20.11

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Da­men und Herren! Geschätzter Herr Minister! Mit dem Ausscheiden der Babyboomer aus dem Erwerbsleben ab spätestens 2030 droht Österreich bald ein akuter Pflege­notstand. Zur selben Zeit wird es auch eine Pensionierungswelle beim Pflegepersonal geben. Etwa 8 000 diplomierte Pflegerinnen und Pfleger sind inzwischen über 55 Jahre alt. Aufgrund weniger Nachkommen und geänderter Rahmenbedingungen – Single­haushalte, höhere Mobilität, kleinerer Wohnraum – stehen in Zukunft auch weniger pflegende Angehörige zur Verfügung. Ganz allgemein kann ich also sagen: Dass sich die FPÖ für die häusliche Pflege einsetzt, ist durchaus begrüßenswert, dennoch sind wir NEOS davon überzeugt, dass zunächst ein umfassendes Pflegekonzept vorgelegt werden muss, bevor über die Finanzierung diskutiert werden kann.

Im Antrag der FPÖ heißt es: „Pflegebedürftige, die daheim betreut und gepflegt wer­den, sollen um 50 Prozent mehr Pflegegeld in allen Pflegegeldstufen ab der Stufe 3 er­halten. Diese sollen auch nach dem Anpassungsfaktor valorisiert werden. Die Grund­lage für den Anpassungsfaktor ist der Richtwert. Der Richtwert für die Pensionsanpas­sung ist so festzusetzen, dass die Erhöhung der Pensionen auf Grund der Anpassung dem Richtwert der Erhöhung der Verbraucherpreise entspricht. Der Richtwert für das Jahr 2020 lautet 1,018.“

Was ich hier lese, ist wichtig und muss ohne Zweifel diskutiert werden. Es ist aber un­umstößlich, dass einem Finanzierungskonzept eine gemeinsam erarbeitete Struktur vorangehen muss. Wir NEOS haben bereits Anfang 2019 einen internen Prozess ge­startet, an dessen Ende wir ein fast 20-seitiges Pflegekonzept vorgelegt haben. Wir ha­ben zunächst in zahlreichen Bürgerforen in Dornbirn, Salzburg, Linz, Graz, Sankt Pöl­ten und Wien die Themen Prävention, pflegende Angehörige, Pflegeberufsbilder sowie mobile und stationäre Pflege besprochen. Erst danach haben wir unser Finanzierungs­konzept vorgestellt.

Die vielen intensiven Gespräche haben gezeigt, dass es bei diesem so sensiblen The­ma wichtig ist, zuerst zuzuhören und miteinander zu reden und erst dann politische Positionen zu erarbeiten. Jeder Mensch ist Experte seines eigenen Lebens, und jeder Mensch hat das Recht, in Würde und Sicherheit älter zu werden. Dafür müssen wir die Pflege neu denken und somit Generationengerechtigkeit weiterdenken. Das verlangt, veraltete Strukturen zu überwinden. Aufgabe der Politik ist es, eine Vielfalt an innovati­ver und flexibler Betreuungs- und Pflegeversorgung anzubieten.

Neue Versorgungsmodelle benötigen einerseits eine Vereinheitlichung der Standards, um die ungerechten Unterschiede zwischen den Bundesländern zu beenden, und an­dererseits die Fokussierung auf den einzelnen Menschen. Personenbezogene Pflege bedeutet individualisierte Leistungen.

Abschließend möchte ich sagen, dass Bildung als Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben auch beim Thema Pflege eine ganz wesentliche Rolle spielt. Pflege neu zu den­ken und Generationengerechtigkeit weiterzudenken heißt, Menschen in ihrer Eigenver­antwortung zu stärken und sich um die Menschen zu sorgen, die nicht mehr allein für sich selbst sorgen können. Es braucht mutige Visionen mit Vernunft, Augenmaß und Hausverstand. So sieht eine Pflegereform aus: zuerst ein Pflegekonzept, dann die Fi­nanzierung. Das gilt übrigens nicht nur für die FPÖ, sondern auch für die neue Re­gierung. Wir NEOS haben ein Pflegekonzept und stehen damit gerne zur Verfügung. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

20.15

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Kollege Josef Muchitsch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.