15.57

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Regierungs­mitglied! Sehr geehrte Damen und Herren! September, Oktober 2020: Wie schaut es in Österreich aus? – Im September gibt es 408 853 arbeitslose Menschen, in Kurzarbeit sind 296 486 Menschen. Das ist aber nicht alles. Die Wirklichkeit sieht so aus, dass viele Hunderttausend Menschen Angst und Sorge haben: Wie geht es nächstes Monat mit meiner Arbeit weiter? Kann ich nächstes Monat noch mit einem fixen Einkommen rech­nen? Wie kann ich meine Monatsmiete im November oder zu Weihnachten zahlen? Viele Kleinunternehmer fragen sich: Wie kann ich meine Firmenmiete bezahlen? Wie kann ich die Löhne und Gehälter meiner Arbeiter und Angestellten bezahlen?

Zahlreiche Firmen sind in einer schweren Krise. In dieser Krisensituation kommt einem Ressort eine Schlüsselaufgabe zu, das ist natürlich das Finanzressort. Was aber macht der Finanzminister? – Der Finanzminister spricht von Milliarden Euro, die man zur Verfü­gung stellt. Ich sage, dieses Paket der Regierung ist eine Mogelpackung! (Beifall bei der SPÖ.) Herr Finanzminister, Ihr Paket ist eine Mogelpackung, denn im Jahr 2018 wurde das AMS-Budget um 650 Millionen Euro gekürzt, und jetzt wird es ein bisschen erhöht. Das ist nicht seriös.

Die Abschaffung der Aktion 20 000 hat besonders ältere Arbeitnehmer getroffen. Unter Bundeskanzler Kurz ist diese Aktion 20 000 für ältere Arbeitnehmer abgeschafft worden, abgedreht worden. Die Ausbildungsgarantie bis 25 Jahre – gerade in diesem schwieri­gen Jahr eine wichtige Maßnahme für Junge am Arbeitsmarkt, um durch die Krise zu kommen – wurde unter Bundeskanzler Kurz abgeschafft. Die Anhebung des Zugangsal­ters für die Altersteilzeit erfolgte unter einer ÖVP-geführten Regierung. Das erhöht natür­lich die Zahl der Menschen, die sich am Arbeitsmarkt befinden und keine Arbeit haben. Das heißt, in den letzten drei Jahren gab es starke Kürzungen, Herr Bundesfinanzminis­ter, und wir sind somit schlecht in diese Coronakrise hineingeraten. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister Blümel, was machen Sie 2020? – Die Republik Österreich würde im Coro­najahr Ihren vollen Einsatz brauchen, aber am Höhepunkt der Krise entscheiden Sie sich, Spitzenkandidat bei der Wiener Wahl zu werden. Ein Wahlkampf in Wien als Spit­zenkandidat ist kein Nebenjob. Wahlkampf in Wien muss man mit seiner gesamten Zeit, seinem ganzen Herzen machen. Die Frage stellt sich: Was ist jetzt Ihr Hauptjob – und was Ihr Nebenjob –: Kandidat in Wien oder Finanzminister? Dass da dann Hoppalas passieren, ist ja völlig klar, und Ihnen sind ein paar Hoppalas passiert. Das ist so, wenn man sich nicht voll auf eine Aufgabe konzentriert. Wienbashing – was in Wien angeblich alles schlecht wäre – hilft da auch nicht weiter. Wien muss man stärken, man muss den Wirtschaftsstandort stärken.

Türkise Politik besteht sehr stark aus PR und PR-Gags. Das zeigt sich auch in der Si­tuation rund um Moria. Zahlreiche angekündigte Hilfslieferungen sind ein PR-Gag, da ist überhaupt nichts im Flüchtlingslager Moria angekommen. Das war lediglich ein PR-Gag und lagert und verstaubt in Hallen in Athen. ÖVP-Politiker haben sich aber feiern lassen: Man fliegt nach Griechenland, lässt sich dort abfotografieren, macht Selfies mit den Flüchtlingen, während wichtige Güter im Wert von 55 Millionen Euro in Lagerhallen in Athen lagern. Das ist doch unseriös!

Die SPÖ zeigt, wie Soforthilfe ausschauen kann.

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Troch, falls Sie noch vorhaben, einen Ent­schließungsantrag einzubringen, dann würde ich das an Ihrer Stelle jetzt tun, da die Re­dezeit Ihrer Fraktion in 1 Minute ausgeschöpft sein wird.

Abgeordneter Dr. Harald Troch (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin!

Die SPÖ bringt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Flucht, Asyl, Migration und Integration“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert ein gesamtheitlich orientiertes Konzept ‚Flucht, Asyl, Migration und Integration‘ vorzulegen, welches auf einer klaren Trennung zwischen Asyl- und Arbeitsmigration beruht, das Prinzip Integration vor Zuzug sicherstellt und ein klares Bekenntnis zur Einhaltung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskon­vention beinhaltet.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, bilateral und im Rahmen der EU einen nach­haltigen Beitrag zur Reduktion von Flucht- und Migrationsursachen zu leisten, um Le­bensperspektiven vor Ort zu schaffen.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, im Rahmen der EU einen effizienten und menschenrechtskonformen EU-Außengrenzenschutz einzusetzen und Schlepperei wirksam zu bekämpfen.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, gemeinsam mit Griechenland und den ande­ren Mitgliedstaaten der EU die erforderlichen Schritte zu setzen, die eine menschenwür­dige Unterbringung der Asylwerber aus Moria und rasche humanitäre Hilfe sicherstellen.

