Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll125. Sitzung, 13. Oktober 2021 / Seite 220

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das Video anschauen, damit wir schauen können, ob daraus allfällige weitere Veranlas­sungen seitens der Justiz zu treffen sind.“

Welche Aufträge Kurz in dem besagten Telefonat genau an Moser erteilte, wurde von beiden bei ihren Befragungen im Untersuchungsausschuss nicht beantwortet. Es be­steht der Verdacht, dass durch frühzeitiges Eingreifen entweder ein Schaden für den Koalitionspartner der ÖVP (zwecks Fortführung der Koalition) oder für die ÖVP direkt verhindert werden sollte. Feststeht, dass der damalige Sektionsleiter Christian Pilnacek noch am selben Abend mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien Kontakt auf­nahm und sich bemühte, die WKStA aus den Ermittlungen herauszuhalten. Noch am selben Abend gab Pilnacek dem Kurier die Auskunft, wonach sich die Justiz bereits in der Ibiza-Causa eingeschalten habe und die Oberstaatsanwaltschaft den Sachverhalt prüfe. Das Nachrichtenmagazin profil hat die Nachrichten dieses Abends zwischen Pil­nacek und Fuchs veröffentlicht:

„Um 23.33 Uhr eine weitere Nachricht an Fuchs: „Unterstütze mich bitte; HBM (Anm.: Herr Bundesminister) ist schon wieder fuchsteufelswild, dass ich das gesagt habe; wäre das nicht der Fall gewesen, wäre die WKStS (sic!) … wieder eigenständig vorgegangen; das kann doch gerade jetzt nicht unser Interesse sein; hG“.

Unmittelbar darauf reicht Pilnacek zwei Nachrichten nach, die er jedoch wieder löscht.

Es ist der 18. Mai 2019, exakt 00.00 Uhr, als Fuchs antwortet: „Lieber Christian, ich sehe in der Kurier-Mitteilung überhaupt nichts Dramatisches. Wie kann ich Dich unterstützen? HG“.

Pilnacek antwortet um 00.19 Uhr: „Eben dadurch, dass ich verhindern wollte, dass WKStA von sich aus aktiv wird; gute Nacht“.“

Am 18.5.2019 um 9:01 Uhr teilt Johann Fuchs seinem Vorgesetzten Pilnacek dann mit:

„Guten Morgen Christian, hier mein aktueller Meinungsstand zu einem möglichen Wor­ding (wenn wir wieder ,dürfen‘): ,Die bisher medial veröffentlichten Rechercheergebnisse bieten keine ausreichende Grundlage für die Darstellung eines strafrechtlichen Anfangs­verdachts. Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat lassen sich daraus nicht gewinnen. Eine (amtswegige) Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist daher zu­mindest derzeit nicht zulässig. Da das Videomaterial nach dem aktuellen Informations­stand überdies durch das Redaktionsgeheimnis geschützt ist, wäre eine Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage auch von einer Kooperation der hier agierenden Medienun­ternehmen abhängig.‘ HG Hans“.

+ Pilnacek antwortete um 9.44 Uhr: „Danke, das würde ich unterstützen; hG“.“10

Der weitere Tag des 18.5.2019 verlief in der Justiz kommunikationsarm. Vor dem Hinter­grund der sonstigen Ereignisse dieses Tages, an dem stundenlang kein Ton aus dem Kanzleramt zu vernehmen war, dürfte dies an der mangelnden Orientierung der han­delnden Personen gelegen haben, wie nun weiter vorzugehen sei. Erst am Abend des 18.5.2019 – einem Samstag - entwickelt sich wieder aktives Treiben:

„Aus dem abendlichen E-Mail-Verkehr der Justiz am 18. Mai 2019.

Pilnacek an Fuchs, 20.33 Uhr: „Lieber Hans! Ich habe eben mit HBM telefoniert; wir bitten dich, der WKStA den Auftrag zu erteilen, das gesamte Bildmaterial von den betei­ligten Medien anzufordern!“

Fuchs an Pilnacek, 20.46 Uhr: „Lieber Christian, ich kümmere mich darum; sollen wir das von Amts wegen oder aufgrund der bereits avisierten Jarolim-Anzeige machen? (Anm.: Hannes Jarolim, Rechtsanwalt und damals SPÖ-Abgeordneter) Es wäre mE je­denfalls als Erkundigung zur Prüfung, ob ein Anfangsverdacht vorliegt … am besten be­gründbar.“

 


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