9.49

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer der Schulklassen der HTL Hallein und der HTL Sankt Johann, wir hatten ges­tern schon ein erstes Kennenlernen zu Umweltthemen! Hohes Haus! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher vor den Bildschirmen!

Ich möchte mich gerne dem zweiten Thema widmen: Güterverkehr, Transit, aber auch der Bevölkerung, der Frage, wie wir die Bevölkerung und die Umwelt von Lärm und Luftschadstoffen, die Auswirkungen der starken Zunahme des Verkehrs sind, entlasten können.

Was bedeutet denn die Entwicklung des Güterverkehrs tatsächlich für die Bevölke­rung? – Es geht um Gesundheit, es geht um Lebensbedingungen, es geht um Umwelt­bedingungen und natürlich um den Klimaschutz, der heute genauso Thema ist. Die weitere Verlagerung des Gütertransports auf Lkws und die Zunahme des Lkw-Verkehrs in Zahlen ausgedrückt bedeutet zum Beispiel für ein Bundesland wie Salzburg inner­halb der letzten fünf Jahre Zunahmen, die deutlich über die wirtschaftliche Entwicklung hinausgehen. Es gibt also erstmals eine starke Entkoppelung von Wirtschaftswachs­tum und Verkehrszunahme an Standorten wie Wals an der Autobahn A 1 mit plus 6 Prozent und Hallwang mit plus 10 Prozent; auf der A 10 Richtung Süden – also auch eine Transitstrecke – gibt es eine Zunahme des Lkw-Verkehrs von 13 Prozent und im Lungau von sagenhaften 19 Prozent. Was das für die Bevölkerung bedeutet, kann sich, glaube ich, jeder von Ihnen hier vorstellen. Das waren die letzten fünf Jahre; das heißt, die rechte Autobahnspur ist in Österreich inzwischen zur rollenden Lagerhalle geworden.

Was bedeutet das für den Lärm? – Wir haben die Lärmaktionspläne, Umgebungslärm-Aktionspläne, die zeigen, welches großflächige Ausmaß die Lärmbelastung bereits an­genommen hat. Mehr als die Hälfte der Salzburger Gemeinden, einschließlich der Stadt Salzburg, sind bereits so stark von Lärmüberschreitungen betroffen, dass wir tatsäch­lich mehr als 400 Ansuchen um Lärmschutzwände haben, von denen wir maximal zehn bis 20 pro Jahr abarbeiten können. Es ist ein ungeheurer Kostenfaktor, eine Verlage­rung der Auswirkungen der Emissionen auf die Bevölkerung und in Wahrheit auf die öffentliche Hand. In Wahrheit zahlen wir alle gemeinsam die Umweltauswirkungen und die schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung durch fehlende Kostenwahrheit im Güterverkehr. (Beifall bei den Grünen.)

Die Lärmbelastung hat noch eine weitere Auswirkung. Durch die stark belasteten Ortsdurchfahrten, den Ausweichverkehr werden maßgebliche Siedlungsbereiche unbe­wohnbar. Wir haben bereits Leerstände an Ortsdurchfahrten, die durch die Lärmbelas­tung, die mit dem Verkehr verbundene Umweltbelastung – Staub, durch den Schwer­verkehr verursachte Erschütterungen – und die schlechte Luftqualität verursacht wer­den; Leerstände, die dann wieder dazu drängen, in der Raumordnung neue Bauland­flächen auszuweisen. Das bedeutet eine Schwächung der Ortszentren, die Verlage­rung des Wohnens und Arbeitens in Bereiche außerhalb der Ortszentren – mit allen damit verbundenen Auswirkungen – und natürlich mehr Verkehr. Es ist also eine Spi­rale, in der wir uns befinden.

60 Gemeinden im Land Salzburg sind so stark von Verkehrslärm betroffen, dass die Schwellenwerte zum Schutz der Gesundheit bereits überschritten sind. In manchen Gemeinden sind sogar bis zu 40 Prozent der Bevölkerung betroffen, das sind Gemein­den, in denen fast die Hälfte der Menschen unter gesundheitsschädlichen Lärmbelas­tungen leidet.

Die Kapazitätsengpässe der Hauptrouten verursachen vor allem Ausweichverkehr. Auch Salzburg zieht die Notbremse und erlässt ein Transitfahrverbot im Flachgau, na­türlich mit Auswirkungen auf die angrenzenden Gemeinden, das Bundesland Oberös­terreich und das angrenzende Bayern. Das heißt, da regt sich sofort Widerstand, daher ist mein Appell in dieser Debatte: nicht durch Verlagerung zu versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen, sondern natürlich durch Entlastung, durch Verringerung des Verkehrs, durch Verlagerung auf die Schiene und natürlich auch durch entsprechende Kostenwahrheit. Wir brauchen die Kostenwahrheit im Verkehr, sonst schaffen wir es nie, eine Verlagerung auf die Schiene zu erreichen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Kühberger und Smolle. – Abg. Leichtfried: Da hat jetzt von der ÖVP niemand geklatscht!)

Tatsächlich sind die Luftschadstoffe in einem großen Ausmaß Stickstoffdioxide, und es hört sich vielleicht harmlos an, Stickstoff und Dioxid, aber in Wahrheit ist es ein lun­genschädigendes Reizgas, das die Immunkräfte von Menschen stark reduziert, das zu einer Schwächung führt, das vor allem bei sensiblen Bevölkerungsgruppen, allen voran Kindern, zu massiven Verschlechterungen der Gesundheit führt: zu Anfälligkeit für Asthma, zu häufigeren Lungenerkrankungen. Das sind gesundheitliche Auswirkungen, die so von uns nicht mehr weiter toleriert werden dürfen. Das heißt, wir brauchen alle Maßnahmen, es genügt nicht, anzufangen zu fragen, ob die eine oder andere Maß­nahme möglich ist und ob sie notwendig ist, sondern es ist klar, dass sie notwendig ist, dass sie dringend ist!

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (fortsetzend): Das braucht die Unterstützung aller und das bedeutet, dass die Diskussion nicht auf emotionaler, sondern wirklich auf fak­tenbasierter Ebene zu führen ist, damit wir zu einer Verbesserung, zu einer dringend erforderlichen Verbesserung kommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

9.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Bun­desgymnasiums aus der Boerhaavegasse aus Wien recht herzlich bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.