13.09

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschir­men zu Hause! Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass Sie hier im Hohen Haus das Budget für 2020 beschlossen haben, und ich kann mich noch gut erinnern, wie turbulent die Debatten damals waren. Ich habe versucht, im Protokoll zu stöbern, und habe da auch die Aussage meinerseits darüber gefunden, was das Ziel in diesem Jahr der Pan­demie sein soll. Das Ziel haben wir damals so definiert, dass es entscheidend sein wird, wie viele Menschenleben gerettet werden, wie viele Arbeitsplätze gesichert werden und wie viele Unternehmen vor der Insolvenz bewahrt werden.

Mir ist durchaus bewusst, dass es in diesem Jahr viel – zum Teil auch gerechtfertigte – Kritik gegeben hat – diese haben wir, so schnell und so gut es gegangen ist, auch ein­gebaut –, aber ich glaube, das Erreichen dieser drei Ziele – Menschenleben zu retten, Arbeitsplätze zu sichern und Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren – ist uns gelungen. Das bestätigen uns auch alle Zahlen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich darf vielleicht ein wenig auf das eingehen, was die werten Abgeordneten vor mir gesagt haben.

Frau Abgeordnete Yildirim hat das Frauenbudget angesprochen. Der Herr Kollege hat es ja bereits dargelegt: Es ist um fast 50 Prozent gestiegen, und das nach sehr, sehr langer Zeit, in der auch die SPÖ in der Regierung war und in der diesbezüglich weniger passiert ist. Ich glaube, es ist eine klare Sprache, die diese Zahlen sprechen.

Der Herr ehemalige Staatssekretär Fuchs hat gemeint, es war klar, dass nicht genug budgetiert worden ist – ich glaube, auch Kollegin Doppelbauer hat in ein ähnliches Horn gestoßen: Es war irgendwie klar, dass das so nicht halten wird. Nun, bis zu einem gewissen Grad darf ich Ihnen da schon recht geben: Es ist in Zeiten hoher Volatilität nicht klar absehbar, einerseits wie die Einnahmensituation sein wird, andererseits wie die Ausgabensituation sein wird, wenn man eben die Pandemie mit diesen drei genannten Zielen bekämpfen möchte.

Ich kann mich erinnern, dass im Frühjahr letzten Jahres, als wir das Budget hier diskutiert haben, zum Teil auch zu Recht kritisiert worden ist, dass das Budget, das vorgelegt wurde, weder in den Wachstumsraten noch in den zu erwartenden Ergebnissen die Realität widergespiegelt hat – aufgrund der Tatsache, dass sich zwischen dem Einbringen des Budgets und der Diskussion natürlich massiv viel getan hat; ich glaube, das wird nie­mand in Abrede stellen. Wir haben versucht, auch aus dieser Kritik zu lernen, das mitzunehmen, und haben dann im Herbst beim Beschluss des Budgets für 2021 auf aktualisierte Wifo-Schätzungen abgestellt, um das Budget zu ändern. In dem einen Fall ist gesagt worden, man legt keine aktuellen Daten vor, im anderen Fall ist dann gesagt worden: Na, hättet ihr es nicht gleich anders machen können? – Das empfinde ich dann doch als eine etwas doppelbödige Argumentation.

Wir versuchen hier wirklich, das Aktuellstmögliche zu tun. Wir haben auch dieses Mal das Wirtschaftsforschungsinstitut ersucht, eine aktuelle Berechnung vorzulegen – Sie wissen, dass wir im Finanzministerium auch gesetzlich dazu verpflichtet sind, ein unabhängiges Institut, was die Wachstumsprognosen betrifft, heranzuziehen, um darauf die Budgetschätzung zu vollziehen –, und es ist nun einmal Tatsache, dass das Wifo in den letzten Monaten in der aktuellsten Schätzung gemeint hat, das Wachstum für heuer würde mit 1,5 Prozent nach unten korrigiert werden müssen. Das haben wir auch diesem Budget zugrunde gelegt.

Könnte es besser werden? – Nun, wir alle hoffen, dass es besser wird, und wenn ich mir die Prognosen ansehe, dann muss ich feststellen: Jede neue Prognose für dieses Jahr und für das nächste Jahr, die herauskommt, ist eine andere. Wir haben momentan Varianten von Budgetprognosen für das Jahr 2021 für Österreich, die von jener der OECD mit 1,2 Prozent bis hin zu jener, ich glaube, der Industriellenvereinigung, die bei 3,8 Prozent liegt, reichen. Letzte Woche ist die Europäische Kommission mit einer Prognose von 3,5 Prozent für das Jahr 2021 herausgekommen. Das heißt natürlich, da ist viel Platz zwischen 1,2 Prozent und 3,5 Prozent. Faktum ist, dass wir auf der Basis eines unabhängigen Instituts prognostizieren, und das ist auch die Grundlage für die budgetären Schätzungen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass wir die drei Ziele – das Retten von Menschenleben, das Sichern von Arbeitsplätzen und das Bewahren von Unternehmen vor der Insolvenz – erreicht haben, wird sichtbar – ich habe es schon ausgeführt –, wenn man sich die Zahlen ansieht: Die Zahl der Insolvenzen im Jahr 2020 liegt knapp 40 Prozent unter jener des Jahres 2019, im ersten Quartal 2021 sind es sogar 57 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Wir haben auch im Vergleich zu anderen Staaten mehr Geld in die Hand genommen, und dieses Geld ist auch geflossen.

