20.15
Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir wissen, dass dieser Antrag nicht die Probleme lösen wird, jene Probleme, die wir alle vor Augen haben, nämlich die Sicherung einer langfristig funktionierenden Pflege. Dazu bedarf es einer umfassenden Pflegereform. Wie alle Parteien hier bereits Konzepte erarbeitet haben, weil uns das Thema schon länger verfolgt, haben auch wir von der SPÖ, Herr Bundesminister, ein klares Konzept bereits im Dezember 2018 vorgelegt. Es hat eine ganz klare Stoßrichtung, nämlich in Richtung eines Pflegegarantiefonds, in dem wir die bestehenden Mittel, die bereits jetzt zwischen Bund und Ländern aufgewendet werden, zusammenfassen. Wir sagen, die Pflege insgesamt, mit allen Herausforderungen, gehört über den Bund organisiert und gesteuert, denn letztendlich wollen wir die Menschen von Beginn eines Anlassfalles bis zur Beendigung der Pflege mit Pflegeservicestellen in den Regionen unterstützen.
Es ist mir sehr wichtig, hier noch anzuführen, dass sich die Pflege eine gewisse Qualität verdient hat. Dazu bedarf es vieler Maßnahmen im Bereich der Angehörigen, im Bereich des Pflegepersonals. Ich möchte die Gelegenheit nun auch nutzen, um mich bei allen pflegenden Angehörigen und bei allen Menschen, die in diesem schweren Job Pflege durchführen und Menschen pflegen, recht herzlich für ihre tolle Arbeit für die Menschen, die diese Hilfe brauchen, zu bedanken. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Abg. Gabriela Schwarz.)
Deswegen glaube ich, Herr Bundesminister, ist es wichtig, dass Sie Klarheit schaffen und sagen: Es kommt keine Pflegeversicherung, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Kasse gebeten werden. – Wenn man sich aber die Meldungen in den Medien der letzten Tage anschaut, so stellt man fest, dass zum Beispiel Bundeskanzler Kurz am 14. Jänner 2020 gesagt hat: „Die geplante Versicherung soll zunächst keine zusätzlichen Sozialabgaben verursachen [...]“ – zunächst keine zusätzlichen Sozialabgaben.
Er geht noch weiter: „Der ÖVP schwebt u.a. eine Finanzierung über Mittel der Unfallversicherung [...] vor. Im ersten Schritt sollen die Sozialabgaben jedenfalls nicht steigen [...]“ – im ersten Schritt!
Mein Stellvertreter im Ausschuss für Arbeit und Soziales, August Wöginger, sagte am 12. Jänner: „Wir möchten eine eigene Säule in der Sozialversicherung ansiedeln, genannt Pflegeversicherung“.
Ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, schaffen Sie Klarheit, damit die Menschen wirklich wissen: Die Pflege, egal, in welcher Form sie finanziert wird, wird nicht auf Kosten und zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern finanziert werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich ersuche Sie, diesbezüglich Klarheit zu schaffen, und bringe deshalb folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine zusätzliche Belastung der Menschen durch eine Pflegeversicherung“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, keinesfalls eine Pflegefinanzierung durch eine weitere Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umzusetzen und daher keine Pflegeversicherung einzuführen.“
*****
Wenn Sie diese Klarheit wollen, geschätzte Damen und Herren, auch Sie von den Grünen, dann stimmen Sie bitte diesem Antrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)
20.19
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Muchitsch
Genossinnen und Genossen
betreffend keine zusätzliche Belastung der Menschen durch eine Pflegeversicherung
eingebracht im Zuge der Debatte zu Antrag 1467A(E)/30 dB
Plant die Schwarz-Grüne Regierung die Einführung einer Pflegeversicherung?
Anzeichen dafür gibt es genug. Zum einen das Regierungsabkommen, in dem sich auf Seite 245 die Pflegeversicherung findet. Zum anderen, die Aussagen von Regierungsmitgliedern, allen voran Bundeskanzler Kurz:
Neues Volksblatt vom 14.1.2020: Die geplante Versicherung soll zunächst keine zusätzlichen Sozialabgaben verursachen, sondern über bestehende Mittel durch Verschiebungen und Hebung von Potenzialen finanziert werden. Der ÖVP schwebt u. a. eine Finanzierung über Mittel der Unfallversicherung AUVA vor. Im ersten Schritt sollen die Sozialabgaben jedenfalls nicht steigen, er könne aber nicht sagen, was in 30 Jahren sein werde, so Kurz. Pflegebedürftigkeit sei ein „Lebensrisiko“, zu dem man sich bekennen müsse.
Oder Bundesminister Anschober:
TT vom 14.1.2020: Die Finanzierung der Pflegeversicherung „wird hauptsächlich aus öffentlichen Geldern erfolgen. Die Details soll eine Task Force klären, wo wir Bund, Länder und Gemeinden an einen Tisch bringen.“ Ein System wie in Deutschland sei nicht das Ziel, meint Anschober.
Noch deutlicher wird der Klubobmann der ÖVP Wöginger:
ORF-Hohes Haus vom 12.1.2020: „Wir möchten eine eigene Säule in der Sozialversicherung ansiedeln, genannt Pflegeversicherung…..“
Die Gesamtkosten der Pflege betrugen 2018 rund 6,8 Mrd. Euro und sind damit innerhalb von 2 Jahren, also von 2016 auf 2018 um rund 1,8 Mrd gestiegen.
Sollten also Schwarz-Grün darüber nachdenken z B den Anstieg der Pflegekosten durch eine Pflegeversicherung abdecken zu wollen, bedeutet alleine das für die Versicherten schon eine Mehrbelastung von rund einer Milliarde jährlich.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, keinesfalls eine Pflegefinanzierung durch eine weitere Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umzusetzen und daher keine Pflegeversicherung einzuführen.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt Mag. Ernst Gödl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.