15.22

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Zu Kollegen Schnedlitz und seinem Misstrauensantrag, den er gerade einge­bracht hat: Der ist in den Begründungen an Peinlichkeit ja wohl nicht zu überbieten. Wir denken, es ist ein Faschingsscherz, zumal heute Faschingsdienstag ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf in Erinnerung rufen, dass Kollege Kickl gehen musste, weil er zum Erstellungs­zeitpunkt des Ibizavideos selbst Generalsekretär der FPÖ war und damit nicht als Innen­minister gegen sich selbst ermitteln konnte. Das war der Grund, und das vergessen schon wieder alle. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobot­ka gibt das Glockenzeichen.)

Und im Übrigen möchte ich noch sagen: Anscheinend bringt die FPÖ so viele Misstrau­ensanträge ein, damit der Langzeitrekord des Herrn Kickl gebrochen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Nehammer war auch Generalsekretär! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) – So.

Nun möchte ich zur juristischen Betrachtungsweise der Vorgänge der letzten Tage kom­men und einmal als Allererstes festhalten, dass im Artikel 6 der Europäischen Men­schenrechtskonvention ein Recht auf ein faires Verfahren für jedermann garantiert wird, auch für einen amtierenden Finanzminister. (Abg. Kickl: Dass Sie das jetzt entdecken, ist interessant!)

Es gibt im laufenden Ermittlungsverfahren – und das können alle, die im Rechtsbereich tätig sind oder die sich einmal ehrlich damit beschäftigen, feststellen – handwerkliche Fehler, und das in so einem heiklen Rechtsgebiet. Das können wir schlichtweg nicht akzeptieren.

Es gibt klare Regelungen zum Thema der Verständigung von Beschuldigten. – Der Fi­nanzminister musste seinen Beschuldigtenstatus aus den Medien erfahren. Und da darf ich schon sagen: Diese immer wiederkehrenden Leaks, das sind nicht nur massive Ein­griffe in das Recht auf Privatleben, sie beschneiden die Beschuldigtenrechte enorm. Wenn Herr Kollege Leichtfried den Entschließungsantrag, der schon oben am Präsidium liegt, dann einbringen wird oder einbringen lassen wird, dann darf ich mich schon fragen: Sie unterstellen in dem Entschließungsantrag unkorrektes Verhalten. Ich frage mich: Woher haben Sie diese Screenshots und diese Abbildungen, die hier in diesem Ent­schließungsantrag enthalten sind? Woher kommt das? (Die Rednerin hält die Kopie ei­ner Seite des Entschließungsantrages in die Höhe.) Leak oder haben Sie es, so wie Sie es wahrscheinlich darstellen werden, anonym zugespielt bekommen? – Natürlich, ano­nym zugespielt bekommen.

Die Basis für die Hausdurchsuchung beim Finanzminister war ein Kalendereintrag zu einem Treffen zwischen dem Eigentümer von Novomatic und einer Person mit dem Na­men Kurz. So, und die WKStA wusste sehr wohl zu dem Zeitpunkt, dass es auch eine Aufsichtsrätin namens Kurz gibt, und dass es eine Verwechslung geben könnte, aber aufgeklärt hat man das nicht. Und da frage ich mich schon: Wie steht es mit der Objek­tivität des Ermittlungsverfahrens?

Mangelnde Objektivität muss ich auch vermuten, wenn in den Akten steht, dass die WKStA Wörter wie Machtübernahme verwendet, wenn sie von der Wahl von Sebastian Kurz zum Obmann der ÖVP spricht. Solche Ausdrücke, meine Damen und Herren, pas­sen in eine Debatte am Wirtshaustisch, aber nicht in einen objektiv geführten Ermitt­lungsakt. (Beifall bei der ÖVP.)

Und wenn wir davon sprechen oder lesen, dass Veranstaltungen mit mehr als 100 Per­sonen als vertrauliche Einzelgespräche tituliert werden, dann ist das doch sehr verwun­derlich: 100 Personen führen ein vertrauliches Einzelgespräch.

Berichtspflichten, und das ist objektiv und das kann sich jeder anschauen, wurden schlichtweg nicht eingehalten. Das war sowohl bei der Einleitung des Ermittlungsver­fahrens so als auch bei der Hausdurchsuchung Ende Dezember. (Abg. Kickl: Das hat Sie alles bei Strache überhaupt nicht interessiert!) Also ich hoffe, dass das unabhängige Stellen entsprechend untersuchen werden. Wir werden dazu heute noch eine parlamen­tarische Anfrage einbringen und hoffen, dass das Aufklärung bringt und mithilft, dass derartige Fehler nicht mehr passieren.

Frau Kollegin Meinl-Reisinger hat vorhin von einer gerichtlichen Bewilligung für die Haus­durchsuchung gesprochen. Ja, das ist in diesem Rechtsstaat auch richtig und notwendig, das ist nichts Außergewöhnliches. Außergewöhnlich ist aber schon, wenn übergeord­nete Gerichte dann entscheiden, dass die Hausdurchsuchung möglicherweise wider­rechtlich war, so wie wir es beim BVT-Skandal gehabt haben. Widerrechtliche Haus­durchsuchungen (Abg. Kickl: Vielleicht muss man das auch alles neu bewerten!) haben eine der wichtigsten und sensibelsten Sicherheitsbehörden des Landes beschädigt (Abg. Belakowitsch: Das hat noch keiner festgestellt!) und – noch einmal – Dinge mitge­nommen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.

Oder denken wir an Ermittlungsverfahren gegen Landeshauptmann Peter Kaiser, gegen Norbert Hofer, gegen Werner Faymann, Josef Ostermayer und Norbert Darabos! (Abg. Belakowitsch: Hatten die auch alle eine Hausdurchsuchung?) Die wurden jahrelang verfolgt, ohne dass es zu einer entsprechenden Verurteilung kam, und der mediale und persönliche Druck war gewaltig. (Abg. Kickl: Auch Hausdurchsuchung? Ich weiß nicht!) Und dazu kam noch die Vorverurteilung.

Die Statistik spricht Bände: 39 935 Personen wurden von der WKStA beschuldigt, ledig­lich 471 Personen sind verurteilt, das heißt, von 100 Beschuldigten ist nur eine Person verurteilt worden. Und diese Personen mussten lange Zeit mit falschen Vorwürfen leben, sie mussten beruflich massive Einschränkungen vornehmen und sie wurden medial und von anderen Politikern entsprechend verurteilt. Sie wurden zu Unrecht verfolgt.

Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung: Eine effektive Strafverfolgung im Kampf gegen Korruption ist unbedingt notwendig. Darauf, diese Institutionen zu verbessern, haben wir uns im Regierungsprogramm verständigt. Was es aber braucht, ist eine objek­tiv unabhängig arbeitende Ermittlungsbehörde, und dafür werden wir weiter kämpfen. Daher fordern wir die Etablierung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts. Das wer­den wir rasch angehen. Seien Sie dabei, wenn wir diskutieren, wenn wir entscheiden, mit Justizexperten, mit Richtern, mit Staatsanwälten und Parlamentariern.

Unser Finanzminister Gernot Blümel hat mein vollstes Vertrauen. Auch für ihn gilt: un­schuldig bis zum Beweis des Gegenteils. (Beifall bei der ÖVP.)

15.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Hafenecker zu Wort gemeldet. – Bitte.