Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Wie wir wissen, befindet sich der Sport mittlerweile seit fast einem Jahr in einem dauernden Lockdown mit einzelnen Unterbrechungen. Zigtausende Nachwuchs- und Hobbysportler können noch immer nicht ihre Sportstätten – vor allem indoor – betreten oder in ihren Vereinen Sport betreiben.

Ich halte diesen andauernden Sportlockdown ehrlich gesagt für ein gesundheitliches Verbrechen an der Gesellschaft, aber auch an unseren Kindern. Mir fehlt jedes Verständ­nis dafür, dass man Kinder über Monate hinweg zu Hause einsperrt und ihnen verbietet, Sport zu betreiben. Insbesondere jetzt, da die Schulen wieder geöffnet haben und die Kinder ständig mit Tests gequält werden, ist es absolut unverständlich, dass ein Kind mit einem negativen Coronatest aus der Schule am Nachmittag nicht im jeweiligen Verein auch indoor Sport betreiben kann. Das versteht kein Mensch mehr.

Daher meine Frage:

40/M

„Wie begründen Sie die Tatsache, dass es bereits in Schulen getesteten Kindern und Jugendlichen verboten ist, in Indoor-Sportstätten Vereinssport auszuüben?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wir haben ja schon öfter über die Zeitspanne der Pandemie und was währenddessen möglich war und was nicht, ge­sprochen. Dass wir ein Jahr Lockdown hatten, würde ich wohl – empirisch befundet – zurückweisen, weil wir in Österreich nämlich vom Spätfrühjahr bis in den Herbst hinein mehr Möglichkeiten, was die Sportausübung betrifft, gehabt haben als in vielen ver­gleichbaren europäischen Ländern. – Das dazu.

Zum Zweiten: Generell gibt es jetzt – das wird heute sicher noch eine Rolle spielen – den schrittweisen Öffnungsplan, in dem es genau in die Richtung geht, dass sich auch Erwachsene – zuerst im Freien, dann indoor – wieder in Sportvereinen betätigen kön­nen.

Zur konkreten Frage betreffend Kinder und Jugendliche: Wir haben das jetzt einmal, wie Sie wissen, seit eineinhalb Wochen im Freien möglich gemacht, auch ohne zusätzliche Zutrittstests für Kinder und Jugendliche, weil dort der größte Bedarf vorliegt, erstens wegen der körperlichen Betätigung, die da möglich wird, aber auch wegen psychischer Notwendigkeiten – Sie kennen ja all diese Argumente; deshalb ist das jetzt zugelassen worden. Und der Grund, warum das indoor nicht möglich ist, ist genau dieses Vorsichts­konzept. Draußen mit Abstand kann schon sehr viel gemacht werden, wir haben uns bei einigen Vereinen selber davon überzeugt.

Warum das nicht so ohne Weiteres übertragbar ist, ist einfach darin begründet, dass diese Schnelltestkonzepte in den Schulen noch nicht für so valide gehalten werden, dass man das einfach am Nachmittag in anderer Gruppendurchmischung wieder angehen kann. Insofern ist das nicht so logisch, wie es klingt – das klingt nur a prima vista logisch. Auf die Dauer würden wir aber genau in die Richtung gehen, dass die Tests, die in den Schulen gemacht werden, anerkannt werden, und so sie 48 Stunden oder älter sind, muss dann halt mit dem vorher schon angesprochenen Schnelltestkonzept weiter ver­fahren werden.

Das Ziel ist also, genau dort hinzukommen, dann kann man im zweiten Schritt auch indoor gehen, aber es braucht eine zusätzliche Testvoraussetzung, solange die Tests, die in der Schule angewandt werden – sei es durch Anwendung, sei es durch die Produk­te, die verwendet werden –, noch nicht ausreichend verlässlich sind.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vizekanzler, ich halte diese Vorgehensweise, dass Sie Sport indoor – besonders für Kinder – noch immer nicht er­möglichen, ehrlich gesagt für unverantwortlich, weil Sie damit bewusst gesundheitliche Kollateralschäden in Kauf nehmen. Sie werden die Studien kennen: Es gibt mittlerweile mehrere, die zeigen, dass der Bewegungsmangel bereits zu beträchtlichen Schäden ge­führt hat.

Die Kinder werden auch massenweise auf die Psychiatrien getrieben – um 56 Prozent mehr Kinder leiden unter Depressionen und Angstzuständen, 16 Prozent mehr haben Suizidgedanken. Das sind erschreckende Zahlen, Herr Minister!

Insgesamt muss man auch sagen, dass die WHO selbst gesagt hat, dass Sport in die Krisenbewältigung zu integrieren und eben nicht zu verbieten ist, weil er gerade für die Gesundheit und die Stärkung der Immunabwehr so wichtig ist. Daher frage ich Sie: Was haben Sie in den letzten Monaten – und jetzt reden wir nicht von der Zukunft – schon an Sportinitiativen oder gesundheitlichen Präventionsprogrammen ins Leben gerufen, um ausreichend Bewegung nicht nur bei den Kindern, sondern allgemein in der Gesellschaft sicherzustellen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Frau Abgeordnete! Die Begründungen, die Sie hier anführen, halte ich auch gemäß dem, was uns an Studien zur Verfügung steht, für weitestgehend zutreffend. Das ist ja der Grund, warum wir bei den Kindern und Jugendlichen die Aus­nahme gemacht haben, dass da eben schon einiges möglich ist, selbst ohne Test.

