zu parteipolitischen Zwecken wie das „Beinschab-ÖSTERREICH-Tool“ in dieser Zeit entwickelt und über den 18. Dezember 2017 hinaus fortgeführt wurden. Das „Projekt Ballhausplatz“ wird daher mit der nunmehrigen Formulierung ausdrücklich in den Untersuchungsgegenstand einbezogen.
Zentraler Bestandteil der Bemühungen des „Projekt Ballhausplatz“ war es zudem, finanzielle Mittel für einen Wahlkampf einzuwerben. Entsprechende Dokumente waren dem Ibiza-Untersuchungsausschuss auf Grund einer von der WKStA übermittelten Sachverhaltsdarstellung bekannt. In den Unterlagen ist etwa festgehalten: „Unternehmen animieren einzuzahlen“ und „Erstellung einer Sektionsleiterliste fürs BKA und mögliche Szenarien“. Als Zuständigkeiten werden u.a. „Inseratemanagement“, „Ablauf Wechsel Vizekanzler“ und „BMEIA managen“ sowie „BKA Reform“ angeführt. Außerdem sind mehrere Einrichtungen und Unternehmen genannt, die unterstützend tätig werden sollen. So insbesondere die Blink Werbeagentur und das Campaigning Bureau, außerdem das Alois-Mock-Institut und die Julius-Raab-Stiftung. Die Dokumente enthalten darüber hinaus umfassende Listen an potentiellen SpenderInnen, teils gekennzeichnet mit „€“-Zeichen, und deren jeweiligen politischen Interessenlagen. Die Sachverhaltsdarstellung enthält außerdem Listen mit Namen möglicher Regierungsmitglieder und von KandidatInnen für Listenplätze der ÖVP in mehreren (zeitlichen) Versionen. Wie den Ausführungen von Arno Melicharek im Ibiza-Untersuchungsausschuss zu entnehmen ist (161/KOMM XXVII.GP), stammen diese Dokumente offenbar aus Druckerspeichern des BMEIA.
Die Authentizität der Dokumente aus dem „Projekt Ballhausplatz“, wie sie der Sachverhaltsdarstellung beigelegt wurden, wurde von den potentiell Mitwirkenden jedoch stets beinahe wortident bestritten. In den Dokumenten namentlich genannt sind neben Sebastian Kurz folgende Personen: Stefan Steiner, Axel Melchior, Lisa Wieser, Kristina Rausch, Christian Ebner, Gerald Fleischmann, Bernd Brünner und Stefan Schnöll. In den Fußnoten der Dokumente ist außerdem der Name Bernhard Bonelli ersichtlich. Die genannten Personen waren über den gesamten Untersuchungszeitraum (teilweise mit Unterbrechungen) in Organen des Bundes tätig und sorgen somit zusätzlich für personelle Kontinuität innerhalb des im Interesse stehenden Zusammenschlusses. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die jeweiligen Handlungen stets von den Mitgliedern des Zusammenschlusses gemeinsam gesetzt werden. Es genügt, dass sie dem gemeinsamen Zweck dienen und zumindest in unregelmäßigen Abständen koordiniert werden.
Aus den Akten des Ibiza-Untersuchungsausschusses ergab sich außerdem, dass mehrere weitere Personen in diese Vorbereitungen eingebunden waren. So belegen Chats zwischen Gernot Blümel und Thomas Schmid, dass letzterer dafür sorgte, dass dem BMEIA und somit Sebastian Kurz durch das BMF zusätzliche budgetäre Mittel zukommen, obwohl dies keine politische Zustimmung des damaligen Vizekanzlers gefunden hätte. Schmid schrieb – Zitat – „Kurz kann jetzt Geld scheißen“ sowie später an Kurz selbst: „Du schuldest mir was“. Die genaue Verwendung dieser zusätzlichen Mittel ist unklar, jedoch ergibt sich auf Grund eines Berichts des Rechnungshofs eindeutig eine beinahe Verdoppelung der Inserateausgaben des BMEIA zwischen 2016 und 2017, wofür offensichtlich keine sachliche Rechtfertigung besteht, sondern vielmehr in Erwartung einer Wahlauseinandersetzung erhöht wurde.
Weitere Akten belegen Interventionen zu Gunsten einzelner der ÖVP nahestehender Personen, ehemaligen FunktionsträgerInnen und Günstlingen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt in Hinblick auf mögliche falsche Angaben zum Informationsstand des Bundeskanzlers bezüglich der Bestellung des Aufsichtsrates der ÖBAG vor dem Untersuchungsausschuss gegen diesen ein Ermittlungsverfahren wegen Verdacht des Verstoßes gegen § 288 StGB. Im Zuge dieses Verfahrens wurden Kommunikationsverläufe ausgewertet, die belegen, dass für die Bestellung gewisser nahestehender Personen auch ein Schaden für die Republik in Kauf genommen wurde, in dem etwa Organwalter vorzeitig abberufen werden sollten.
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