14.04

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin, ich möchte zunächst einmal sagen, dass ich Ihnen glaubhaftes Engagement in dieser Frage nicht absprechen möchte. Auch der Bericht – sowohl was diese sechs Säulen betrifft, als auch hinsichtlich der Maßnahmen – ist eine gute Grundlage.

Ich glaube aber trotz allem, dass man hinschauen muss, wenn Menschen jüdischen Glaubens von der Kultusgemeinde davor gewarnt werden müssen, ihre Wohnungen zu verlassen. Es ist kein Text aus den dunkelsten Kapiteln unserer Geschichte, sondern das ist ein sehr aktueller Text vom vergangenen Samstag, als Covid-Leugner, Rechts­radikale, Reichsbürger – und ja, zugegeben auch andere, Verzweifelte – durch Wien zogen. Vor 14 Tagen wurde eine pervertierte Form des Davidsterns mit dem Wort „unge­impft“ auf einer vergleichbaren Demonstration getragen. (Ruf bei den Grünen: Fatal!) Da muss man sagen – vollkommen richtig –: Das ist fatal, und ehrlich gesagt geht es dabei nicht um Sonntagsreden, sondern darum, ganz klare Probleme zu benennen, die wir hier und heute haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Klar ist: Antisemitismus ist nicht zu akzeptieren, durch keine Begründung, und es kann auch keine Begründung für den Antisemitismus geben, weil es keine Gründe für Anti­semitismus gibt. So einfach ist es eigentlich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Es ist – Jörg Leichtfried und viele andere haben es heute schon betont – an uns allen, eine unmissverständliche Haltung einzunehmen. Ich glaube übrigens, liebe und hochgeschätzte Eva Blimlinger, dass uns sprachpolizeiliche Ermittlungsmethoden – ob man jetzt Jüdinnen oder Juden oder jüdische Mitbürgerinnen oder jüdische Mitbürger sagt – auch nicht entscheidend weiterbringen. (Beifall bei der SPÖ.) Ich verstehe die Intention deines Redebeitrags, aber es zeigt sozusagen, dass es ein sensibles Thema ist, und ich würde niemandem absprechen, mit diesem Thema sensibel umgehen zu wollen, insbesondere Kollegen Leichtfried nicht.

Gestatten Sie mir aber bitte, in meiner vorletzten Rede noch auf ein Thema zu sprechen zu kommen, das nicht unmittelbar damit zu tun hat, aber irgendwie doch. Ich zitiere einen Artikel aus der „Wiener Zeitung“ aus dem Jahr 1773: „Mit Vergnügen sehen wir [...], daß Hr. von B. weder Juden noch Leute, die andere Meynungen in einer oder der andern Glaubenslehre hegen, aus seiner Sammlung ausgeschlossen, und mit eben so vielem Vergnügen unterschreiben wir das Urtheil [...], daß die Toleranz in der Republik der Ge­lehrten noch weit mehr statt finden müsse, als in jedem andern [...] Wesen“. – Ich wie­derhole: Die „Toleranz“ jedem Glauben gegenüber muss „in der Republik der Gelehrten“ stark stattfinden – eine Botschaft, die 250 Jahre später immer noch richtig ist und die sich alle zu Herzen nehmen sollten, insbesondere jene, die im Moment die „Wiener Zei­tung“ zu Grabe tragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Den Intoleranten und den Geschichtslosen möchte ich in diesem Zusammenhang ein Zitat von Odo Marquard mit auf den Weg geben: „Zukunft braucht Herkunft“. – Das gilt für das jüdische Leben genauso wie für eine der ältesten Tageszeitungen der Welt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Michaela Steinacker. – Bitte, Frau Abgeordnete.