13.37

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir NEOS sehen diese Son­dersitzung als Anlass, erneut auf Missstände in diesem Land aufmerksam zu machen. Es gibt Missstände. Was macht die ÖVP? – Abgesehen davon, dass die ÖVP-Kollegen auch heute wieder mit Unwahrheiten Verwirrung stiften, will die ÖVP auch, dass wir uns an gewisse Zustände gewöhnen, dass wir, die Bürgerinnen und Bürger, apathisch wer­den.

Ist es nicht so, dass wir uns an Vieles in diesem Land gewöhnt haben, dass wir uns an Postenschacher, der eigentlich oft Korruption ist, gewöhnt haben, dass wir uns daran gewöhnt haben, dass in Strafverfahren manche gleicher sind als andere? Wir vergessen so vieles wieder viel zu schnell. Doch wir NEOS wollen nicht apathisch sein und wir sind es nicht – auch nicht bei dem Missstand, dass das Parlament – die Volksvertretung – und die Justiz und damit unsere Demokratie geschwächt werden sollen: dies durch die ÖVP, und das wollen wir in Erinnerung rufen.

All das geschah und geschieht im Ibiza-Untersuchungsausschuss und drumherum. Das Besondere am Ausschuss ist: Er zeigt nicht nur erfolgreich Machtmissbrauch, Posten­schacher und Korruption ganz nach altem Stil unter der Regierung Kurz I, sondern er brachte auch ans Licht, dass Bundeskanzler Kurz und die Seinen ohne mit der Wimper zu zucken bereit sind, Parlament und Justiz zu beschädigen und zu gängeln, wenn es für ihre Zwecke nötig ist – im Fall des Ibiza-Untersuchungsausschusses seit Tag eins des Ausschusses, um eigene Verfehlungen zu vertuschen. Sie haben Minister Blümel ja heute auch gehört – also bis heute.

Der Fokus der heutigen Debatte richtet sich auf Sie, Herr Minister, beziehungsweise auf Ihren Beitrag im Spiel der Verhöhnung des Parlaments. Wir erinnern daran, wie wenig Sie sich als Auskunftsperson im Juni letzten Jahres an Ereignisse erinnern konnten. Das allein ist eines Ministers unwürdig. Wir erinnern daran, dass Sie, Herr Minister, kaum relevante Dokumente freiwillig lieferten, weder als Finanzminister noch wegen Ihrer Funktion als Kanzleramtsminister in der Regierung Kurz I.

Sie haben heute gemeint: „es gibt keine E-Mails von mir“ – auch interessant! Aber Sie sagten nichts von anderen Korrespondenzen. Wir haben Chats von Thomas Schmid mit Ihnen. Warum haben Sie diese nicht mehr? – Können Sie mir zuhören, statt am Handy rumzuspielen, bitte? – Das sind Chats, in denen Sie sich mit Thomas Schmid über die Öbag-Postenbesetzungen austauschen. Das ist beruflich und daher an den U-Aus­schuss zu liefern – oder will die ÖVP ernsthaft behaupten, dass sie die Öbag als ihr Privatvergnügen sieht?

Sie als Finanzminister - - (Abg. Hanger: Ich bin dafür, dass Reden zukünftig auch abge­geben werden! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Bundesminister Blümel legt sein Smartphone aus der Hand.) – Danke. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wir erin­nern daran, dass Sie Akten erst bei Androhung der Exekution durch den Bundespräsi­denten (Abg. Schmuckenschlager: ... Meinl-Reisinger schreibt, ob der Urlaub schön ist!) und dann erst recht wieder in viel zu hoher Klassifizierungsstufe, nämlich geheim, liefern ließen. Nun kam es also zur Exekution durch das Landesgericht für Strafsachen Wien im Auftrag des Bundespräsidenten, und wieder weichen die Akten ab.

Plötzlich haben wir neue relevante und brisante Akten, die elektronisch geliefert wurden, sodass wir damit arbeiten können, aber Ihr Kalkül ging auf: Die neuen Akten können wir nun nicht mehr verwenden, denn wir haben keine Befragungstage mehr, weil nämlich ÖVP und Grüne den Untersuchungsausschuss daran hindern, fertig zu arbeiten.

Herr Minister, Sie haben tatsächlich einen neuen Stil in die Politik gebracht, aber ei­nen, auf den niemand gewartet hat. Niemand braucht noch mehr und noch dreisteren Postenschacher oder Korruption. Niemand braucht es, dass der Bundespräsident eine Exekution im Finanzministerium anordnen muss. Die Taktik des Zeitverzögerns erinnert mich an das Vorgehen Ihres Mentors Kanzler Kurz, der im Doppelpassspiel mit der ÖVP-Fraktion so lange die Zeit vertrödeln ließ, dass wir NEOS und Ihr Koalitionspartner nicht einmal in einer Fragerunde eine einzige Frage stellen konnten. – Dreist, aber wirksam, das zählt für die Familie.

Es gibt viel zu verstecken, scheint es, nämlich vor dem U-Ausschuss, vor den Volksver­tretern, vor den Bürgerinnen und Bürgern. Wer einen parlamentarischen Untersuchungs­ausschuss brüskiert, wer die Institutionen des Staates brüskiert, brüskiert die Bürgerin­nen und Bürger. Genauso wie Sie hier nur in Socken rumgelaufen sind, als wäre das irgendein Spielplatz, genauso respektlos behandeln Sie und die neue ÖVP auch das Parlament und die Institutionen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Daher wird der Misstrauensantrag von uns weiterhin und bestärkt mitgetragen, denn auch dieses Verhalten soll nicht die neue Normalität werden. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.42

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte.