Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Ich stelle mit Freude fest, Sie wollen Steuern senken oder daran festhalten. Reden wir aber davon, was in Wirklichkeit im Parlament beschlossen wurde, denn seit 1. Juli ist die Erhöhung der NoVA in Kraft. Sie beträgt in Prozenten je nach Fahrzeug bis zu 500 Pro­zent, und sie bewirkt vor allem eine Verteuerung bei Familienfahrzeugen mit bis zu sieben Sitzen, wie dem Sharan Family, oder auch bei Firmenfahrzeugen, Klein-Lkws, Prit­schenfahrzeugen und Ähnlichem, mit denen die Unternehmen auf die Baustellen fahren, Betriebe servicieren, interne Logistik betreiben.

Die sind also davon betroffen, und deswegen hat ja die Wirtschaftskammer, konkret die Bundessparte Gewerbe und Handwerk, mit ungefähr 1,8 Millionen Euro mehr Steuern gerechnet und spricht – ich zitiere – von einem „Angriff auf [...] Klein- und Mittelbetriebe“. Darum hat auch der steirische Wirtschaftsbund, wie Sie sicher wissen, eine Petition da­gegen aufgelegt.

Meine konkrete Frage lautet: Wann werden Sie, wie von der Wirtschaftskammer gefor­dert, die mit 1.7. in Kraft getretene NoVA-Reform zurücknehmen, oder werden Sie die Kammer im Regen stehen lassen?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 106/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wann werden Sie – wie von der Wirtschaftskammer gefordert – die mit 1.7.2021 eingeführte exorbitante Erhöhung der Nova zurücknehmen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst einmal freue ich mich sehr, dass Sie Vorschläge der Wirtschaftskammer ernst nehmen. (Abg. Deimek: Immer!) Ich finde, die machen eine ausgezeichnete Interessenvertretung im Sinne der österreichischen Unternehmen. Faktum ist aber, dass wir auch Maßnahmen gesetzt haben, die Steuerbemessungsgrundlage gerade für diese Unternehmen bei Investitio­nen zu reduzieren, und das heißt natürlich auch: Je höherpreisig das Gut ist, das ich anschaffe, desto mehr kann ich auch meine Steuerbemessungsgrundlage reduzieren.

Wir alle wissen, dass die degressive Abschreibung in den letzten Jahrzehnten eine lang diskutierte Forderung unter anderem auch der Wirtschaftskammer war, weil sie massiv dazu beiträgt, Investitionsanreize zu setzen, und flexibel genug ist, um auch die Steuer­bemessungsgrundlage der Unternehmen so zu reduzieren, wie es eben den Unter­nehmen entspricht. Ich glaube, in der Kombination mit einer Nachhaltigkeits­maß­nahme, die wir in Zukunft auch weiterführen wollen, und einer Steuerreduktions­maß­nahme ist es eine wirkungsvolle Umsetzung für den österreichischen Standort.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Wenn wir uns jetzt die Verwendung der Steuermittel ansehen: Wir haben die NoVA erhöht, die motorbezogene Versiche­rungssteuer wird erhöht, die MÖSt ist in Planung und so weiter. Auf der Verwen­dungsseite hören wir gerade: Frau Bundesministerin Gewessler von den Grünen hat für ungefähr ein halbes Jahr eine sogenannte Evaluierung geplant, das heißt, das Bundes­straßenbauprogramm wird um mindestens ein halbes Jahr verzögert. In diesem halben Jahr werden die Kosten sicher mehr, wir kennen die Baukostenerhöhung der letzten Zeit.

Was werden Sie machen, damit die in der Zwischenzeit mehr oder weniger zweck­ge­widmeten – nicht dem Gesetz nach zweckgewidmeten – Mittel wirkungsvoll einge­setzt werden, damit wir auf der anderen Seite – sozusagen auf der Straßenbauseite – in der Zwischenzeit nicht unheimlich viel Zeit und Geld verlieren?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Ich glaube, das wäre eine konkrete Frage an meine Kollegin, denn das bezieht sich nicht auf den Vollziehungs­bereich des Finanzministeriums. Ganz generell darf ich auf Ihre Frage aber so antwor­ten: Ja, wir werden natürlich weiter Schritte gehen, um in Österreich die nachhaltige Trans­formation von Gesellschaft und Wirtschaft zu vollziehen.

CO2 wird ab 2022 einen Preis bekommen. Wir wollen aber gleichzeitig Maßnahmen setzen, die den Standort nach vorne bringen. Dass wir in den verschiedensten Bereichen viele Investitionen vornehmen – unter anderem im Infrastrukturbereich mehr als jemals zuvor –, das ist völlig richtig. Prinzipiell habe ich nichts gegen eine Evaluierung von bestehenden oder angedachten Projekten. Ich glaube auch, dass die Evaluierung zum Ergebnis kommen wird, dass gerade die in Rede stehenden Themen sehr, sehr wichtig für die Infrastruktur für die gesamte Ostregion, aber auch darüber hinaus sind – und deswegen bin ich guten Mutes, dass diese Projekte auch umgesetzt werden können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Bernhard. – Bitte.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Wir bleiben gleich bei der NoVA-Reform: Wie Sie wissen, habe ich dem Budgetdienst des Nationalrates die Frage gestellt, wie er die NoVA-Novelle beurteilt. Das Ergebnis der umfassenden Beantwortung war, dass kurzfristig aus ökologischer Sicht sehr geringe Lenkungseffekte und mittelfristig geringe, also jedenfalls keine bedeutenden Effekte eintreten, es aber zu Mehreinnahmen kommt.