Wir haben uns außerdem – weil Sie mich fragen, was wir alles getan haben – sehr ins Modell Vorarlberg eingebracht. Dort wird ja probiert, wie das bei Kindern und Jugendli­chen mit der Sportbetätigung indoor geht, eben mit den entsprechenden Testvorausset­zungen. Auch dort wurden zusätzliche Testvoraussetzungen zur Vorbedingung ge­macht, und das halte ich für verantwortungsvoll. Man muss nämlich schon ein bisschen aufpassen, wenn man hier das Wort Verantwortungslosigkeit strapaziert – da würde mir zu Ihrer Fraktion etwas einfallen, aber das unterlasse ich an dieser Stelle. (Heiterkeit des Abg. Schmidhofer.)

Der Punkt ist nur, es ist leider nicht mehr so wie vor einem Jahr geglaubt: dass bei Kin­dern und Jugendlichen weniger Infektionsgeschehen in dem Sinn anlanden würde, dass sie weniger Virenlast aufnehmen, selbst erkranken. Das hat ja so weit immer gestimmt, aber sie sind durchaus auch in der Lage, das Virus weiterzugeben, und das hat sich mit der britischen Mutation massiv verschlechtert und verschärft. Auch die jüngeren Jahr­gänge sind viel stärker betroffen. Wir haben dort mittlerweile die höchsten Inzidenzen, und deshalb ist es so, dass das Verantwortungsprinzip und das Vorsichtsprinzip dazu führen, dass man nicht einfach mir nichts, dir nichts alles aufsperren kann. Aber ja: Im Freien mit Abstand wurde das ja jetzt schon gemacht – weil alles eine Frage der Abwä­gung ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Vorderwinkler. – Bitte.

Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Wie werden Sie Gesundheitsminister An­schober davon überzeugen, den Vereinssport zu öffnen, wo das möglich ist, wo keine Ansteckungsgefahr besteht, und wann werden die Gespräche dazu geführt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Danke schön für die Frage. – Ich bin ja öfter Zeuge davon, wie die Expertinnen und Experten, die Beiräte, die EpidemiologInnen, die VirologInnen da­rüber beraten, was wo wie ansteckend ist, und das führt ja dazu, dass wir, kommend vom Gesamtgeschehen, manchmal, so wie jetzt eben in der Ostregion, gezwungen sind – jedenfalls sehen das jetzt ausreichend viele so –, generelle Kontakteinschränkun­gen vorzunehmen.

Wenn wieder mehr möglich ist, dann ist es mit Sicherheit so, dass die Eintrittstests der Schlüssel für fast alles sind. Diesbezüglich würde ich meinen, dass das für Sport, für Kultur und überall gilt. Die Voraussetzungen können wir in Österreich schaffen: Wir sind ja jenes Land in Europa, wo seit vielen Wochen am meisten getestet wird, und auf der Basis, glaube ich, kann man das angehen. Und wenn jetzt die sogenannten Selbsttests auch noch stärker in diese Verlässlichkeitsrange gebracht werden und auch – mit einer Kontrollmöglichkeit – entsprechend anwendbar sind, dann halte ich da sehr viel für möglich. Da brauchen wir dann den Gesundheitsminister nicht zu überzeugen, weil er ja selber von sich aus genau diesen Weg beschreitet.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Grünberg. – Bitte.

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Viele Sportver­eine hoffen auf weitere Öffnungsschritte, gerade was den Sport im Indoorbereich betrifft und auch Mannschafts- und Kontaktsportarten. Wie Sie schon gesagt haben, hat es Lo­ckerungen in Vorarlberg gegeben, und dort wird man bestimmt einiges an Erfahrungen sammeln. Unter welchen Voraussetzungen können Sie sich solche weiteren Öffnungs­schritte für ganz Österreich vorstellen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Frau Abgeordnete, vielen Dank für diese Frage. – Ich möchte noch einmal speziell auf die Modellregion – eigentlich: Erkenntnisregion – Vorarlberg verweisen; dort wird jetzt laufend evaluiert. Ich glaube, unter den Voraussetzungen und angesichts der Antworten, die ich vorhin schon gegeben habe, müssen wir uns das so vorstellen: Wenn ab dem Tag X in bestimmten Regionen wieder mehr möglich wird, dann genau mit dieser Testkonzeption – manche Tests, die weniger valide sind, haben nur 12 oder 24 Stunden Gültigkeit, andere 48, andere 72. Wir überlegen, ob wir das noch ver­einfachen können, aber es werden immer die Eintrittstests sein, die da die Vorausset­zung sind – bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Durchimpfungsrate ausreichend hoch ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage, 44/M, stellt Frau Abgeord­nete Blimlinger. – Bitte.