18.00
Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir freuen uns jetzt ja alle, dass die Wirtschaft angesprungen ist und die Arbeitslosenzahlen zurückgegangen sind. Ich würde einmal sagen: Es liegt nicht an der Arbeit der Regierung, es liegt daran, dass die Menschen Angst haben, dass ihr Geld weg ist, und alle auf Teufel komm raus investieren – deshalb ist die Wirtschaft Gott sei Dank angesprungen.
Wir haben aber die Situation, dass immer noch fast 400 000 Menschen arbeitslos und beim AMS gemeldet sind. Leider, Herr Minister, gibt es auch junge Leute, die nach ihrer Ausbildung gleich direkt beim AMS landen. Da stelle ich mir die Frage: Was ist da los in diesem System? Bilden wir junge Leute vielleicht in die falsche Richtung aus? – Sie schütteln den Kopf. In der Wirtschaft fehlen uns Fachkräfte, die Wirtschaft sucht nach Lehrlingen, findet keine Lehrlinge – das ist ein Riesenproblem. In den Branchen verzeichnen bis zu 60 Prozent der Unternehmen starken Fachkräftemangel. Sie setzen in diesem Bereich kaum oder gar keine Maßnahmen.
Wir haben schon mehrfach Lehrlingsunterstützung gefordert, einerseits für die Betriebe, mithilfe eines Blum-Bonus, das heißt, dass ein Betrieb über die gesamte Lehrzeit einen Zuschuss bekommt – leider wurden alle diese Anträge abgelehnt. Wir haben auch Imagekampagnen für die Lehre gefordert, um die Lehre attraktiver zu machen – ich merke nichts davon, dass die Regierung irgendetwas in diese Richtung tut –, und ich habe in einem Ausschuss schon einmal einen Antrag betreffend eine Lehrabschlussprämie eingebracht.
Diesen Antrag werde ich jetzt wieder einbringen, und zwar:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Einführung einer Lehrabschlussprämie“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jene Maßnahmen zu setzen bzw. Schritte einzuleiten, die die Einführung einer bundesweiten, aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie in Höhe von 10.000 Euro für jede erfolgreich abgeschlossene Lehre sicherstellen, wobei 5.000 Euro dieser Prämie dem Lehrling bei erfolgreichem Lehrabschluss direkt ausgezahlt und 5.000 Euro in Form eines Bildungsschecks für seine berufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden sollten.“
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Ich glaube, das ist eine sehr sinnvolle Maßnahme, Herr Minister. Wir haben circa 100 000 Lehrlinge in Österreich, 30 000 werden jedes Jahr fertig. Das Geld wäre gut investiert. 5 000 Euro davon können sie dann für eine Meisterprüfung verwenden. Von zehn Lehrlingen werden drei Unternehmer. – Das wäre eine Investition in die Zukunft, eine Investition in unser System, eine Investition in die Bildung unserer jungen Leute. In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie den Antrag unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
18.03
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Erwin Angerer, Dr. Dagmar Belakowitsch
und weiterer Abgeordneter
betreffend die Einführung einer Lehrabschlussprämie
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 18: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 628/A(E) der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitsmarktpolitische Sofortmaßnahmen zur Beschäftigungsförderung (1088 d.B) in der 125. Sitzung des Nationalrates am 13. Oktober 2021
Der Fachkräftemangel in Österreich wird zusehends zu einem massiven Problem für die heimische Wirtschaft.
