendig, in der Stadt- und Wohnbauplanung wie in der Verkehrsplanung Sensibilisie­rungsmaßnahmen zu starten.

Es ist essenziell, die VertreterInnen der Selbstbestimmt-Leben-Vereine einzubeziehen und Bedürfnissen nach barrierefreiem Wohnen und barrierefreien Städten und Umge­bungen nachzukommen. Gleichzeitig soll Barrierefreiheit als Pflichtfach in einschlägi­gen Ausbildungen verankert werden.

Ich durfte zwei Jahre lang als Inklusionsassistenz und Mitbewohnerin einer inklusiven Wohngemeinschaft in Graz wertvolle Erfahrungen no na net – sammeln und habe mit Menschen mit Behinderungen und mit Menschen ohne Behinderung gewohnt. Einige Vorurteile und Meinungen habe ich da in meinem Zusammenleben und Arbeiten natür­lich abbauen können, und daher ist es mir ein besonders wichtiges Anliegen, dass wir über die stereotype Darstellung von Menschen mit Behinderungen in der Werbung sprechen und diese aufbrechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich will gemeinsam mit den Vereinen, mit den Organisationen, aber natürlich auch mit Ihnen, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, eine Strategie erarbeiten, wie wir das Bild, die Darstellung von Menschen mit Behinderungen in Österreich in den Köpfen und auch in der Öffentlichkeit aufbrechen. Wir müssen endlich weg von diesem Bild von Menschen mit Behinderungen als EmpfängerInnen von Leistungen hin zu einem Bild von Menschen mit Behinderungen als TrägerInnen von Rechten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Künsberg Sarre.– Danke.

Ein weiterer wichtiger Punkt meinerseits ist das Thema Sexualität und Behinderung. Es fehlt an Ansprech- und Vertrauenspersonen, damit Menschen mit Behinderungen ös­terreichweit und flächendeckend einen niederschwelligen Zugang zu guter, professio­neller sexualpädagogischer Aufklärung bekommen, denn die Autorinnen der Studie des Sozialministeriums mit dem Titel „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Men­schen mit Behinderungen“ schreiben wortwörtlich, dass dieser große „Mangel an Per­sonen, mit denen die befragten Menschen [...] über sehr persönliche Themen wie Se­xualität sprechen können“, auch Auswirkungen auf die Möglichkeit hat, „Erfahrungen sexueller Gewalt“ anzusprechen. Die Studie ergab weiters, dass die BetreuerInnen – nicht ganz überraschend – die wichtigsten Ansprechpersonen für persönliche Themen sind. Daraus ergibt sich auch, dass die Betreuungsschlüssel verbessert werden müs­sen, dass gut geschult werden muss oder dass mit einem entsprechenden Angebot entlastet werden muss. Ich kann dem aus meiner persönlichen Erfahrung nur zustim­men.

Selbst wenn ich nur ein wenig Erfahrung in dieses Parlament mitbringe, möchte ich klarstellen, dass ich mich als repräsentative Sprecherin sehe. Das bedeutet, dass nie­mand die Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen besser kennt als Menschen mit Behinderungen. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Wurm.)

Ich werde in den kommenden Wochen und Monaten, hoffentlich Jahren viele Gesprä­che führen und freue mich auf einen konstruktiv-kritischen Dialog mit betroffenen, be­teiligten, interessierten KollegInnen, völlig egal: Alle her an einen Tisch! Lassen Sie uns einander kennenlernen! Lassen Sie uns gut miteinander diskutieren, und lassen Sie mich bitte an Ihren Erfahrungen und an Ihrem Wissen teilhaben!

In diesem Sinne ein letztes Wort an meine wertgeschätzten Kolleginnen und Kollegen: Ich freue mich auf eine fraktionsübergreifende gute Zusammenarbeit. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

14.33

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.