In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung ersucht, die Aufnahme von Kin­dern, unbegleiteten Minderjährigen aus den griechischen Flüchtlingslagern als humani­täre Notmaßnahme zu ermöglichen und dies mit den europäischen Partnern zu koordi­nieren. Die Bundesregierung kann sich dabei auf die Aufnahmebereitschaft und die Ini­tiativen zahlreicher Bundesländer und Gemeinden stützen.“

*****

Ich bitte um Unterstützung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Dr. Harald Troch, Genossinnen und Genossen betreffend „Flucht, Asyl, Migration und Integration“

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten KO Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schluss mit dem Milliardengrab für eine falsche Asyl-, Zuwanderungs- und Integrationspolitik in Österreich und Europa – Österreich braucht jedem Euro für die Opfer des schwarz-grü­nen Corona-Desasters!

Seien es die Corona-Krise und ihre Folgen auf Arbeitsplätze, Wirtschaft und soziale Er­rungenschaften oder Fragen der Flüchtlings-, Asyl-, Migrations- und Integrationspolitik – es geht darum, Probleme rasch zu erkennen und umgehend Schritte zu setzen, diese zu lösen.

Seit dem Zweiten Weltkrieg waren nicht mehr so viele Menschen in Österreich von Ar­beitslosigkeit betroffen, wie derzeit. Die Wirtschaft erlebt in Folge der Corona-Krise einen drastischen Einbruch und hier gilt es seitens der Politik entschieden und rasch gegen­zusteuern. Gleichzeitig sind nach wie vor Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Verfolgung, Missständen und Not.

Die Lösung dieser Probleme können nicht Spaltung, Zuspitzung und Problembespre­chungen sein. Es geht um die Erarbeitung und Umsetzung praxisnaher und konkreter Konzepte, auch im Bereich der Steuerung von Migration und bei der gemeinsamen Be­wältigung der Flüchtlingsproblematik im Rahmen der EU und der internationalen Staa­tengemeinschaft. Die derzeitige Situation ist geprägt von einem Hin- und Herschieben von Verantwortung und gegenseitigen Schuldzuweisungen, sowohl auf nationaler Ebe­ne, als auch auf EU-Ebene und der Untätigkeit der Bundesregierung konkrete Projekte umzusetzen.

Es braucht rasch konkrete Hilfe für Flüchtlinge vor Ort. Etwa durch Erhöhung der Mittel für humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit oder faire Handelsabkommen. Wei­ters geht es um ein schlüssiges System, das die ganze Verfahrensfrage – von der Antragstellung bis zur Integration oder Rückführung – berücksichtigt. Das alles muss ge­tragen sein von einem Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit, zu den Menschenrechten und zu einem einheitlichen europäischen Asylsystem.

Schließlich geht es um Integration von Anfang an: Von Bildung über den Spracherwerb bis hin zu Arbeitsmarktmaßnahmen. Das Hauptaugenmerk muss auf die Integration der Menschen gelegt werden, die bereits hier sind. Diesbezügliche finanzielle Mitteln dürfen nicht weiter gekürzt werden.

Es geht um ein gesamtheitlich orientiertes Konzept, das alle Bereiche umfasst „Flucht, Asyl, Migration und Integration“.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert ein gesamtheitlich orientiertes Konzept „Flucht, Asyl, Migration und Integration“ vorzulegen, welches auf einer klaren Trennung zwischen Asyl und Arbeitsmigration beruht, das Prinzip Integration vor Zuzug sicherstellt und ein klares Bekenntnis zur Einhaltung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskon­vention beinhaltet.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, bilateral und im Rahmen der EU einen nach­haltigen Beitrag zur Reduktion von Flucht- und Migrationsursachen zu leisten, um Le­bensperspektiven vor Ort zu schaffen.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, im Rahmen der EU einen effizienten und menschenrechtskonformen EU-Außengrenzenschutz einzusetzen und Schlepperei wirksam zu bekämpfen.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, gemeinsam mit Griechenland und den an­deren Mitgliedstaaten der EU die erforderlichen Schritte zu setzen, die eine menschen­würdige Unterbringung der Asylwerber aus Moria und rasche humanitäre Hilfe sicher­stellen.

In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung ersucht, die Aufnahme von Kin­dern und unbegleiteten Minderjährigen aus den griechischen Flüchtlingslagern als hu­manitäre Notmaßnahme zu ermöglichen und dies mit den europäischen Partnern zu ko­ordinieren. Die Bundesregierung kann sich dabei auf die Aufnahmebereitschaft und Ini­tiativen zahlreicher Bundesländer und Gemeinden stützen.

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.