Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll125. Sitzung, 13. Oktober 2021 / Seite 223

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Bundeskriminalamt damals zuständig war. Den Chatverlauf zitiert Stögmüller unter an­derem aus dem aktuellen Buch von Ex-Politiker und "Zackzack"-Herausgeber Peter Pilz. Auch der "Standard" und "Zackzack" berichten darüber.

Und Stögmüller zitiert weitere Chats zwischen Holzer und Kloibmüller. Am 27. April 2016 fragt Holzer über den Messenger-Dienst Signal: "Hat BAK dich über TÜ Inhalte infor­miert?" BAK steht für das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung, TÜ meint Telefon­überwachung. Kloibmüller antwortet "Nein wieso". Holzer antwortet: "Zöhrer und du kommt vor. Ich glaube, das ist eine Linke aus einem gewissen Bereich". Wolfgang Zöhrer war damals BVT-Vizedirektor, auch er gilt als ÖVP-nah."16

Nicht zuletzt ist die Pressekonferenz der stv. Generalsekretärin der ÖVP Ende Sep­tember 2021 zu erwähnen, in der sie präventiv für den Fall einer Hausdurchsuchung verkündete, dass in der ÖVP-Zentral „nichts mehr da“ sei. Wenige Tage später fand tatsächlich eine Hausdurchsuchung statt.

Gegenstand der Untersuchung wird im Zusammenhang mit Ermittlungen daher insbe­sondere sein, wie Informationsflüsse innerhalb des ÖVP-Zusammenschlusses verbreitet wurden. Zu dieser Zeit war Wolfgang Sobotka Bundesminister für Inneres und Sebastian Kurz Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres. Wie die von der WKStA ausgewerteten Chats zeigen sowie es die Aussagen von Christian Kern17 und Reinhold Mitterlehner nahelegen, war Wolfgang Sobotka federführend in die Sabotage von Pro­jekten der damaligen Bundesregierung involviert und trug etwa auch dazu bei, ein 1,2 Mrd. schweres Projekt zum Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zu verhindern.

Abschließend sollen auch Vorwürfe geprüft werden, wonach sich der Präsident des Na­tionalrates – soweit er als Organ der Vollziehung und nicht der Gesetzgebung, somit nicht in Ausübung von Rechten nach dem Geschäftsordnungsgesetz tätig wurde - mit Organen der Vollziehung abgesprochen hat, um die Beweiserhebungen des Ibiza-Unter­suchungsausschusses zu behindern. Dieser Verdacht ergibt sich einerseits aus den bei Christian Pilnacek sichergestellten Mobiltelefondaten, die einen intensiven Austausch zwischen Sobotka und Pilnacek belegen sowie aus Äußerungen des Präsidenten selbst. Dieser gab selbst an, dass er in direktem Kontakt mit VertreterInnen des BKA stehe und von dort auch untersuchungsrelevante Auskünfte beziehe. Zudem wurden auf dem Handy von Christian Pilnacek Entwürfe für parlamentarische Anfragen gefunden, die vom da­maligen Büroleiter des Präsidenten erstellt wurden. Mutmaßlich wurde die Ablehnung des Angebots, das gesamte Ibiza-Video dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen, durch den Anwalt von Julian H., auch vorab vom Präsidenten mit ÖVP-VertreterInnen im Bun­deskanzleramt abgesprochen. In Zusammenhang mit den Aktenlieferungen an den Un­tersuchungsausschuss durch Bundesminister Blümel, die erst auf Grund einer Exekution eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes durch den Bundespräsidenten er­folgte, sind außerdem die Motive für die Zurückhaltung der Akten durch das BMF und allfällige damit zusammenhängende Pflichtwidrigkeiten zu prüfen. Schließlich steht auf Grund der Befragungen im Ibiza-Untersuchungsausschuss fest, dass die Weisung zur Nicht-Lieferung durch das Kabinett des Bundesministers Blümel erfolgte.

Im Zentrum des vierten Beweisthemas steht die Personalauswahl von der ÖVP-zuzu­rechnenden Amtsträgern. Der untersuchungsauslösende Verdacht besteht darin, dass ÖVP-nahe Personen mit Organfunktionen ausgestattet wurden, um einen kontrollieren­den Einfluss der ÖVP über die jeweiligen Organe zu gewährleisten. An dieser Stelle sind insbesondere die Bemühungen der ÖVP zu nennen, Vertraute insbesondere aus den Kabinetten in Leitungsfunktionen der Bundesministerien unterzubringen. Das bei diesen Neubesetzungen eine 2-zu-1- Regel bestand, wonach dem einen Koalitionspartner je­weils ein Drittel und dem anderen jeweils zwei Drittel der Funktionen zustehen sollten, je nachdem, wer das jeweilige Ministerium leitete, wurde sowohl von Norbert Hofer im Ibiza-Untersuchungsausschuss als auch von Bundeskanzler Kurz anlässlich seiner


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