12.49

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist Tag 16 von 16 Tagen gegen Gewalt. Jede fünfte Frau ist von Gewalt betroffen, ob körperlich, seelisch, psychisch oder sexuell. Hass im Netz ist Gewalt, und wir haben die Aufgabe, Gewalt, ob im analogen oder im digitalen Leben, ganz klar zu stoppen.

Wir als Sozialdemokratie fordern das schon seit Jahren, nämlich eine umfassende Initiative gegen Gewalt im Netz. Staatssekretärin Duzdar hat damals schon einiges auf den Weg gebracht. Ich halte es für ganz besonders wichtig, heute wirklich einen wichtigen und niederschwelligen Schritt zu setzen, ein Fundament, um Hass im Netz auch wirklich zu bekämpfen. Deshalb, Frau Justizministerin, hat Ihre Regierungsvorlage, die wir absolut für richtig halten, unsere volle Unterstützung. Ich möchte auch betonen, dass wir es als ganz besonders positiv hervorstreichen, dass das Begutachtungs­verfahren ernst genommen wurde, dass ExpertInnen gehört wurden und dass einiges davon auch eingearbeitet wurde. So stellen wir uns das offen gesprochen auch vor. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Warum halten wir das auch für richtig? Warum muss man endlich etwas tun? Man braucht sich nur die Zahlen vor Augen zu führen: 2 521 Meldungen bezüglich Hass im Netz sind im vergangenen Beratungsjahr von September 2019 bis August 2020 bei Zara eingelangt. Bei 80 Prozent der gemeldeten Fälle handelt es sich ganz klar um Rassismus, und es sind vorwiegend Frauen und Mädchen, die von Hass im Netz be­troffen sind.

Die gemeldeten Fälle von antimuslimischen Übergriffen nach dem Terrorakt in Wien lagen bereits nach der dritten Woche bei der Zahl 80. Es ist also dringend notwendig und es war dringend notwendig, ein wirklich wirkungsvolles Instrument auf die Beine zu stellen.

Wir sind der Meinung, dass das Mandatsverfahren, das Eilverfahren wirklich ein nieder­schwelliges und richtiges Instrument ist, das unkompliziert und vor allem wirklich betrof­fenenfreundlich ist und vor allem auch für alle gilt.

Gleichzeitig – es ist erwähnt worden, aber ich möchte es trotzdem hervorstreichen – wird mit dem Gesetz auch einiges Neues in Ergänzung zu dem niederschwelligen Eilver­fahren implementiert. Upskirting ist dabei ganz, ganz zentral, denn wenn eine Frau, ein Mädchen nicht fotografiert werden will, ob im Genitalbereich, im Schambereich, die Brust, wo auch immer, dann darf das ganz einfach nicht passieren, und es ist ganz, ganz wichtig, dass das jetzt auch strafrechtlich verfolgt werden kann. Deshalb gibt es auch dafür unsere volle Unterstützung, wobei ich Folgendes anmerken darf: Wir stellen uns ein höheres Strafausmaß vor – und ein Abänderungsantrag dazu ist bereits verteilt worden –, wir wollen zur ursprünglichen Fassung von bis zu einem Jahr zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Positiv ist auch die Ausweitung des Cybermobbingparagrafen. Ganz ehrlich: Aus der Vergangenheit haben wir gelernt, dass es da Adaptierungen benötigt, das heißt, es muss schon ab dem ersten Mal gelten. Wir finden es sehr, sehr gut, dass das jetzt auch Teil des Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetzes ist.

Unverständlich ist ein Paragraf, und ich habe es auch im Ausschuss erwähnt, in dem es um den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch im Gesetz geht und der wirklich eine Schieflage, was das Machtverhältnis von ArbeitgeberInnen im Vergleich zu den Arbeit­neh­merInnen betrifft, implementiert. Da geht es nämlich darum, dass ein Arbeitge­ber/eine Arbeitgeberin auch gegen die Zustimmung der ArbeitnehmerInnen ein Verfah­ren einleiten kann. Das halten wir für problematisch, und deshalb bringe ich auch einen Abänderungsantrag, der Ihnen allen vorliegt, ein, mit welchem wir ganz dezidiert die Zustimmung der ArbeitnehmerInnen fordern. Wir bitten da dementsprechend auch um Zustimmung.

Im Großen und Ganzen, Frau Ministerin, ist es ein Gesetz, das wir wirklich für wichtig halten – nämlich frauenpolitisch, feministisch, und, ich darf hier auch als Netzpolitikerin reden, netzpolitisch. Die Netzsperren sind aus dem Gesetzestext draußen, das war eine wichtige Sache. Es ist, wie gesagt, ein Gesetz, das im Sinne vieler Tausender Mädchen und Frauen, im Sinne vieler Opfer von Gewalt im Netz ist.

