17.40
Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte ZuseherInnen hier und in ganz Österreich! Die Maßnahmen, die wir zum Schutz vor der Ausbreitung des Coronavirus ergreifen mussten, haben unseren Alltag so schnell und so sehr verändert, wie wir es uns kurz zuvor nicht hätten träumen lassen.
Je nachdem welchem Beruf wir nachgehen, ist unser Alltag entweder komplett zum Stillstand gekommen oder er hat sich extrem beschleunigt. All das hat nicht nur gravierende Folgen für die Wirtschaft als Ganzes und für unsere einzelnen Arbeitsplätze, sondern es hat auch Auswirkungen im Bereich der Justiz und der Verwaltung. Während unser gewohnter Alltag pausiert, laufen Fristen weiter, ist der hochkomplexe Betrieb aufrechtzuerhalten und sind weiter tagtäglich Entscheidungen zu treffen, nicht zuletzt zum Beispiel betreffend die vielen Quarantänebescheide.
Wir haben daher ein Paket geschnürt, das auf der einen Seite gewährleisten soll, dass die Verwaltungsbehörden und die Gerichte mit sehr reduziertem Personal wichtige Verfahren führen können, und auf der anderen Seite soll es für die Parteien, also für uns alle, die wir gerade dabei sind, irgendwie diesen ungewohnten Alltag zu stemmen, den Druck herausnehmen, wir könnten Fristen versäumen.
Das Paket ist sehr umfangreich, deshalb möchte ich nur die allerwichtigsten Punkte skizzieren, nämlich zum Beispiel, dass sämtliche Richtersenate in Zukunft in Umlaufbeschlüssen entscheiden können; das geht von den Arbeitsgerichten in der ersten Instanz bis hin zu den Höchstgerichten. Die Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren sind bis 30. April unterbrochen, das heißt, ab 1. Mai beginnen sie wieder ganz von vorne zu laufen, was enorm den Druck herausnimmt, einerseits bei den Gerichten und bei den Behörden und andererseits natürlich auch bei den Kanzleien, den Rechtsberatern und den Parteien. Nicht davon betroffen sind natürlich wichtige Fristen zur Gefahrenabwehr und ebenso nicht davon betroffen sind einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt. Die Leistungsfristen werden dadurch nicht eingeschränkt.
In der Exekutionsordnung wird eine Pandemie als Grund für die Aufschiebung einer Exekution angeführt, und in der Insolvenzordnung – wir haben es heute schon gehört – wird die Frist für die Stellung eines Insolvenzantrages auf 120 Tage erstreckt. Auch für SchuldnerInnen gibt es eine Erleichterung: Wenn der Verzug eintritt, werden die Folgen des Vollzuges, auch wenn eine Mahnung ausgestellt wird, nicht vor dem 30. April eintreten. Unterhaltsvorschüsse können in dieser Zeit ohne vorherigen Exekutionsantrag beantragt werden. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme, um finanziellen Schaden von den Familien abzuhalten.
Weiters wurden Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass Gerichte nicht mehr zugänglich und nicht mehr funktionsfähig sind. Im Strafrecht und im Strafvollzugsrecht gibt es eine sehr weitgehende, aber sehr klar umrissene Verordnungsermächtigung für die Justizministerin, die sicherstellt, dass flexibel auf Gegebenheiten reagiert werden kann.
Jetzt schon ein ganz großes Danke an die vielen Menschen in der Verwaltung, in der Justiz und im Strafvollzug, die Tag für Tag ihr Bestes geben und damit den Staat am Laufen halten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Zur Regierungsvorlage 52 der Beilagen möchte ich noch einen Abänderungsantrag einbringen:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Kolleginnen und Kollegen
In Art. 2 lautet in Z 10 sowohl in der Novellierungsanordnung als auch im Normtext die Absatzbezeichnung statt „42“ richtigerweise „44“.
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Ganz kurz möchte ich noch auf die vorherigen Rednerinnen und Redner zu sprechen kommen, die so sehr betont haben, wie viele Vorschläge denn von der Opposition eingebracht würden und wie wenige davon in die Gesetzgebung einfließen würden. Diese Vorschläge sind teilweise sehr konstruktiv, wirklich! Wenn man sie aber kurz vor der Abstimmung hingeknallt bekommt, ist es nicht möglich, sich damit zu befassen und diese auch in die Gesetze einfließen zu lassen. (Ruf: Na geh! – Abg. Meinl-Reisinger: Wir haben gestern darüber gesprochen im Ausschuss! – Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Matznetter: Die vom letzten Sonntag, Frau Kollegin? – Abg. Meinl-Reisinger: ... Mail geschrieben!)
Ich möchte nur auf den letzten Antrag zu sprechen kommen, jenen betreffend Mietverhältnisse. Da ist ein Problem erkannt worden, das tatsächlich existiert. Es ist wirklich ein Problem und das wird jetzt in zahlreichen Mietverhältnissen virulent. Es ist allerdings so, dass dieses Problem auch mit der bestehenden Gesetzeslage schon lösbar ist; wie die Justizministerin da vielleicht helfen könnte, wäre, dass sie mit ihren fleißigen und zuverlässigen MitarbeiterInnen im Ministerium eine Vertragshilfe vorbereiten könnte, an die man sich halten kann, damit diese Verträge auch rechtswirksam geschlossen werden können.
In diesem Sinne: Es ist hier sehr wohl ein nationaler Schulterschluss zu erkennen, und wir sind sehr wohl bereit, auf alle Anregungen, soweit sie vernünftig sind, einzugehen – aber bitte vorher im Prozess und nicht durch einen Einwurf mitten in der Debatte. Abschließend: Halten Sie Abstand! Bleiben Sie daheim! Bleiben Sie gesund! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
17.46
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der/des Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirka Prammer
und Kolleginnen und Kollegen
zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über das Übergabeverfahren mit Island und Norwegen (Island-Norwegen-Übergabegesetz – INÜG) erlassen wird sowie die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, das Börsegesetz 2018 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (Strafrechtliches EU-Anpassungsgesetz 2020 – StrEU-AG 2020; 52 dB NR XXVII. GP in der Fassung des Berichts des Justizausschusses 93 dB NR XXVII. GP)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die Regierungsvorlage (52 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über das Übergabeverfahren mit Island und Norwegen (Island-Norwegen-Übergabegesetz – INÜG) erlassen wird sowie die Strafprozeßordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, das Börsegesetz 2018 und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (Strafrechtliches EU-Anpassungsgesetz 2020 – StrEU-AG 2020 in der Fassung des Berichts des Justizausschusses 93 dB NR XXVII. GP, wird wie folgt geändert:
In Art 2 lautet in Z 10 sowohl in der Novellierungsanordnung als auch im Normtext die Absatzbezeichnung statt „42“ richtigerweise „44“.
Begründung
Durch die Änderungen der StPO mit BGBl. I Nr. 14/2020 und das heute verabschiedeten COVID-10-Justizbegleitgesetz (Artikel IV) soll die Absatzbezeichnung verschoben werden.
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.