11.43

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ge­schätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schade, dass Touris­musministerin Köstinger gerade den Saal verlässt, denn das ist jetzt ein Thema, das für sie sehr, sehr spannend gewesen wäre. (Abg. Belakowitsch: Es wird immer schnel­ler!) – Sie wird immer schneller, und wahrscheinlich leider sogar aus gutem Grund. Wir reden jetzt nämlich über die österreichweite Teststrategie.

Wir alle wissen seit Beginn der Coronakrise: Testen, testen, testen! Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation kennen wir alle. Die WHO hat allerdings mit: Testen, tes­ten, testen!, nicht irgendwelche Kraut-und-Rüben-Tests, sondern zielgerichtete Tests ge­meint.

Das Positive ist, dass wir nach elf Monaten Krisenbekämpfung – das ist in Wahrheit schlimm genug – jetzt im Jänner das erste Mal österreichweit eine Teststrategie gegen Corona bekommen sollen. Auf der einen Seite ist es sehr, sehr schade, dass das erst jetzt passiert; aber es geht hier um Menschenleben, deswegen ist es wichtig, dass wir diese Teststrategie bekommen.

Was mir aber persönlich so nahegegangen ist – und das haben wir miteinander disku­tiert; vorgestern haben wir die Zahlen gelesen –: 3 000 Menschen sind in Österreich in Pflegeheimen an Corona gestorben, weil der Schutz dieser schwer kranken Menschen in den Pflegeheimen nicht funktioniert hat.

Ich habe mich deswegen so darüber geärgert, weil im Sommer die gesamte Bundesre­gierung zugeschaut hat, als wir Testressourcen österreichweit verplempert haben. Da hat es einen Herrn Mahrer und eine Frau Köstinger gegeben, die sich mit einem gewis­sen Herrn Kurz im Rahmen einer Pressekonferenz hingestellt und gesagt haben: Wir präsentieren jetzt eine Teststrategie für den Tourismus.

Ich sage euch etwas dazu: Es hat im Herbst eine Publikation gegeben. Medizinische Fachzeitschriften haben im Nachhinein gesagt: Das, was Köstinger mit Mahrer fabriziert hat, ist ein Musterbeispiel dafür, wie man es nicht machen soll. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Ich sage das deswegen so emotional, weil auf der einen Seite die Testressourcen für schwer kranke Menschen in den Pflegeheimen gefehlt haben und auf der anderen Seite Frau Köstinger und Herr Mahrer sich im Sommer in diesem Bereich wichtig gemacht haben und Sebastian Kurz gesagt hat: Das ist eine herausragende Teststrategie. – Das heißt, für schwer kranke Menschen haben wir die Ressourcen nicht gehabt, aber für Marketing für Mahrer und Köstinger waren die Ressourcen vorhanden – sinnloserweise.

Wir alle müssen daraus lernen und schauen, dass wir diesen Fehler nicht noch einmal machen. Jetzt brauchen wir eben die Testungen für Berufsgruppen.

Es ist doch ein Wahnsinn – bitte stellt euch das vor! –, dass jetzt im Jänner Menschen, die beim Roten Kreuz, beim Samariterbund oder bei den Johannitern im Rettungsdienst schwer kranke Menschen ins Krankenhaus bringen, die in den Pflegeheimen sind, bis heute keine flächendeckenden Testungen bekommen! Könnt ihr euch das vorstellen? (Beifall bei der SPÖ.) Jänner 2021 – und es gibt keine regelmäßigen Testungen für diese Menschen im Rettungsdienst, die für uns alle da sind! Das ist so, weil der Bund herum­diskutiert hat und gesagt hat, das wäre Aufgabe der Länder, sodass nicht klar war, wer das Ganze zahlen soll. – Unvorstellbar!

Das ist der zentrale Punkt: Wenn wir testen wollen, muss es zielgerichtet sein. Dieser Pfusch – alle Experten halten das für einen Pfusch –, den Sebastian Kurz sich von der Slowakei abgeschaut hat, die inzwischen leider gleich schlechte Zahlen hat wie Öster­reich, bringt uns nicht weiter. Da müssen wir doch in Österreich offensiv und zielgerichtet testen und den Weg gehen, der Sinn macht: Berufsgruppen schützen, deren Schutz dringend notwendig ist, in sensiblen Bereichen testen. Es ist auch wichtig, dass das kos­tenlos stattfindet (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger), dass in Zukunft nicht etwa eine Verkäuferin einen Test bezahlen muss, damit sie überhaupt arbeiten gehen kann. Das muss gratis sein! Das haben wir bis zum Schluss auch eingefordert, und das wird in Zukunft kommen.

Ein zweiter Punkt ist eine ganz zentrale Forderung – wobei ich an dieser Stelle Pamela Rendi-Wagner Danke sagen muss –, nämlich diese Wohnzimmertests, die wir jetzt im Schulbereich anzuwenden beginnen. So könnte sich in Zukunft jeder von uns ganz un­kompliziert auch zu Hause im eigenen Wohnzimmer testen, und zwar kostengünstig be­ziehungsweise wäre es in diesem Fall für die Menschen sogar gratis. Damit wäre Ös­terreich wirklich Vorreiter. Das ist ein sehr, sehr sinnvoller Vorschlag. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bitte also wirklich: Schauen wir gemeinsam, dass wir dieses Testchaos in Österreich jetzt im Jänner beenden! Ich sage auch ganz offen, weil die FPÖ in dieser Frage immer wieder Druck gemacht hat und gesagt hat, das ist alles ein Wahnsinn: Ja, es hat in Österreich in der Frage der Testerei ein Chaos gegeben, und es ist eine Schande für ein entwickeltes Land wie Österreich, dass wir im Jänner 2021 überhaupt darüber reden müssen.

Die Frage ist nur: Was bringt es uns, wenn wir jetzt alle sagen: Die Regierung ist da unfähig gewesen und es gibt ein Testchaos!? Wenn es um Menschenleben geht und bis heute die Testung nicht funktioniert und sensible Berufsgruppen nicht ausreichend ge­testet werden, dann können wir Sozialdemokraten nicht sagen: Ätsch, bätsch, wurscht, die Regierung hat hier versagt und bringt nichts weiter!, sondern da müssen wir mitarbei­ten und schauen, dass wir Menschenleben schützen.

Und das ist ja unser Zugang gewesen: endlich eine vernünftige Teststrategie für Öster­reich, mit der wir in Zukunft die Menschen mitnehmen, wobei das Ganze in den Betrieben stattfinden und kostenlos sein soll. Das ist unser Zugang gewesen: statt Kraut-und-Rü­ben-Tests zentral organisierte Testungen für Zielgruppen. Das im Jänner 2021 endlich umzusetzen, das ist unser Vorschlag. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.