16.02

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der An­trag, den wir hier behandeln, befasst sich mit einem österreichweit einheitlichen Mas­terplan zum Hochfahren des Gesundheitssystems. Aufgrund der Coronakrise wurde das Wirtschaftssystem heruntergefahren, es wurde das Gesundheitssystem herunter­gefahren, es wurden Operationen verschoben, Behandlungen verschoben, damit Plät­ze für Coronakranke frei gemacht werden können. Es wurde nicht nur das Gesund­heitssystem, sprich Krankenhäuser, heruntergefahren, sondern es hat auch massivste Einschnitte in den Alten- und Pflegeheimen gegeben.

Ich habe ja schon im Gesundheitsausschuss ein E-Mail vorgelesen, das wirklich mas­sivste Behinderungen der Bewohner in einem Pflegeheim zum Inhalt hat, und das ist nicht das einzige E-Mail, das ich erhalten habe. Ich habe viele andere erhalten, und ich möchte heute wieder eines vorlesen, damit Sie wissen, in welcher Situation sich un­sere Seniorinnen und Senioren in den Pflegeheimen befinden, welche Szenen sich da abspielen. Ich habe folgendes Mail erhalten – ich zitiere –:

„Sachverhaltsdarstellung: Dramatische Szenen spielten sich kürzlich im Pflegeheim [...] ab. Alte Leute schrien um Hilfe und warfen Zettel aus den Fenstern mit der Aufschrift: ,Bitte helft uns! Die sperren uns ein!‘ Daraufhin wurden die Zettel vom Pflegepersonal eingesammelt, um die Sache zu vertuschen, damit nichts an die Öffentlichkeit durchsi­ckert.

Eine sehr traurige Bilanz: seit fast sieben Wochen durften die Insassen des Pflege­heims [...] nicht ins Freie [...]. Patienten, die ,ausbrechen‘ wollten, wurden von Pflegern festgehalten und in die Zimmer gesperrt. Aus purer Verzweiflung wandten sich Betrof­fene und deren Angehörige hilfesuchend an den örtlichen Bürgermeister [...], doch ,er könne nichts machen, ihm seien da die Hände gebunden‘, hieß es.

Durch den ständigen Druck, und aus Angst vor Aufdeckung besagter Missstände wur­de eine ,Notlösung‘ durchgeführt: Beim Eingang des Pflegeheimes wurde provisorisch ein hoher undurchsichtiger Holzzaun errichtet und ein kleines Areal umfriedet, wo die alten Leute jetzt eine Stunde täglich verweilen dürfen; zweckdienlich ,um Querulanten ruhigzustellen‘. Dieser Freiraum ist in seiner Konstruktion sehr klein und erweckt den Eindruck von einem Tiergehege bzw. Gefängnishof.

Unsere Bitte an Sie lautet, dass man für die alten Leute im Pflegeheim [...] eine men­schenwürdige Bewegungsmöglichkeit im Freien schafft. Bitte helfen Sie uns!“ – Der Name steht drauf, es ist also nicht anonym gekommen.

Meine Damen und Herren! Was sich in den Alten- und Pflegeheimen abspielt, ist teil­weise auch auf die Inseratenkampagnen der Regierung zurückzuführen. Da sind ja In­serate geschaltet worden, dass sich speziell die Alten, die Risikogruppen zurückhalten sollen, Enkel ihre Großeltern nicht mehr besuchen sollen. Es gibt viele Menschen, die aus lauter Angst davor, dass sie vielleicht jemanden anstecken könnten, schon sieben Wochen in der Wohnung sind und sich nicht mehr raustrauen. Auch diesbezüglich ha­be ich sehr, sehr viele Mails bekommen.

Eine Patientenanwältin hat einmal gesagt: Man kann nicht nur den Tod durch Corona sterben, es gibt auch den sozialen Tod!, und diese Gefahr haben Sie durch all diese Maßnahmen geschaffen.

Es ist unbedingt notwendig, Herr Bundesminister – wirklich mein Appell an dich –, eine ganz klare Aussage dahin gehend zu treffen, dass den alten Menschen in den Alten- und Pflegeheimen endlich Ausgang gewährt werden soll, so wie jedem anderen auch, denn viele haben die Maßnahmen, die gesetzt wurden, so verstanden: Alte Menschen sind einzusperren, denn das sind die Infektionsträger!, und dieses falsche Verständnis gehört dringend beseitigt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.