Jetzt aber zum zweiten Teil des Pakets: Frau Ministerin Edtstadler, Ihr Kommunikations­plattformen-Gesetz schafft aus unserer Sicht keine Balance zwischen Hass im Netz und Meinungsfreiheit, und in Ihrem Gesetzespaket wird ganz klar die Macht hin zu den Kon­zernen verschoben. Künftig sollen Facebook und Twitter entscheiden können, was gelöscht und was nicht gelöscht wird, es braucht da auch keinerlei Qualifikationsprofil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort. Ganz ehrlich, das ist eigentlich eine Privatisierung des Rechts (Zwischenruf des Abg. Gerstl), und das lehnen wir ganz klar und dezidiert ab! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Scherak.)

Außerdem verstehen wir den Alleingang auf nationaler Ebene nicht. Sie wissen, wir warten alle auf den DSA, auf den Digital Service Act, der von der Kommission eigentlich gestern, letzte Woche, jetzt aber vielleicht nächste Woche vorgelegt werden sollte. Nein, Österreich macht einen Alleingang, noch dazu mit einem schlechten Beispiel, nämlich der österreichischen Version des deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. (Ruf bei der ÖVP: Aber das stimmt ja gar nicht!) Wir werden dieses Paket wie gesagt ganz klar ablehnen.

Sehr geehrte KollegInnen, ich darf Sie um Zustimmung zu unserem Abänderungsantrag, der Ihnen vorliegt, bitten und freue mich, dass wir heute am 16. Tag gegen Gewalt an Frauen mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz einen wichtigen gesetzlichen Schritt zu mehr Opferschutz setzen und Hass im Netz ein Stück weit stoppen; gut so! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Katharina Kucharowits, Genossinnen und Ge­nossen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (481 d.B.) Bundes­gesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz, HiNBG) (516 d.B.)

eingebracht in der 69. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2020 zu TOP 1

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der vorliegende Gesetzesentwurf wird wie folgt abgeändert:

1.         In Art. 1 Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzesbuches lautet in Z 2 § 20 Abs. 2 wie folgt:

„(2) Wird in einem Medium im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Arbeit- und Dienstnehmers dieser in seinem Ansehen oder seiner Privatsphäre verletzt und ist dieses Verhalten geeignet, die Möglichkeiten des Arbeit- oder Dienstgebers den Arbeit- oder Dienstnehmer einzusetzen, nicht unerheblich zu beeinträchtigen oder das Ansehen des Arbeit- oder Dienstgebers erheblich zu schädigen, so hat dieser unabhängig vom Anspruch des Arbeit- oder Dienstnehmers einen eigenen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung. In diesem Fall ist die Zustimmung des betreffenden Arbeit- oder Dienst­nehmers einzuholen. Entsprechendes gilt für ehrenamtlich tätige Organe einer Körper­schaft.“

2.         In Art. 8 Änderung des Strafgesetzbuches lautet in Z 2 § 120a samt Überschrift wie folgt:

„§ 120a. (1) Wer absichtlich eine Bildaufnahme der Genitalien, der Schamgegend, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person, die diese Bereiche gegen Anblick geschützt hat oder sich in einer Wohnstätte oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, ohne deren Einwilligung herstellt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit gleicher oder strengerer Strafe bedroht ist, wer eine durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellte Bildaufnahme einem Dritten zugänglich macht oder veröffentlicht.

(3) Der Täter ist nur mit Ermächtigung der verletzten Person zu verfolgen.“

Begründung

Zu 1.

Bei dem gegenständlichen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch handelt es sich zwar um einen originären Anspruch der ArbeitgeberInnen, dieser wurzelt aber dennoch in Persönlichkeitsrechten der ArbeitnehmerInnen. Und da es hier vor allem um die Persönlichkeitsrechte der ArbeitnehmerInnen geht, die (natürlich) auch im Arbeitsver­hältnis zu schützen sind, ist zu regeln, dass ArbeitgeberInnen nur unter Einbeziehung der betroffenen ArbeitnehmerInnen dagegen vorgehen können.

Zu 2.

Heimliche intime Fotos von Frauen und Mädchen zu machen und dann womöglich noch im Netz zu verbreiten, ist ein schwerer Angriff auf die Integrität von Frauen und Mädchen und keinesfalls eine Ehrenbeleidigung. Insofern war die Herabsetzung des Strafrahmens im Grundtatbestand in der Regierungsvorlage – gegenüber dem Entwurf – auf sechs Monate kritikwürdig. Mit dem Strafmaß von sechs Monaten würde der neue Tatbestand in eine gewisse Nähe von Bagatelledelikten gerückt werden.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, wurde auch an alle Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.