Wir sind, und das hat Kollegin Doppelbauer auch schon angedeutet, natürlich in manchen Sektoren unserer Wirtschaft härter von Corona betroffen als andere. Das macht einen Großteil der Unterschiede aus. Ich spreche auch immer von einer dreifach stärkeren Betroffenheit durch Corona. Warum? – Weil Corona ja nicht alle Wirtschaftsbereiche in gleicher Weise einschränkt. Es sind vor allem jene Bereiche besonders eingeschränkt, in denen es um zwischenmenschlichen Kontakt geht, also Dienstleistungsbereiche. Das sind wiederum jene Bereiche, die für Österreichs Wertschöpfung eine überdurch­schnitt­liche Relevanz haben, also Tourismus und Freizeitwirtschaft, die Gastronomie et cetera – wir wissen: 15 Prozent Beitrag zum BIP, und es gibt kaum Länder in Europa, in denen diese Bereiche eine höhere Relevanz haben.

Und der dritte Punkt ist, dass gerade jene Betriebe in Österreich, die besonders betroffen sind, eine unterdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung haben. Diese dreifache Heraus­for­derung für die österreichische Wirtschaft haben wir aus meiner Sicht mit den Maß­nahmen, die wir aufgesetzt haben, wirklich sehr gut abgefangen. Ich darf mich auch bei allen, die daran mitgewirkt haben, bedanken, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die heutigen Öffnungsschritte bringen natürlich einen neuen Schwung in Richtung Comeback. Wir haben ja das Wirtschaftsforschungsinstitut auch ersucht, zu prognos­tizie­ren, was das denn – unter der Voraussetzung, dass diese Öffnungsschritte auch fortgesetzt werden können – heißen wird, und da hat es zu einem Gutteil Überraschung gegeben, wie positiv diese Aussichten wirklich sind. Es gibt bereits jetzt einzelne Wirtschaftsbereiche, in denen im Wochenvergleich die wirtschaftliche Situation ident mit dem Vorkrisenniveau ist. Es gibt einige Bereiche, in denen das noch nicht der Fall ist – natürlich in der Gastronomie, Beherbergung et cetera –, aber auch für diese Bereiche ist es möglich, wenn die derzeitige Erwartungslage zutrifft, dass wir Richtung August wieder an das Vorkrisenniveau anknüpfen können. Das ist weit besser und weit schneller, als es in vielen Diskussionen von vielen Experten in den letzten Monaten und Jahren er­wartet worden ist.

Faktum ist aber auch, dass die längere Dauer von Corona, die Herausforderung bei der Impfstoffbeschaffung et cetera dazu geführt haben, dass in diesem Jahr weitere Maßnahmen getroffen werden mussten. Wir sind ja mittlerweile in Österreich Testwelt­meister. Das hat dazu geführt, dass wir früher als andere Länder Öffnungsschritte ein­leiten konnten. Mittlerweile läuft auch der Impfturbo, und deswegen ist die Aussicht eine positive. Dennoch war es bisher notwendig, mehr Geld in die Hand zu nehmen – im Gesundheitsbereich, aber auch im Bereich der Wirtschaftshilfen –, um die drei Ziele, die ich eingangs genannt habe, weiterhin zu erreichen. Im Übrigen sind wir nicht das einzige Land – bei Weitem nicht –, das eine Adaptierung des Budgets für 2021 aufgrund von Corona vornimmt. Deutschland hat das mit einem Nachtragshaushalt bereits getan, und auch die Schweiz hat das Ende März in sehr, sehr ähnlicher Art und Weise getan.

Wie setzen sich die wesentlichen Änderungen dieser Budgetnovelle zusammen? – Die 5,5 Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben sind vor allem zurückzuführen auf, erstens, die direkt budgetierten Zahlungen aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds, da ins­besondere auf die gesundheitspolitischen Maßnahmen und die Teststrategien. Zweitens ist die Coronakurzarbeit um 2,2 Milliarden Euro erhöht worden. Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, dass wir auch auf den letzten Metern die Unternehmen unterstützt und die Arbeitsplätze gesichert haben. Warum war das so wichtig? – Das Ziel all dieser Maß­nahmen war ja, dass der V-Effekt, der von vielen prognostiziert worden ist, das heißt nach einem scharfen Abfall der Wirtschaft dann bei Wegfall der einschränkenden Maß­nahmen ein scharfes Wiederansteigen, auch eintreten kann. Das ist natürlich nur dann möglich, wenn Unternehmen einfach aufsperren können, wenn die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer noch da sind, wenn das Unternehmen noch existiert. Dann kann dieser V-mäßige Aufschwung gelingen, und deswegen war es wichtig, dass wir auch auf den letzten Metern zusätzlich unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der dritte Bereich sind konjunkturankurbelnde Maßnahmen. Wir haben gesagt, wir wol­len nicht nur das Ausdünnen der Pandemie und vielleicht die verdoppelte Sparquote und die Konsumfreudigkeit selbst wirken lassen, sondern wir wollen auch einen Turbo für den Aufschwung zünden, indem wir eine Investitionsprämie auflegen, die dafür sorgen soll, dass Investitionen, die in den nächsten Monaten oder Jahren geplant wären, vorge­zogen werden – das heißt, dass jetzt Geld in die Hand genommen wird, dass jetzt der Auftrag gegeben wird, dass jetzt die Auftragsbücher gefüllt werden und dass jetzt dadurch Arbeitsplätze gesichert werden.

All das trägt dazu bei, dass der Aufschwung stärker wird, als er vielleicht insgesamt vorher gesehen worden ist. Deswegen darf ich Sie guten Gewissens um Zustimmung zur vorliegenden Novelle des BFG und des BFRG bitten. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.19

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger. – Bitte.