13.40
Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung ist zugleich auch ein Kampf für soziale Rechte und für soziale Sicherheit. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft, die nunmehr ihr 30-jähriges Bestehen feiert, schützt mit ihrer Arbeit vor Diskriminierung und setzt das Recht auf Gleichbehandlung und Gleichstellung für alle durch.
An dieser Stelle geht mein aufrichtiger Dank an alle Mitarbeiterinnen der Gleichbehandlungsanwaltschaft und ebenso an die Gleichbehandlungskommission für ihr tägliches Engagement und auch für die Arbeit, die in den vorliegenden Bericht eingeflossen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Vor wenigen Tagen, am 15. Jänner, wäre der große Bürgerrechtler Martin Luther King 92 Jahre alt geworden. Er wies stets auf die Bedeutung hin, soziale Kämpfe gemeinsam zu denken und gemeinsam zu führen. Die beiden Kräfte mit der stärksten Dynamik und dem größten Zusammenhalt sind die Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung und die schwarze Freiheitsbewegung.
In diesem Sinne sprechen die Fakten des Gleichbehandlungsberichts, aber auch von Studien, die Arbeitsmarktbeteiligung, soziale Zugehörigkeit, Geschlecht, Herkunft und Religion gemeinsam analysieren, eine deutliche Sprache: Die meisten Diskriminierungen erfolgen in der Arbeitswelt, und am häufigsten wandten sich Menschen wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts an die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Im Bereich Religion betrafen drei Viertel der Anfragen Diskriminierung wegen muslimischer Religionszugehörigkeit, davon 73 Prozent in der Arbeitswelt. Diese Beschwerden zeigen das Ausmaß des antimuslimischen Rassismus, der sich vor allem gegen muslimische Frauen mit Kopftuch richtet. (Abg. Matznetter: ... muss man euren Koalitionspartner ...!)
Es geht aber, Herr Kollege, weit über die viel zu wenig angezeigten Einzelfälle hinaus. Migrantinnen und Migranten und Frauen werden am Arbeitsmarkt systematisch diskriminiert. Menschen in Österreich ohne österreichische Staatsbürgerschaft zahlen fast 2 Milliarden Euro mehr ins Sozialsystem ein, als sie herausbekommen – das wurde in einer Studie des Sozialministeriums gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung vor einigen Jahren ausgerechnet.
Im Jahr 2015 verdienten Menschen in Österreich ohne österreichische Staatsbürgerschaft durchschnittlich 530 Euro weniger als ihre österreichischen Kolleginnen und Kollegen, und Frauen wiederum 20 Prozent weniger als Männer.
Mittlerweile – das hat auch Kollegin Schatz angesprochen – hat sich diese Situation um ein Vielfaches verschärft. Die Wissenschaftlerin Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien beschreibt einen mehr als doppelt so hohen Rückgang der Erwerbsquote bei ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern im Vergleich zu jener von österreichischen.
Politische Kämpfe um Grund- und Menschenrechte müssen mit sozialen Kämpfen verbunden werden. Eine Aufwertung und ein Ausbau der Gleichbehandlungsanwaltschaft sind ein wichtiger Beitrag dazu, und deshalb unterstützen wir Grüne auch die Forderungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft, wie sie schon angesprochen wurden: nach einer Ausweitung des Diskriminierungsschutzes, dem sogenannten Levelling-up, nach einem Abbau der Zersplitterung des Gleichbehandlungsrechts in Österreich, nach Klagsrechten, aber ebenso nach mehr Budget und mehr Personal.
Politische Kämpfe um Grund- und Menschenrechte müssen mit sozialen Kämpfen verbunden werden. Das betrifft die Bereiche Digitalisierung der Arbeit, globalisierte und prekäre Arbeitsverhältnisse, plattformvermittelte Dienstleistungsarbeit, Systemerhalt durch Ernte- und Lagerarbeiter und -arbeiterinnen sowie Beschäftigte im Handel, in Krankenhäusern und in der Altenpflege. Es braucht ein gemeinsames Verständnis der Veränderung für soziale Rechte und soziale Sicherheit und gegen Rassismus und gegen Diskriminierung.
Gerade jetzt, in Zeiten, in denen Coronaleugner mit Neonazis auf die Straße gehen – auch mit Abgeordneten hier aus diesem Haus –, gerade wenn deren Brüder im Geiste in den USA das Kapitol, das Parlament, stürmen, braucht es diese Bündnisse und diese Allianzen, um diese Stränge zusammen zu denken, denn das ist die Lebensrealität der vielen Menschen, der 99 Prozent, und das ist es, was wir für eine Veränderung der Verhältnisse tatsächlich brauchen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Matznetter und Nussbaum.)
13.45
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.