sind beinahe jedem, der/die sich mit österreichischer Politik beschäftigt, zahlreiche Beispiele zumindest anekdotisch - bekannt. Wohlgemerkt sind mit solchem Verhalten nicht zwangsläufig Gesetzesverstöße verbunden. Wie bereits ausgeführt besteht die Grenze zum untersuchungswürdigen Verhalten dort, wo parteipolitische Motive zu Lasten staatlicher Interessen gefördert werden.
Das erste Beweisthema widmet sich der Aufklärung über die Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren. Es enthält im Kern die Aufklärung über jene Sachverhalte, die auch den strafrechtlichen Vorwürfen gegen Bundeskanzler Kurz und mehrere seiner Mitarbeiter zu Grunde liegen (vgl. dazu die ausführliche Medienberichterstattung sowie die bereits zitierte Hausdurchsuchungs-Anordnung sowie die weiterführenden Auswertungsberichte der WKStA, die ebenfalls medial berichtet wurden).
Es werden konkrete Bereiche von Vergaben genannt, die auf Grund der Art der zu erbringenden Leistungen besonders für Einflussnahmen geeignet sind, da die Angemessenheit der zu erbringenden Leistung oftmalig ein Werturteil erfordert. Es wird für sonstige Aufträge sowie Förderungen eine Erheblichkeitsschwelle eingezogen, die bei 40.000 Euro festgesetzt wird. Diese Grenze ist bewusst unterhalb der vergaberechtlichen Schwelle von 100.000 Euro, jedoch über einer Bagatellgrenze angelegt, um mögliche bewusste Preisgestaltung zur Ermöglichung einer Direktvergabe zu erfassen. Der aufzuklärende Vorwurf besteht in Zusammenschau mit dem Untersuchungsgegenstand darin, dass Ausschreibungen und Förderkriterien derart gestaltet wurden, dass mit der ÖVP verbundene Personen und Unternehmen Aufträge bzw. Förderungen erhalten. Der maßgebliche Verdacht besteht insbesondere darin, dass in Weiterentwicklung des „Guthabenkontos“ der ÖVP bei der Telekom Austria solche Förderungen und Vergaben zur indirekten Parteienfinanzierung der ÖVP verwendet wurden. Dieses im Telekom-Skandal aufgedeckte Muster sah vor, dass die ÖVP über Leistungen in gewisser Höhe bei der Telekom abrufen konnte, ohne dass diese Leistungen als Parteispenden aufschienen.4
Auf das mögliche Vorliegen einer solchen Weiterentwicklung des Telekom-Schemas stießen die verlangenden Abgeordneten im Zuge der Beweiserhebungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses. Aus mehreren Beweisanforderungen sowie einer Erhebung des Rechnungshofes ergaben sich auffällig hohe Zahlungen an Agenturen und Unternehmen, die ebenfalls für die ÖVP im Nationalratswahlkampf 2017 und 2019 tätig waren. Dazu zählen u.a. das Campaigning Bureau sowie die Blink Werbeagentur und die Media Contacta Gmbh. Diese erhielten verstreut über mehrere ÖVP-geführte Ressorts Aufträge mit teils erheblichem Volumen, wobei die Angemessenheit der Gegenleistungen und des Preises bezweifelt werden kann. So erstellte das Campaigning Bureau für das Innenministerium etwa um mehrere tausend Euro eine Social Media Strategie, für die als Gegenleistung zumindest gegenüber dem Ibiza-Untersuchungsausschuss lediglich eine Powerpoint-Präsentation belegt war. Das Landwirtschaftsministerium vergab einen mehrjährigen Rahmenvertrag für Öffentlichkeitsarbeit an eine Arbeitsgemeinschaft, die aus mehreren der genannten, für die ÖVP tätigen Unternehmen bestand. Die Vergabekommission bestand u.a. aus dem Pressesprecher der Ministerin und der Kabinettschef wohnte der Kommissionssitzung bei. In der ELAK-Dokumentation mehrerer weiterer Aufträge des BMNT (nunmehr BMLRT) wurde von den zuständigen Bediensteten vermerkt, dass die Beauftragung „auf Wunsch des Büros der Bundesministerin“ erfolge.
Weitere Hinweise für unsachliche Einflussnahme auf Auftragsvergaben ergeben sich im Bereich der Regierungswerbung. Bei einer Analyse der Ausgaben des BMEIA unter Bundesminister Kurz sticht ein sprunghafter Anstieg der Ausgaben für Inserate in Zeitungen sowie Online-Medien von 2016 auf 2017 ins Auge. Die Ausgaben wurden zum Teil verdoppelt. Ein sachlicher Grund für den Anstieg ist nicht erkennbar, weshalb ein Zusammenhang mit der Nationalratswahl 2017 vermutet werden muss. Ähnliche Kostensteigerungen
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