18.10

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf einen anderen Aspekt der Anfrage zu sprechen kommen. Wir haben hier nämlich wieder einen Fall, in dem Informationen aus einem ÖVP-geführten Ressort, ei­nem Sicherheitsressort, zielgerichtet an die Medien gelangten.

Wenn Funkprotokolle der Polizei an Medien gehen und das hilft, eine Behauptung des Ministers zu untermauern, die in Kritik steht, dann stellt sich nicht mehr die Frage, in wessen Interesse das passiert. Das ist umso klarer, weil das Einzige, das Ihnen, Herr Minister, dazu einfällt, ist – ich zitiere aus Ihrer Anfragebeantwortung –: „Übermittlungen von Funkprotokollen an Medien sind weder im Sinne noch entspricht sie den Gepflogen­heiten der Medienarbeit der Landespolizeidirektion Wien.“ – Das ist es; es herrscht keine Sorge zu dieser Praxis. Dabei muss das Leck ja nicht bei der LPD Wien sein, bei Funk­protokollen hören ja viele mit. Im Innenministerium kann man das auf dem Führungs­kanal mithorchen, wenn man nur einschaltet.

Die Frage ist daher, warum Sie, Herr Innenminister, an der Anfragebeantwortung nicht Interesse zeigen und nicht zusagen, sich der Frage der Leaks beziehungsweise der Frage, wie man diese verhindern kann, zu widmen. Soweit es da zum Bruch des Amtsge­heimnisses oder sonstigen Rechtswidrigkeiten kommen konnte: Interessiert es Sie nicht, ob diesbezüglich ermittelt wird? – Es ist ja wahrlich auch kein Einzelfall. Wir wissen aus dem Ibiza-Untersuchungsausschuss, dass qualifizierte Verdachtslagen für andere Leaks aus der Soko Tape bestehen.

Beispiele: Im „Fellner! Live“-Interview im Mai 2020 stellte Richard Schmitt klar, dass er über Informationen aus dem Ibizaverschlussakt verfügt. Da sagt er nämlich, dass er – Zitat – ja auch einsehen konnte bei den Akten im Bundeskriminalamt; und: Das habe ich gestern aus dem Bundeskriminalamt en détail geschildert bekommen. – Zitatende. Und ein gewisser Herr Gert Schmidt, Betreiber der Novomatic-freundlichen Seite eu-info­thek.com, fällt auch immer wieder damit auf, dass er Hintergrundwissen aus laufenden Verfahren im Ibizakomplex hat und Aktenteile veröffentlicht.

Es zeigt sich also, es gibt viele Leaks aus der Sphäre des BMI, und diese herausgetra­genen Informationen haben einen gemeinsamen Nenner: Sie sind für die ÖVP opportun. (Abg. Deimek: Ui!) Warum? Worüber wird da berichtet? – Über das Hintermännerverfah­ren zum Ibizavideo und nicht darüber, was für dieses Land eigentlich viel wichtiger wäre, nämlich über das Korruptionsverfahren, in dessen Fokus die ÖVP immer mehr gerät.

Was hören wir aber seit mehr als einem Jahr von Sebastian Kurz abwärts vonseiten der ÖVP? – Dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an Medien leaken wür­de. Belege für diese Behauptung blieben der Kanzler wie auch alle anderen bis heute schuldig. Weder im U-Ausschuss noch vor der Justiz, die aufgrund dieser Aussagen Ermittlungen einleitete, konnte die ÖVP diese Diffamierung belegen. Das Strafverfahren wurde eingestellt.

Unfundiert anpatzen, das macht die ÖVP spätestens dort, wo ihr nichts anderes mehr einfällt, so auch wieder anlässlich des Bekanntwerdens der Ermittlungen gegen Minister Blümel. So führte zum Beispiel – Frau Kollegin, Sie meine ich – Justizsprecherin Stein­acker in einer Presseaussendung schon im Titel aus: „Leaks aus Teilen der WKStA sind leider Faktum“. Auch Kollege Wöginger sprach in einer Pressekonferenz davon, dass es bei der WKStA immer wieder zu Leaks käme. Evidenz blieben sie beide schuldig.

Die Frage, inwieweit dieses Vorwerfen strafrechtlich relevanten Verhaltens ohne irgend­welche Beweise strafbar ist – Stichwort Verleumdung –, haben die zuständigen Staats­anwaltschaften zu klären. Ich habe dementsprechend eine Anfrage gestellt.

Die echte Sorge um Leaks ist auf Innenministeriumsseite zu suchen, und ich habe kein Wort von Ihnen darüber gehört, dass Ihnen diese fundierte Verdachtslage Sorgen ma­chen würde, Herr Innenminister. Deswegen habe ich eine Anfrage gestellt und hoffe und erwarte mir fundiertere Antworten als jene, die Sie, Herr Innenminister, auf die gegen­ständliche Anfrage des FPÖ-Kollegen gegeben haben, denn diese Art von Anfragenicht­beantwortung wird dem Interpellationsrecht in keiner Weise gerecht und ist eine Ver­höhnung des Parlaments. (Beifall bei den NEOS.)

18.14

Präsidentin Doris Bures: Mir liegt jetzt eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Herrn Abgeordnetem Mahrer vor. – Bitte.

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