14.50
Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist erst wenige Tage her, dass wir das 100-jährige Bestehen unserer Bundesverfassung gefeiert haben – und heute erleben wir, dass diese Verfassung nicht nur ein wichtiges historisches Papier ist, sondern durch eine Initiative, die außerhalb des Parlaments begonnen hat, auch lebendige Diskussion und Bürgerpartizipation in unser Hohes Haus bringt.
Artikel 41 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes und das Volksbegehrengesetz machen es möglich, das Thema Asyl in Europa aufgrund des entsprechenden Volksbegehrens hier im Parlament zu debattieren. Die vorliegende Initiative war die erste ihrer Art und damit das erste Volksbegehren, das nach Inkrafttreten des Volksbegehrengesetzes 2018 als Volksbegehren registriert wurde.
Den Initiatoren geht es offenbar um eine solidarische und gerechtere finanzielle Verteilung der Aufwendungen für Asyl innerhalb Europas, ich würde sagen: eine Art Asylfinanzausgleich. Über 135 000 Eintragungen, meine Damen und Herren, geben einen Hinweis darauf, dass dieses Thema Bedeutung hat, und die Eintragungen untermauern auch, dass das Thema Menschen in unserem Land bewegt und sie an der Diskussion über Lösungen aktiv teilnehmen wollen.
Auch wenn ich heute in dieser ersten Lesung dem parlamentarischen Prozess natürlich nicht vorgreifen möchte, möchte ich als Sicherheitssprecher der neuen Volkspartei doch die Gelegenheit nützen, einige Grundsätze zum Thema Asyl und Migration aus meiner Sicht in Erinnerung zu rufen.
Meine Damen und Herren! Österreich hat bereits in den vergangenen Jahren einen ganz wesentlichen Beitrag geleistet. Etwa 200 000 Asylanträge sind seit 2015 gestellt worden, 120 000 Asylanträge sind für die Betroffenen positiv beschieden worden, und nach einem rechtsstaatlichen Verfahren wurde den 120 000 Menschen in Österreich Schutz gewährt – unter anderem rund 55 000 Minderjährigen und 25 000 Frauen. Gerade im Lichte dieser Tatsache sage ich: Schutzgewährung allein kann nicht die Gesamtlösung sein. Es geht vielmehr darum, ein umfassendes, ein europäisches, ein nachhaltig wirkendes Konzept zu entwickeln und auch umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren, es braucht neue Ansätze für ein krisensicheres System, das den Herausforderungen der globalen Migration auch künftig gerecht wird. Ich darf nur die wesentlichsten Punkte, die mir am Herzen liegen, noch einmal in Erinnerung rufen: die Unterscheidung zwischen Asyl und Arbeitsmigration, die Bekämpfung der Schlepperkriminalität, den Schutz der europäischen Außengrenzen und, ganz wesentlich, das Verhindern des Sterbens von Menschen, die auf dem Weg durch Kontinente oder über das Meer sind, wirksame Hilfe vor Ort, aber auch wirksame Hilfe und Entwicklungsarbeit in den Herkunftsländern – und, das möchte ich nicht unerwähnt lassen, für die Menschen, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren in Österreich leben dürfen: Integration ehrlich fördern, aber auch ehrlich einfordern.
Die Europäische Kommission, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat am 23. September einen Vorschlag für eine europäische Migrationsstrategie vorgelegt. Einige dieser Vorschläge sehen wir durchaus positiv, wie zum Beispiel Außengrenzschutz, Rückführungen, aber auch die Kooperation mit Drittstaaten. Bei einigen Punkten gibt es aus unserer Sicht aber Verbesserungs- und Änderungsbedarf, und gerade weil Österreich an der Spitze der Schutz gewährenden Länder steht, sind wir überzeugt, dass die Verteilung von Migranten nicht die Lösung sein kann.
Ich habe große Hoffnung, dass es am Ende des Tages gelingt, eine gesamteuropäische Lösung, die unsere Haltung widerspiegelt, im Sinne aller Betroffenen zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)
Die gesamte Thematik, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aber im Zusammenhang mit dieser aktuellen europäischen Diskussion zu beurteilen. Wir müssen auch daran denken, dass es nicht nur eine Frage der generellen Beurteilung der Asyl- und Migrationsstrategie und damit federführend des Innenministeriums ist, sondern dieses Thema betrifft ganz wesentlich den Finanzminister, den Außenminister, aber auch die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich nach der Zuweisung an den entsprechenden Ausschuss auf die inhaltliche Diskussion mit allen Beteiligten, mit den Initiatoren und mit Ihnen, den Abgeordneten des Hohen Hauses.
Ich glaube, wir können einen Beitrag zur gelebten Verfassung und zur gelebten parlamentarischen Demokratie leisten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
14.55
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner. – Bitte, Herr Abgeordneter.