10.54

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Monika Vana (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Mitglied der Bundesregierung! Liebe Abgeordnete! Liebe KollegInnen! Hohes Haus! Geht es nach unseren EU-NachbarInnen - - Nein, ich muss anders anfangen, tut mir leid! (Abg. Belakowitsch: Fangen Sie neu an! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ. – Abg. Belakowitsch: Sie können es noch mal probieren, der Kurz macht das auch ständig!)

Geht es unseren EU-Nachbarn und -Nachbarinnen gut, geht es auch Österreich gut. Dieses Nachbarschaftsprinzip hat vor der Coronakrise gegolten und gilt auch jetzt umso mehr, noch dazu, da Italien und andere durch Covid-19 unverschuldet in die Krise ge­schlitterten Länder nicht nur unsere Nachbarn sind – da schließe ich an Kollegen Leichtfried an –, sondern unsere europäischen Partner und Partnerinnen.

Wir teilen längst überwunden geglaubte Grenzen und gemeinsam überwundene Gren­zen, wir teilen eine gemeinsame Währung, wir teilen gemeinsame europäische Prinzi­pien und Werte und wir teilen die sogenannten vier europäischen Freiheiten. Wir teilen die Einsicht, dass europäische Solidarität das Gebot der Stunde ist, und das schließt natürlich alle Menschen ein, die in einem europäischen Land leben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Yılmaz.)

Unter diesem Titel sollte diese Aktuelle Europastunde der FPÖ eigentlich stehen. Dass die FPÖ lieber über ihren Fetisch Grenzschutz oder die angebliche Verschwendung von Steuergeldern für die EU sprechen will, passt zur FPÖ, ist aber wieder einmal The­menverfehlung, und man sieht ja auch, welche Ablenkungsmanöver vom eigentlichen Thema heute gestartet werden. Verwendung von Steuergeldern und FPÖ ist überhaupt ein Widerspruch in sich, wenn man sieht, was alles täglich über die frühere Regie­rungsbeteiligung der FPÖ ans Licht kommt. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben ja heute nicht einmal einen eigenen Abgeordneten des Europäischen Parla­ments eingeladen, was ich sehr bitter finde (Abg. Kickl: Na weil es heute eine Ver­anstaltung des Europäischen Parlaments gibt! Wofür sind sie denn gewählt?), weil Europa ein wichtiges Thema ist. Sie haben auch nicht mitbekommen – das sah man bei Ihrer Rede (in Richtung Abg. Kickl) und der Rede von Frau Kollegin Steger –, dass sich Europa gerade in der Aufarbeitung der schlimmsten Wirtschafts- und Sozialkrise befindet und sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal auch richtig bewähren muss.

Deshalb werde ich mich heute als Grüne auch auf die europäischen Herausforderungen konzentrieren, über die wir hier reden sollten, nämlich: die europäische Solidarität, die gemeinsame Bewältigung der Krisen und ein nachhaltiges EU-Budget – da schließe ich an den Herrn Finanzminister an –, das den Mitgliedstaaten den Weg aus den Krisen ermöglicht und sie dabei unterstützt.

Sie sehen, ich sage Krisen, denn es sind mehrere Krisen, die wir zu bewältigen haben. Es ist einerseits die Gesundheitskrise mit dem Virus, andererseits aber auch eine Wirtschaftskrise, eine Sozialkrise, und wir haben eine Klimakrise zu bewältigen. Das ist das Thema, das dieser Tage im Europaparlament besprochen wird (Abg. Kickl: Heute zum Beispiel!) – heute am Nachmittag beginnt unser dreitägiges Plenum (Abg. Kickl: Na eben!) –, das ist das Thema, das auch die Staats- und RegierungschefInnen am Freitag bei ihrem EU-Gipfel besprechen werden und das ist das Thema, über das wir Grüne heute hier reden wollen und über das man in dieser Nationalratssitzung auch reden sollte.

Wir können diese Krisen nur gemeinsam bewältigen, und zwar mit einem massiven euro­päischen Aufbau- und Umbauprogramm, mit sozialer Gerechtigkeit und Klimagerech­tigkeit und mit einem europäischen Green Deal. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grüne sind dabei auf allen Ebenen kompromisslos proeuropäisch. Wir sind euro­paweit als europäische Grüne geeint. Nur mit einer echten Klima- und Sozialunion – zum Beispiel mit europaweiten gemeinsamen sozialen Mindeststandards – werden wir die wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Krisen sowohl auf der Ebene der Mitglied­staaten als auch für die Bürger und Bürgerinnen bewältigen – davon sind wir Grüne überzeugt.

Was heißt das für uns? – Das heißt, wir müssen sofort beginnen, unser Wirtschafts­system und unsere Gesellschaft nachhaltig zu gestalten. Statt mit Steuergeld fossile Brennstoffe zu fördern, brauchen wir jetzt Investitionen, und zwar Investitionen in nach­haltige Mobilität, Energiewende und nachhaltige Arbeitsplätze. (Präsidentin Bures über­nimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, es geht um nichts weniger als den europaweiten Umbau der Wirtschafts- und Sozialsysteme in eine Klima- und Sozialunion. Die Stunde der EU ist jetzt! Wenn Nationalstaaten an ihre Grenzen kommen, dann kann Europa und können wir diese überwinden. Das ist die Grundidee der Europäischen Union und das ist, siehe Aktuelle Europastunde, aktueller denn je. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.59

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete aus dem Europaparlament Claudia Gamon. – Bitte.