Zentrale Frage: Die Ökologisierung des Steuersystems und auch des Abgabensystems muss ja darauf aufbauen, dass Sie das, was Sie durch die Ökologisierung mehr einnehmen, auf der anderen Seite wiederum den Menschen zurückgeben, damit auch wirklich eine Lenkung und nicht nur eine Erhöhung der Abgabenlast stattfindet. Die NoVA-Novelle war kein gutes Beispiel dafür. Wie können Sie als Finanzminister in Zukunft sicherstellen, dass da die Balance gehalten wird? Welche Maßnahmen planen Sie zur Ökologisierung des Steuer- und Abgabensystems ganz konkret?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst: Wenn Sie die Maßnahmen der letzten eineinhalb Jahre aufaddieren, sehen Sie, dass wir natürlich ein Vielfaches von dem zurückgegeben haben, was auch an Steuereinnahmen lukriert worden ist. Sie haben völlig recht: Bei der NoVA, bei der Flugticketabgabe und in an­deren Bereichen hat es Erhöhungen gegeben. Das ist auch Teil des Regie­rungs­pro­gramms, zu dem stehen wir auch. Ich glaube, es sind wichtige, kleine Teilschritte auf dem Weg hin zu einer Umsteuerung im Sinne der Nachhaltigkeit in Österreich. Wir haben aber ein Vielfaches davon durch Steuersenkungen im Bereich der Lohn- und Einkom­mensteuer und beispielsweise der degressiven Abschreibung zurückgegeben. Das ist auch genau der Weg, den wir weiter gehen wollen.

Ja, ich habe es heute schon mehrere Male gesagt: CO2 wird ab 2022 einen Preis bekom­men. Der wird sukzessive ansteigen, um auch in marktwirtschaftlicher Hinsicht eine Preisbildung zu ermöglichen, wodurch man sich darauf einstellen kann, dass man Schritt für Schritt auf andere, in Bezug auf CO2-Emissionen weniger intensive Technologien umsteigen soll. Gleichzeitig wollen wir aber in vielen Bereichen einerseits durch Direkt­förderungen, andererseits auch durch steuerliche Anreize Investitionsschritte ermög­lichen. Ich glaube, die Kombination wird sich auch im Sinne des österreichischen Standortes, der uns gemeinsam am Herzen liegt, wirklich sehen lassen können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Abgeordneter Weratschnig. – Bitte.

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Intention der neuen NoVA-Sätze ist ja vor allem, die CO2-Ziele zu erreichen und auch für die Republik drohende Zertifikatskäufe zu vermeiden. Andererseits ist der Lenkungseffekt, glaube ich, auch schon bei den Förderanreizen, was E-Autos betrifft, gegeben. Wir sehen das: Im März und im April gibt es bei den Neuzulassungen ein Plus von bis zu 10 Prozent. Immer mehr Menschen pro­fitieren also von der NoVA-Befreiung und der Befreiung von der motorbezogenen Ver­sicherungssteuer bei der Anschaffung von E-Fahrzeugen.

Konkrete Frage: Werden diese Anreize bei den E-Autos ab 2022 weiterhin bestehen bleiben und kann der NoVA-Ausfall durch diese Förderanreize bei den E-Autos für das laufende Jahr beziffert werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Zunächst einmal: Natürlich werden wir Förderschienen, mit denen wir erreichen können, dass Menschen incentiviert werden, auf klimafreundliche Technologien umzusteigen, weiter fortsetzen – in den ver­schiedensten Bereichen. Beispielsweise ist der Ölkesseltausch eine der wesentlichen Maßnahmen, mit der wir CO2-Emissionen reduzieren können, und zwar nachhaltig und langfristig.

Festzustellen, wie man jetzt den Steuerausfall beziffern würde, ist vielleicht ein bisschen schwierig, weil man dann genau gegenüberstellen müsste, welches Auto man gekauft hätte, wenn es die neue NoVA oder die Förderung für Elektrofahrzeuge nicht gegeben hätte, und wie viel die NoVA betragen hätte. Insofern ist das eine etwas schwierige Rech­nung. Ich glaube aber, die Neuzulassungszahlen bei Fahrzeugen, die einen Antriebs­motor mit reduzierten CO2-Emissionen haben, lassen sich sehen. Die steigen nach wie vor, und das heißt, glaube ich, wir sind da am richtigen Weg.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Schwarz. – Bitte sehr.