So legen die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage beispielsweise im Kärntner Gewerbe und Handwerk das Ausmaß des Fachkräftemangels in Kärnten dar: 24 Prozent der Betriebe gaben an, ihren Beschäftigungsstand in den nächsten Monaten um durchschnittlich 6,8 Personen erhöhen zu wollen. Spartenobmann Klaus Kronlechner betonte, dass die Erholung der Auftragslage im ersten Quartal 2021 gegenüber dem ersten Quartal 2020 zu diesem dramatischen Fachkräftemangel führte: „Wir trommeln seit Jahren, dass der Fachkräftemangel bedrohende Ausmaße für das Gewerbe und Handwerk annimmt. Jetzt ist die Situation eingetreten, vor der wir immer gewarnt haben: Unsere Betriebe können die Aufträge kaum noch abarbeiten, da ihnen qualifizierte Mitarbeiter fehlen. Wir sind jetzt leider an einem Punkt angekommen, an dem der Fachkräftemangel die Produktivität bremst.“1
Laut einer Studie, die im Auftrag der WKO durchgeführt wurde2, waren bereits im September 2020 62 Prozent der Betriebe von starkem Fachkräftemangel betroffen. Insgesamt gaben 81 Prozent der Betriebe an, dass sie zumindest in irgendeiner Form vom Mangel an Fachkräften betroffen sind. „Besonders intensiv wird der Mangel an Fachkräften am Bau, in der Herstellung von Holzwaren, im Tourismus, im handwerklichtechnischen Bereich sowie in mittelgroßen Betrieben erlebt. Hochgerechnet auf Österreich kann zum Befragungszeitpunkt September 2020 von einem geschätzten Fachkräftebedarf (offene Stellen) von rund 177.000 Personen (bezogen auf alle Mitgliedsbetriebe der WKO) ausgegangen werden.“ In rund 61 Prozent der Betriebe hat der Fachkräftemangel auch zu Umsatzeinbußen geführt. Rund 50 Prozent der Unternehmen gaben an, dass in Folge des Mangels auch weniger qualifizierte Bewerber eingestellt werden mussten, was sich wiederum auf die Möglichkeit zur Innovation bzw. Entwicklung neuer Produkte auswirkte. Zudem wird von über 70 Prozent der Betriebe eine Verschärfung des Fachkräftemangels in den nächsten drei Jahren befürchtet.
Auch die EY-Studie vom Februar 2021 „Fachkräftemangel im österreichischen Mittelstand“ bestätigt diese Zahlen und den Fachkräftemangel in Österreich: 76 Prozent der Mittelstandsunternehmen haben Probleme damit, geeignete Fachkräfte zu finden und 35 Prozent der Mittelstandsunternehmen gaben an, Umsätze aufgrund des Fachkräftemangels zu verlieren.3
Auch der diesem Antrag zugrunde liegende Entschließungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Genossinnen und Genossen betreffend arbeitsmarktpolitische Sofortmaßnahmen zur Beschäftigungsförderung zielt unter anderem auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zur Unterstützung der Lehrlingsausbildung ab.
Es bedarf dringend geeigneter Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel effektiv zu begegnen. Neben einer Informationsoffensive der Jugend, müssen vor allem Schüler angesprochen und dazu motiviert werden, einen Lehrberuf zu ergreifen. Die Lehre muss insgesamt attraktiver werden und wieder an Stellenwert gewinnen. Mit einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie für jede erfolgreich abgeschlossene Lehre in Höhe von 10.000 Euro könnte den Lehrlingen der Start in ihre private und berufliche Zukunft erleichtert werden. 5.000 Euro dieser Prämie sollten dem Lehrling direkt ausgezahlt und 5.000 Euro in Form eines Bildungsschecks für seine berufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jene Maßnahmen zu setzen bzw. Schritte einzuleiten, die die Einführung einer bundesweiten, aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie in Höhe von 10.000 Euro für jede erfolgreich abgeschlossene Lehre sicherstellen, wobei 5.000 Euro dieser Prämie dem Lehrling bei erfolgreichem Lehrabschluss direkt ausgezahlt und 5.000 Euro in Form eines Bildungsschecks für seine berufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden sollten.“
1 https://www.5min.at/202107396224/wkk-fachkraeftemangel-bremst-produktivitaet-in-kaernten/
2 https://news.wko.at/news/oesterreich/ibw-summary_Fachkraeftebedarf_mangel-in-Oesterreich-2020_FIN.pdf
3 https://presse.ikp.at/news-ey-studie-fachkraeftemangel-im-oesterreichischen-mittelstand-2021?id=125943&menueid=2186&l=deutsch
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte.